Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

in Umgehungen, Flankierungen, Vorstößen und Finten. Die Hauptkräfte lagen 
angespannt einander gegenüber, aber die Extremitäten tasteten und suchten 
schwache Stellen, trachteten ein Einbruchstor zu erlisten. Die Kampflinie schwankte 
beinahe von Tag zu Tag und die Märsche bei notwendigen Stellungswechseln 
ermüdeten unser braves Fußvolk bis zur Erschöpfung. Nicht minder schwierig 
gestaltete sich die Lage für den Train. Der hat ja beständig zwei schwer verx 
einbare Aufgaben zu lösen: außer Bereich des feindlichen Feuers zu bleiben und 
seinen Truppen möglichst nahe zu sein. Das bedeutet im unwegsamen Gelände 
übermenschliche Leistung; daß er sie bewältigte, weiß jeder, der die Arbeit des 
Trains in den Karpathen miterlebt hat. Unbill des Wetters, Hemmung des 
Terrains, Erlahmen der eigenen Kraft, nichts durfte anhaltendes Hindernis bleiben; 
Menschen und Tiere gaben ihr Äußerstes. Denn die Heerstraßen, die „polnischen 
Wege", waren im Frühjahre beinahe unbefahrbar. Frühjahr in den Karpathen 
bedeutet Regen, Regen, eiskalten Regen; Straßen sind zu endlosen Schlamm.- 
seen erweitert und ihre tiefen Gruben sind heimtückische Fallen, in denen Mann 
und Roß und Wagen sich die Glieder brechen. Der Train kannte keine Ruhe 
und kein Obdach, immer war er auf der Fahrt; oft stand er stundenlang, aber 
er durfte nicht abkochen, er durfte nicht wahrhaft rasten, denn im nächsten 
Augenblicke schon konnte der Befehl kommen, weiter zu hasten. Meist wurde 
die Nacht durchmarschiert und nur in den äußerst kalten Morgenstunden, wenn 
die Nacht ihre dunklen Nebelschleier langsam in die Berge verzog, da gönnte 
sich der Train kurze Ruhe, völliges Entspannen. Die Tiere wurden ihrer Fesseln 
entledigt, Lagerfeuer angezündet, die spärlichen Rationen in Menageschalen vciy 
teilt. Es hatte die Nacht über geregnet wie immer und die Nebelschatten, die 
über dem Kamm des Gebirges lagen, wollen auch jetzt noch nicht zerfließen. 
Zögernd, in matten Schattierungen steigt der Morgen auf. Wessen müdes Auge 
sich noch Empfänglichkeit bewahrt hat, sieht es nach der erschöpfenden Dunkels 
heit und Nässe mit innerem Entzücken, ohne die Kraft zu finden, sich zu äußern. 
Der Filigran der Zweige, die scharfen Silhouetten in die Landschaft ragender 
Bäume, die nebelumwallten Konturen des Berges, hinter dessen sicherem Rücken 
man vor feindlichen Kugeln geborgen ist; das sind Betrachtungen, Visionen, 
Gedanken, bevor das Auge für eine Stunde Ruhe zufällt. Und endlich bricht 
— wohl nicht ein Strahl, aber die helle Ahnung des Sonnenlichts hinter den 
grauen Flächen des Firmaments hervor — ein neuer Tag in den Karpathen beginnt. 
Unser Bild veranschaulicht den Train der 20. Infanterietruppendivision, 
einem regnerischen, nebeligen Morgen an einer 
Berglehne bei Turäny in den Karpathen lagert. 
wie er an 
NACH GETANER ARBEIT.... 
Im Gebirge wurde der Transport der schweren Geschütze, dann aber auch 
die Verproviantierung der zum Stellungskampf eingegrabenen Infanterie^ und 
Batteriemannschaften zu einem vitalen Problem. Überaus dichte Waldungen ver^
	        
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