Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

(£ine neue Rede poincarös. 
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ewige Drohung für Bulgarien fein. Es wird 
besser sein, Adrianopel den Bulgaren zu geben, 
die dann gewisse Verpflichtungen übernehmen 
könnten, die Türkei nicht zu bedrohen. 
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Aus dieser verhältnismäßig ruhigen Auf- 
fassung, die freilich auch von Bitterkeit nicht 
frei ist, geht hervor, daß Serbien dem Spruch 
der Mächte nicht zu opponieren gedachte. Ein 
Londoner Telegramm der offiziösen „Agence 
Havas" meldete auch schon am 21. Dezember: 
Vach Berichten aus Belgrad tritt die ser 
bische Regierung den Vorschlägen der Bot 
schafterreunion betreffend Albanien und dem 
wirtschaftlichen Zugang Serbiens zum Adria- 
tifchen Meere bei. 
Am gleichen Tage kam auch die Vachricht, 
daß Ministerpräsident Pa sie sich bei dem öster 
reichisch-ungarischen Gesandten v. Ugron wegen 
der prochaskaaffäre entschuldigt hatte. Die 
entsprechende offizielle Vachricht lautete: 
Ministerpräsident Paste hat in dem Be 
streben, neuerlich kundzutun, daß die serbische 
Regierung die friedliche Austragung der schwe 
benden Fragen ernstlich wünscht, heute nach 
mittags aus eigener Initiative den österreichisch- 
ungarischen Gesandten v. Ugron aufgesucht und 
ihm das aufrichtige Bedauern der serbischen 
Regierung über die Mißgriffe einzelner militä 
rischer Organe in Angelegenheit des österreichisch- 
ungarischen Konsuls in prizrend, prochaska, 
ausgesprochen. 
Hiemit kann diese Angelegenheit als in 
befriedigender Meise beigelegt betrachtet werden. 
Also vorderhand eine Besserung der Si 
tuation. 
Eine neue Rede poincares. 
'er französische Ministerpräsident poin 
care hielt am 21. Dezember eine 
für die politische Situation bezeich 
nende Rede. Es wurde darüber aus 
Paris berichtet: 
Vor der Verhandlung des Budgetproviso 
riums ergreift Ministerpräsident poincare das 
Mort und erklärt, er sei verpflichtet, sich vor der 
Kammer einer ebenso großen Zurückhaltung zu 
befleißen wie vor der Kommission zur Beratung 
der auswärtigen Angelegenheiten. 
Der Ministerpräsident erörtert in eingehender 
Meise, wie die Komplikationen auf dem Balkan 
unvermeidlich geworden waren, erinnert an die 
Ereignisse der letzten Monate und gedenkt der 
Interventionen, welche erfolgten, um die Stö 
rung des Friedens hintanzuhalten. Bei diesem 
historischen Überblick verweist Ministerpräsident 
poincare auf das vollständige Einvernehmen, 
welches zwischen der Republik, Rußland und 
Großbritannien bestand. Er erinnert daran, daß 
Österreich-Ungarn bereits im Vovember in be 
stimmter Form wissen ließ, daß es keinerlei terri 
toriale Aspirationen habe, poincare bespricht 
sodann die Initiative Englands, die zum Zu 
sammentritt der Botschafterkonferenz führte, er 
wähnt die von derselben bereits gefaßten Be 
schlüsse, namentlich hinsichtlich des Adriahafens, 
und erklärt, er sei überzeugt, daß Serbien sich 
dieser Anschauung anschließen werde. 
Hinsichtlich der Friedensverhandlungen, führt 
der Ministerpräsident aus, lasse sich das Er 
gebnis nicht vorhersehen. Falls es unglücklicher 
weise zu einem Abbruch der Verhandlungen 
BMaEieg. IL 
käme, wäre die Rolle Europas nicht zu Ende, 
denn die Miederaufnahme der Feindseligkeiten 
könnte zu einer Erweiterung des Gehietes der 
Konflagrationen führen. Frankreich würde in 
diesem Falle eine Mediation anbieten und sich 
bei den Mächten für die Erhaltung des Frie 
dens einsetzen. Aber so aufrichtig diese Inten 
tionen Frankreichs sein mögen, so fest ist es 
entschlossen, die nationale Ehre, diese heilige 
Pflicht, hochzuhalten. 
Ministerpräsident poincare legte im Verlauf 
seiner Rede die Unmöglichkeit dar, Einzelheiten 
über die zwischen den Kriegführenden und die 
zwischen den Botschaftern geführten Besprechun 
gen zu veröffentlichen und verwies darauf, daß 
es mißlich wäre, die Ereignisse, die sich vor, 
während und nach dem Kriege abgespielt haben, 
zu kommentieren. 
Hierauf erklärte der Ministerpräsident, daß 
er die allgemeinen Richtlinien der französischen 
Politik mit der notwendigen Zurückhaltung be 
sprechen wolle und führte aus: 
Unsere traditionelle Politik beruhte auf der 
Integrität des ottomanifchcn Reiches in Europa 
und Asten. Aber die Forderungen junger, unter 
nehmender Rationen, die Irrtümer der türkischen 
Verwaltung und die Schwächen des Berliner 
Vertrages machten eine Änderung unvermeidlich. 
Der Ministerpräsident gab sodann eine 
neuerliche Schilderung der einzelnen Phasen der 
Balkankrise und sagte: 
Märe die Ehance für eine friedliche Lösung 
nur 1 : 1000 gestanden, so hätten wir die ge 
bieterischeste unserer moralischen Verpflichtungen 
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