Volltext: Der Kampf um die Dardanellen [39]

/J^en Leitern der türkischen Politik konnte es keine Äber- 
raschung sein, sich vor den Krieg mit Rußland gestellt 
zu sehen. Sie wußten, daß Rußland seit je und England 
seit einem Menschenalter ihre Todfeinde sind. Sie wußten, 
daß beide Mächte, mit Frankreich als drittem Partner im 
Hintergründe, über möglichst baldige Aufteilung der Türkei 
in bereits abgesteckten Stücken einig sind. Sie wußten, daß 
den Osmanen in der jetzigen Schicksalsstunde die letzte Mög¬ 
lichkeit gekommen ist, das ihnen drohende Verhängnis zu ihren 
Gunsten zu wenden. So durften sie den Krieg aus sich 
nehmen mit dem guten Bewußtsein, daß nicht sie es gewesen 
sind, die Maß für Maß, Guß um Guß die böse Suppe ein¬ 
gerührt und siedheiß hergerichtet haben, bis sie nun ausgelöffelt 
werden muß. Das hat niemand sonst getan als immer schon 
Rußland und zuletzt törichterweise auch England. 
Die wie der Ausbund aller Pfiffigkeit angestaunte, wie der 
Gottseibeiuns selber gefürchtete „diplomatische" Kunst der Eduard 
und Genossen: an der orientalischen Frage, an einer der wichtigsten 
Stellen der hohen Politik, hat sie sich als das blöde herum¬ 
wirtschaften nach Art des bekannten, aller Welt zum Gelächter 
dienenden dummen Teufels erwiesen. Die Adepten des west¬ 
östlichen Diwans scheinen anderer Ansicht zu sein. Sonst hätten 
sie schwerlich ihren letzten Schachzug im Orient vollführt: sie 
haben mit der Entsendung ihrer Flotten gegen Bosporus und 
Dardanellen das Feld „Konstantinopel" ins Spiel gebracht. 
Wenn sie noch einen Funken von ruhiger Äberlegung in sich 
hatten, mußten sie das um jeden Preis vermeiden, mochte es 
sie kosten, was es wollte. Konstantinopel mußte ihnen, wenn 
auch die Türkei ihr Gegner geworden, unter allen Amständen 
Tabu bleiben, ganz gleichgültig, wie sie das anstellten. Wer 
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