Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

DER KAMPF UM DIE STRASSEN. 
Nicht der geringste Feind, den Ausdauer und Zähigkeit unserer Truppen 
in diesem Kriege zu bewältigen hatten, waren die ungünstigen Wegverhältnisse, 
die Unwirtlichkeit der Gegend und der durch Winterwetter und Frühlingsregen 
oft geradezu schreckliche Zustand der Kommunikationen. Die Straßen hinter der 
Front sind gewissermaßen die lebendigen Arterien der Armee, auf ihnen strömt 
dem tätigen Organismus Kraft und Nahrung zu. Zerreißt an irgend einer Stelle 
eine solche Ader, stockt der lebendige Blutgang, so wird der Armeekörper gleich,- 
sam abgeschnürt; darum ist unendliche Tätigkeit notwendig, den fließenden 
Zusammenhang von Front, Etappe und Hinterland zu bewahren. Selbst in jenen 
Gegenden, wo ein vortrefflich ausgebautes Straßennetz vorhanden ist, entfällt nicht 
die Mühe der ständigen Erneuerung, denn die Hunderttausende von Rädern der 
schweren Lastwagen zerfurchen unablässig die gebahnten Wege, Regengüsse 
verwandeln die wichtigsten Straßen in zähen lehmigen Brei und im täglichen 
Kampf muß das einmal Gewonnene immer wieder hergestellt werden. Es ist 
ein Kampf mit gewaltigeren Mächten als mit Menschen, ein Kampf mit den 
ewigen Elementen, mit Wasser und Erde, eine Sysiphusarbeit, aber freilich keine 
vergebliche, wenn eine planvolle werktätige Organisation sie zielbewußt durchführt. 
Tatsächlich haben es unsere Truppen darin zur Meisterschaft gebracht. 
Ein besonders schweres Stück der Leistung hatte da das VII. Korps zur Zeit 
der Karpathenkämpfe zu vollbringen. Märzregen und die ständige Bewegung 
gewaltiger Truppenmassen hatten im Vorfrühling nicht nur die Nebenwege, sondern 
auch die solid gebauten Landstraßen derart zugrunde gerichtet, daß der Transport 
für leichtes Fuhrwerk sehr beschwerlich, für schweres Gefährte aber gänzlich 
unmöglich wurde. Und gerade damals war es besonders wichtig, den Zusammen-, 
hang klaglos aufrecht zu erhalten, immer wieder neue Munition nach vorne zu 
bringen, denn die Russen warfen damals ihre ganzen unendlichen Menschenwogen gegen 
den Karpathenwall und, wenn an einem Tage die Schrapnelle den russischen Anprall 
wegfegten, so stieß am nächsten Tage immer ein neuer Kopf der furchtbaren 
moskowitischen Hydra mit der Stirne gegen unsere Stellung. Äußerste Anstrengung 
war vonnöten, um da die Straßen, die längst breiige, lehmige Bäche geworden 
waren, zerfurcht und zerwühlt von zahllosen Radspuren, in widerstandsfähige 
Flächen zu verwandeln, auf denen die schweren Munitionswagen ohne übet» 
mäßig verstärkte Bespannung nach vorwärts geführt werden konnten. Starke 
Abteilungen wurden darum bereit gestellt, um das Schottern und Festigen des 
Bodens zu besorgen. Den Löwenanteil an der Leistung hatten unsere braven 
technischenTruppen, denen die Aufgabe oblag, das Steinmaterial für die Schotterung 
herbeizuschaffen. In Distanzen von 600 oder 1000 Meter hieben sie in den harten 
Stein kleine Sprenglöcher für die Dynamitpatronen ein, die dann auf das ge» 
gebene Zeichen zur Entladung gebracht wurden und mit gewaltigen Donner-' 
Schlägen Steinklötze und Geröll absprengten. Diese Klötze wurden dann eiligst 
von Hunderten von Hämmern zerkleinert und zerschlagen; für diese mindere 
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