Volltext: Der Kampf um Livland

Zweites Kapitel 
Die deutsche Kolonisation in Livland 
Die erste Eroberung Livlands nördlich der Düna hat, wenn man 
die Sicherung gegen Rußland und die Schlacht auf dem Eise als 
Grenzmarke der Ereignisse nehmen will, rund vierzig Jahre gedauert. 
Südlich der Düna, gegen die Semgaller, Kuren und Litauer, ist viel 
länger gekämpft worden. Erst im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts 
konnte Kurland als unterworfen gelten. Verhältnismäßig am leichtesten 
war die Unterwerfung der Liven und Letten nördlich der Düna, mit 
denen, sobald die Taufe an ihnen vollzogen war, Bundesgenossenschaft 
geschlossen wurde. Mit verzweifelter Tapferkeit wehrten sich die Esten. 
Die Hauptkräfte, mit denen die Eroberung vollendet wurde, waren 
die Pilger und der Orden. Schon wenige Jahrzehnte nach dem Be 
ginn der Kolonisation erscheint aber der Orden als die vorherrschende 
Macht im Lande. Zu Bischof Alberts Zeit haben die Pilger im 
ganzen vielleicht mehr bedeutet. Fast zwanzig Mal in dem Menschen 
alter, das er sein Bistum verwaltete, ist Albert im Herbst nach 
Deutschland gegangen und zum Frühjahr mit bewaffneten Scharen als 
Helfer für die Eroberung und Christianisierung des Landes nach Riga 
zurückgekehrt. Sein Verdienst war es sicher, wenn Livland daheim in 
deutschen Landen in gutem Rufe stand. „Weil jener Ort durch die 
Gunst des Bodens an vielen Gütern Aberfluß hat," so schreibt Arnold 
von Lübeck, „darum haben dort niemals die Ackersleute Christi und 
die Pflanzer der neuen Kirche gefehlt. Es ist nämlich ein Land mit 
fruchtbaren Äckern, reichlichen Weiden, von Flüssen bewässert, fischreich 
und waldreich!" In dieser Schilderung erkennen wir namentlich den 
südlichen Teil Livlands wieder; der nördliche und das eigentliche Estland 
tragen einen etwas rauheren Charakter. Die Mischung von Kolonisation 
und Mission lag dem Zeitalter im Blute. Wer nicht nach Palästina 
auf die Kreuzfahrt ziehen konnte oder wollte, der nahm das Kreuz zu 
einer „Reise" gegen die Heiden in Preußen oder Livland. Religiöse 
Stimmungen, das Begehren nach Ablaß, Sündenvergebung und Aben 
teurerlust, Hoffnung auf Beute, der unbezähmbare kriegerische Geist, 
der damals in den Deutschen lebte, schließlich bei vielen auch die Be
	        
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