Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

HINTER DEN SCHLACHTEN. 
Sine kleine Gruppe von Offizieren geleitete am 5. Mai 1915 eine Frau 
auf einem Fußsteig des Krinjavaberges zur Höhe: Erzherzogin Augusta war 
zu ihrem Gemahl, dem Soldatenvater des VII. Korps, gekommen; große Tage 
standen bevor. Nun führte der Erzherzog mit dem Divisionär General von 
le Beau die fürstliche Frau von den Stellungen der schweren Artillerie bei 
Borosnya zur vorgeschobenen Beobachtungsstation der Batterien. Dort traf eben 
die telephonische Meldung vom Beginn der allgemeinen Offensive ein. Eine 
kurze Spanne Zeit und die belebende Nachricht ist überall hingedrungen. Dort 
und dort kriecht es aus den Unterständen hervor. Bespannungen werden vor' 
geführt, alles, wie aus der Erde gezaubert. Die Talwege unten sind schon er' 
füllt von endlosen Fuhrwerksreihen, Truppentrains, Munitions' und Verpflegst 
kolonnen. Das weithin hörbare Knarren der Räder und Holpern der Wagen 
wird immer wieder vom scharfen, harten Schlag der feuernden, weittragenden 
Geschütze übertönt. Die russische Antwort wird immer seltener; die drüben 
suchen sich loszulösen, das Gefecht abzubauen. Die Unseren drängen nach, nach 
allen Richtungen schwärmen unsere Patrouillen vor, um am Feinde zu bleiben. 
Immer weiter folgen ihnen unsere Vorhuten, zwischen ihnen, von ihnen zu den 
Hauptkolonnen rasen Meldereiter im „Marsch'Marsch“, kilometerweit sind die 
Berge plötzlich von Tausenden belebt. Die Hauptkraft des Korps hat sich 
gegen Sztropkö in Marsch gesetzt. Der Fernblick von der Höhe ist über' 
wältigend; diese Kraft, dieser Drang nach vorwärts, dieses Aufgebot von Sieges' 
willen! Dort jagen Husaren längs des Radomkabaches eiligst fliehenden Russen 
nach. Und rückwärts, auf der Straße Minye'vägäsa—Turäny rollen Hunderte 
und wieder Hunderte von „landesüblichen“ Bauernwagen zurück. Sie sind völlig 
leer. Was soll dieser Zug? Was nur halbwegs dem Korpskommando an Fuhr' 
werk entbehrlich gewesen, fährt da rückwärts, um die geflohenen Einwohner, 
ihr bißchen mitgeschlepptes Hab und Gut wieder in ihre Dorfheimat zu bringen, 
aus der sie von den Russen verjagt gewesen. Von Stunde zu Stunde schiebt 
sich vorne der unwiderstehliche Frontring weiter vor, Dorf um Dorf wird wieder 
unser. Wo noch vor kurzem das wildeste Schießen, der Lärm der heulenden 
Granaten, der knatternden Gewehre tobte, ist’s friedlich geworden, blieb nur das 
Geräusch der unaufhörlich rollenden Trains und der heitere Sing-Sang nach' 
marschierender Soldaten. Und hinter ihnen ein immer breiterer Streifen rück' 
eroberten, entvölkerten Landes. Auch der Krieg hat sein Gesetz der Leere im 
Raume. Bald fluten die zurückgetriebenen Dorfbewohner nach, bald kehren sie 
auf den ihnen entgegengesandten Wagenreihen wieder. Unendlich traurig ist ihr 
Los. Denn, wo der Russe war, blieb nichts unberührt, auch nicht das Leblose 
verschont vom Grauen des Krieges. Rauchige Mauertrümmer finden wohl die 
meisten der Heimkehrenden an der Stelle, wo ihr liebes, ärmliches Häuschen 
stand, das treue, in dem Vater und Großvater gestorben, Kinder und Enkel 
geboren sind. Herzzerreißender Jammer ist die Freude solchen Wiedersehens.
	        
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