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Einwirken der Mächte in Belgrad und Sofia.
DD
dafür verantwortlich wäre vor der Sache des
Slawentums, und daß ich mir jegliche Freiheit
vorbehalte bezüglich der Haltung, die Rußland
gegenüber den eventuellen Resultaten eines so
verbrecherischen Kampfes einnehmen wird.
* * *
Das Telegramm des Zaren wurde in Eu
ropa verschiedentlich beurteilt. An erster Linie
mußte auffallen, daß der Zar gewissermaßen
als Protektor der slawischen Völker sprach. Bei
den Mächten des Dreibundes war der Eindruck
ein etwas peinlicher, aber man war immerhin
froh, daß etwas geschah, um den Ausbruch
des Krieges hintanzuhalten. Man hatte in Bel
Dibra umfaßte, 2. für die Meinungsverschieden
heiten, die aus der Auslegung des Vertrages
entstehen konnten.
Anders legten die Serben diesen Passus
aus. Sie sagten: Der Zar will den ganzen
Streit, also den über das mazedonische Gebiet
seiner Kompetenz untergeordnet wissen. An Ser
bien rechnete man darauf, daß der Zar genau
darüber orientiert sei, was Serbien verlangt,
nämlich das etwa 10.000 Quadratkilometer um
fassende Gebiet Mazedoniens am westlichen
Vardarufer. Serbien war der Ansicht, daß nicht
nur der bulgarisch-serbische Konflikt, sondern
auch die bulgarisch-griechischen Differenzen vor
das gleiche Schiedsgericht gehörten.
Am 13. Juni machten vor
mittags 11 Uhr die Vertreter der
Großmächte in Belgrad dem Mi
nisterpräsidenten Paste die Mittei
lung, daß ihre Regierungen sich ins
Einvernehmen gesetzt haben, um
Serbien und Bulgarien ihren Wunsch
auszudrücken, den zwischen ihnen
schwebenden Streit auf friedlichem
Wege geregelt zu sehen. Zu diesem
Zweck möchten die beiden Staaten
zur Demobilisierung schreiten.
Ministerpräsident pasic gab fol
gende Antwort:
Die königlich serbische Regierung
hat, von dem Wunsche beseelt, sich
bei allen Fragen, die die Verbün
deten trennen, friedlicher Mittel zu
bedienen, der königlich bulgarischen
Regierung bereits eine Rote unter
breitet, in welcher sie der Hoffnung
Ausdruck gibt, daß jede Konzen
tration der bulgarischen Armee an
der serbischen Grenze sofort eingestellt
werde und den Vorschlag macht,
daß auf beiden Seiten sofort gleich
zeitig die Effektivstände der Armee
auf ein Viertel herabgesetzt werden,
was vom Balkanbunde und von ganz Europa
als erster wirksamer Schritt und als Beweis ihres
Entschlusses betrachtet würde, die gegenseitigen
Streitfragen auf friedlichem Wege zu regeln.
Die Vertreter der Großmächte nahmen Akt
von dieser Erklärung.
Die Antwort König Ferdinands an den
Zaren.
Am 11. Juni hatte König Ferdinand von
Bulgarien auf das Telegramm des Kaisers von
Rußland geantwortet:
Ich habe die Depesche erhalten, durch welche
Eure Majestät in Ihrer Fürsorge für den Frie
den und die slawische Sache unmittelbar an
Streffleurs Militärische Zeitschrift, Wien.
Griechisches Lastenautomobil und Trainfuhrwerk
grad und Sofia zur Demobilisierung geraten,
und in Serbien schien man auch geneigt, auf
die Ratschläge der Mächte einzugehen. Das
Telegramm des Zaren, besonders jener Passus,
in dem der Zar die beiden Souveräne bat, sich
bezüglich der Lösung des Streitfalles auf Ruß
land zu verlassen, wurden in Sofia und Bel
grad verschieden interpretiert.
Die Bulgaren legten die Stelle dahin aus,
daß der Zar einen Schiedsspruch nur über die
im Vertrag ausdrücklich genannten strittigen
Gebiete ausüben könne. Die Bulgaren sagten,
in dem Vertrage sei der Schiedsspruch durch
Rußland ausdrücklich in 2 Punkten vorgesehen:
1. für die strittige Zone, welche die Gebiete
von Kumanovo, Llsküb, Tetovo, Struga und