Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Kämpfe auf dein serbisch-bulgarischen Kriegsschauplatz. 
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UNS Über die Ebene auf den Berg hinauf, wo 
wir unsere Befestigungen hatten. Unmittelbar 
hinter diesem Berg ist eine Ebene, in welcher 
Krivolak liegt. Unsere Kommandanten wollten, 
wie es schien, die Bulgaren entweder Mischen 
unsere Regimenter bekommen oder aber sie 
provozieren, mit der ganzen Kraft vorwärts zu 
gehen. Mir übernachteten auf diesem Berge. 
Am 2. Juli, zeitlich morgens, begannen die 
Bulgaren in großen Massen von der Istiper- 
straße her unseren Flügel zu bedrohen. Da wir 
nicht Raum hatten, um uns zu entwickeln, 
konnte nur ein kleiner Teil unserer Truppen 
die Positionen verteidigen. Den ganzen Tag 
währte der Kampf und wir mußten eine Po 
sition nach der anderen verlassen und uns lang 
sam zurückziehen. Gegen Abend hatten wir den 
Berg verlassen und befanden uns in den Schan 
zen vor Krivolak. 
Am 3. Juli morgens griffen wir die Bul 
garen an und schoben sie gegen die Kriwa— 
Lakowitza zu. Unsere Soldaten stürmten so ge 
waltsam vor, daß wir die Bulgaren zurück 
warfen. Roch am selben Abend wurden die Bul 
garen auch über die Kriwa—Lakowitza ge 
worfen. Dieser Tag war für uns fürchterlich. 
Mir standen schon seit 3 Tagen im Kampf und 
hatten nur Brot zu essen. Masser konnten wir 
überhaupt nicht bekommen. Trotzdem wir den 
Feind über den Fluß zurückgeschlagen hatten, 
bezogen unsere Truppen dennoch die Höhen- 
positionen, um gegen jeden Angriff gesichert zu 
sein. Diese Rächt rasteten wir und versorgten 
uns mit allem Erforderlichen. Am 4. 0ult 
dauerte das Gewehrfeuer den ganzen Tag. 
Aber trotz übermenschlicher Anstrengungen 
konnten die Bulgaren unsere Positionen nicht 
erstürmen. 
Die Rächt vom 4. auf den 5. Juli war 
fürchterlich und blutig. Ohne Unterbrechung 
tobte die Schlacht. Und ebenso am 5. Mir 
waren so bedrängt, daß wir nicht Platz hatten, 
mit dem aufgepflanzten Bajonett zu stechen, und 
so rissen wir dann die Bajonette von den Ge 
wehren herunter und es begann eine Meffer- 
schlacht Mann gegen Mann. Die Bulgaren 
stürmten mit unbeschreiblicher Mildheit und ge 
langten in unsere Schanzen. Bei dem nächt 
lichen Messerkampfe war es schwer zu erkennen, 
wen man vor sich hatte. Mir stachen nieder, 
was uns unter die Hände kam. Die Bulgaren 
konnten wir nur daran erkennen, daß sie sofort, 
wenn wir mit dem Messer oder dem Bajonett 
ausholten, riefen: „Richt, nicht, Bruderl" Dies 
war wahrscheinlich ein verabredetes Zeichen der 
Bulgaren, das uns aber infoferne von Vorteil 
war, da wir so die Feinde an der Sprache er 
kannten. Mir versuchten sodann die Bulgaren 
zurückzudrängen. Die Mirkung der bulgarischen 
Schnellfeuergeschütze war jedoch derartig, daß 
wir uns zurückziehen mußten. 
Mir kämpften noch den ganzen Tag gegen 
die Bulgaren und drängten sie wieder bis zum 
Fluß zurück. Mir mußten aber, da wir eine 
Zeitlang keine Munition hatten, halten. Die 
Bulgaren hatten fürchterliche Verluste, da sie 
unausgesetzt stürmten. Mir verteidigten uns 
tapfer und zogen uns langsam immer in größter 
Ordnung zurück. Mir konnten aber den Feind 
nicht aufhalten und so zogen wir uns bis Kri 
volak zurück. 
Rach kurzer Zeit mußten wir auch Krivolak 
verlassen, da die Bulgaren uns zehnfach über 
legen waren und so war der Sieg bei den 
Bulgaren. Mas später geschah, wissen wir nicht. 
Mir hatten jedoch gehört, daß neue Truppen 
in die Schlacht eingriffen und daß Krivolak 
wieder von den Unsrigen besetzt wurde .. . 
Der Mert dieser Erzählung braucht nicht 
überschätzt zu werden, aber es geht doch aus ihr 
deutlich genug hervor, daß die Lage der serbi 
schen Truppen manchmal eine sehr bedrängte 
war und daß die serbischen Siegesberichte 
keineswegs wörtlich zu nehmen sind. Man weiß 
übrigens nicht, wie viele und welche Truppen 
in diesen Kämpfen engagiert waren und kann 
deshalb aus dieser Episode keine militärischen 
Schlüsse ziehen. 
Von bulgarischer Seite wurde das langsame 
Zurückgehen der bulgarischen Truppen auf dem 
serbisch-bulgarischen Kriegsschauplatz aus poli 
tischen Gründen erklärt. So meldete das amt 
liche bulgarische Bureau am 13. Juli: 
Ein Eommunique aus dem Hauptquartier 
besagt: 
Der ursprüngliche Plan der den griechischen 
und serbischen Truppen gegenüberstehenden bul 
garischen Armee bezweckte einerseits die Be 
setzung der befreiten Gebiete, die nach Rege 
lung der verschiedenen Streitfragen an Bul 
garien fallen sollten, anderseits die Verteidi 
gung des Territoriums des Königreiches gegen 
eine eventuelle Invasion seitens Serbiens. Bei 
der Ausführung der Konzentrierung der Truppen 
war der Generalstab von diesen Erwägungen 
ohne irgendwelche agressive Absichten geleitet. 
Seit Beginn der Operationen bis zum 
heutigen Tage wurde die ganze serbische Armee 
von der 7. bulgarischen Division aufgehalten, 
die beinahe allein durch 10 Tage hindurch 
kämpfte und den ungleichen Kampf in Ehren 
und mit Mürde bestand und auch jetzt noch 
fortgesetzt ihren hartnäckigen Gegner in Schach 
hält. Die anderen bulgarischen Armeen unter 
nahmen — man kann es offen sagen — keine 
ernsten Operationen, ausgenommen den for 
cierten Marsch des Generals Kutintschew, der 
Knjazevac besetzte und bereits pirot bedrohte,
	        
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