Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Der diplomatische Krieg. 
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anzugreifen; zu diesem Zwecke, und wenn sie 
einen solchen Befehl erhält, wird sie eine Ver 
stärkung von 2 oder 3 Brigaden erhalten . . . 
Der Gehilfe des Oberkommandierenden: 
Generalleutnant Sawow. 
Nus diesen Dokumenten, an deren Echtheit 
zu zweifeln wir keinen Anlaß haben, spricht 
eine solche Frivolität, daß man den Zusammen 
bruch der bulgarischen Armee nur als eine ge 
rechte Strafe für ein derartiges Vorgehen an 
sehen kann. Gewiß sind die Bulgaren durch 
das Vorgehen der Serben und Griechen schwer 
gereizt worden, aber aus rein demonstrativen 
Zwecken Tausende von Menschenleben aufs 
Spiel zu sehen um die Mächte zu einem Ein 
schreiten zu bewegen, und Serbien und Griechen 
land gefügiger zu machen, das ist ein Ver 
brechen, das in der Geschichte der neueren Zeit 
wohl einzig dastehen dürfte. Mer speziell die 
Schuld an diesen Befehlen zur Eröffnung des 
zweiten Balkankrieges trägt, das ist zweifelhaft, 
ist auch an sich gleichgiltig. Daß Danew von 
den Plänen gar nichts gewußt haben sollte, 
ist nahezu unglaublich; der Mann, der im Nufe 
stand, einer der ersten und klügsten Balkan 
politiker zu sein, mußte gewußt haben, was um 
ihn vorging. Aber ob die Schuld einen trifft, 
oder auf ganz Bulgarien zu verteilen ist, das 
ist schließlich gleichgiltig; die Strafe mußte ganz 
Bulgarien tragen. Es war die Strafe für Treu 
losigkeit, für eine bis zum Mahnsinn gesteigerte 
Besihgier. 
Der diplomatische Krieg. 
amtlicher serbischer Quelle wurde 
am 30. Juni gemeldet: 
Airs Auf die bulgarische Verbalnote, 
welche um 3 Uhr nachmittags über 
geben wurde, antwortete die serbische Negierung, 
daß die Behauptung der bulgarischen Negierung, 
serbische und griechische Truppen hätten bei Leftera 
und Iletowo die bulgarischen Truppen angegriffen, 
unwahr sei, weil unwiderlegliche Beweise dafür 
vorhanden seien, daß die bulgarischen Truppen 
heute um 2 Uhr 30 Minuten nachts in Aktion 
traten und das Feuer eröffneten. Es sei somit un 
möglich,daß die serbischen und griechischen Truppen 
schon gestern die Feindseligkeiten eröffnet haben 
konnten. Demnach sei evident, daß die bul 
garischen Truppen den Angriff schon früher 
vorbereitet hatten; die Verantwortung könne 
daher keinesfalls auf die serbische Negierung 
fallen und diese weise jede Anklage nach dieser 
Nichtung hin von sich. 
Daß die serbische Negierung gegen den 
letzten bulgarischen Überfall keinerlei Schritte 
bei der bulgarischen Negierung unternahm, hat 
seinen Grund darin, daß der früher unternom 
mene Schritt gelegentlich des Überfalles bei 
Iletowo von bulgarischer Seite unbeantwortet 
blieb. 
Die Antwort der serbischen Negierung wurde 
dem Gesandten Tontschew abends in Form einer 
Verbalnote übergeben. 
Das serbische preßbureau veröffentlichte am 
gleichen Tage folgende Mitteilung: 
Die nachmittags überreichte bulgarische Note, 
welche gegen die angeblichen serbischen Über 
fälle an der Grenze Einwendungen erhebt, 
trägt den Charakter des systematisch Vorbe 
reiteten, da in derselben von den Ereignissen 
gesprochen wird, die sich erst heute nacht ab 
gespielt hatten. 
Auffallend ist, daß die bulgarische Tele 
graphenagentur von serbischen Überfällen zu er 
zählen wußte, zu einer Zeit, da der Kampf, der 
von den bulgarischen Truppen eingeleitet wurde, 
noch gar nicht begonnen hatte, indem konstatiert 
wurde, daß der erste Angriff von bulgarischer 
Seite heute um 2 Uhr io Minuten nachts 
stattfand. Überdies waren Bewegungen und Ver 
schiebungen bulgarischer Truppen schon am 
28. v. M. an der Grenze zu bemerken, die 
Anlaß zur Vermutung geben, daß auf bulga 
rischer Seite Vorbereitungen zur Eröffnung der 
Feindseligkeiten getroffen wurden. Auch der 
plötzliche Angriff auf alle griechischen Positionen 
beweist, daß von bulgarischer Seite die Eröff 
nung des Krieges geplant und mit Vorbedacht 
eingeleitet wurde. 
Als schlagender Beweis für das illoyale 
Vorgehen und aller Kriegsregeln spottende Vor 
gehen der bulgarischen Negierung gegen Serbien 
und Griechenland muß die Zurückhaltung des 
offiziellen Gesandtschaftskuriers von Sofia im 
Grenzorte Iaribrod angesehen werden, der die 
offizielle Gesandtschaftspost für das Ministerium 
des Äußern mit sich führte. Von dem Verbleib 
des Kuriers ist trotz dringlicher Anfragen bis 
zur Stunde nichts bekannt. 
Die serbische Negierung muß ihrem Er 
staunen darüber Ausdruck geben, daß Bulgarien 
die Feindseligkeiten eröffnete, ohne sich im min 
desten an Sitte und Gepflogenheit zu halten.
	        
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