Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

13 Q hinderten den freien Zugang. Regelrechte Straßen führen hier ins Gebirge nicht. 
Dorthin, wo unsere Truppen lagen, logen sich im besten Falle Gebirgspfade 
hin, die die Bauern auch in Friedenszeiten nur mit ihren kleinen zähen Pferdchen 
zu geringem Warenaustausch von Siedlung zu Siedlung benützen konnten. Auf 
diesen schmalen Pfaden, wenn nicht gar quer und wild durch die düsteren 
Wälder, mußte allem Lebendigen die Nahrung zugebracht werden. Und dies 
war nicht die einzige Schwierigkeit: Hemmungen, gepaart mit Lebensgefahr, 
sperrten allen Zutritt. Wo wenigstens knapp hinter den Kämmen des Gebirges 
die Proviante und Munitionskolonnen in Sicherheit lagern können, ist die Be* 
Schaffung alles Nötigen noch leichter, in verhältnismäßig kürzerer Zeit bewerk' 
stellbar und durch Menschenkraft durchzuführen. Anders jedoch lag die Sache in 
den ersten ApriLTagen 1915 innerhalb des Rayons desVII. Armee^Korps, ungefähr 
in der Gegend von Hegyzävod. Das Tal, das ganze Terrain hinter der Kampf' 
linie wurde nämlich von den Russen unter Sperrfeuer gehalten und wehe dem 
Gefährte, wehe dem noch so kleinen Truppenkörper, der die Straße bei Tages' 
licht betreten hätte; alles wäre unrettbar im immerwährenden Gepfauche der 
Schrapnelle, deren Eisenregen sich als Tod ausstrahlendes Gitter über die Land' 
schaft ergoß, in Stücke zerrissen worden. Die gang' und fahrbaren Wege, die durch 
die fruchtbaren Täler sich schlängeln, in denen Getreide, Hülsenfrüchte, Mohn, 
Flachs und Rüben ansonsten in dieser Frühjahrszeit in schöner Hoffnung keimen, 
waren tagsüber fast gänzlich ausgestorben. Kaum eine verwegene Seele wagte 
es, ihr Leben nicht achtend, sich durch den bleiernen Hagel eine Bresche zu 
suchen. Die große Arbeit begann erst am Abend. Weit von der Front entfernt 
mußte in den Nachmittagsstunden die Menage gekocht, mußte das Vieh ge' 
schlachtet, das Fleisch zubereitet, in die Tragkisten verpackt und dem einzigen 
Tier aufgeladen werden, das die Gebirgspfade mit einer Last am Rücken sicheren 
Fußes betreten konnte: dem Pferde. Unter dem Schutz der Dunkelheit setzte 
sich dann Abend für Abend die lange Kolonne der Tragtiere in Bewegung, stieg 
Stunde um Stunde bedächtigen Schritts in vollster Finsternis die Berge hinauf 
im unwirtsamen Gelände, wo sonst, als noch nicht Kanonendonner die Luft 
zittern machte, Wölfe und Füchse hausten und der Falke auf Raub ausflog und 
die Auerhähne balzten. Kleine Bäche und Quellen müssen überschritten werden, 
die oft mineralhältiges Wasser enthalten. Aber hier darf nicht gerastet, nicht 
gezögert werden — denn die Truppe wartet sehnsüchtig auf ihr wohlverdientes 
Mahl. Schweißtriefend, von der schweren Last ermattet, treten die braven Tiere 
in den ersten Morgenstunden ihren Weg bergabwärts an. Und wenn sie im Tal 
angelangt sind, werden ihnen rasch Sättel und Gurten abgeschnallt, sie knicken 
ein, legen sich auf die Seite und schlafen neben ihren Herren, Freunden und 
Dienern. So sehen wir sie hier im Turänyer Tal in den Vormittag 
hinein ruhen neben ihrem Gerät, ihrem Sattelzeug, ihren 
Tragkisten — Mensch und Tier rastend nach 
treuer, brüderlicher Arbeitsgemeinschaft.
	        
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