Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Vorgeschichte des neuen Balkankrieges. 
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folgen, den Strumafluß und das Bogdagh- 
gebirge durchschneidend den Mestafluß erreichen 
und demselben bis zu seiner Mündung folgen. 
Mas die neue bulgarische Grenze anbelangt, 
so könnte dieselbe den neuen griechischen und 
serbischen Grenzlinien bis zum Mestafluß folgen. 
Eie würde somit die thrazische Küste bis zum 
östlichen Golf von Enos einschließen und von 
da aus eine Grenzlinie nordwestlich bis zum 
Schwarten Meere bilden. 
Aus dem oben entworfenen Plane ergibt 
sich: 
1. Die Städte llsküb, Kumanovo, prizrend, 
Koflovo und Köprülü würden zum neuen serbi 
schen Gebiet kommen. 
2. Die Städte Janina, Saloniki, Seres, 
Drama und Kavalla würden einen Bestandteil 
Griechenlands bilden. 
3. Die Städte Strumniha, Melenikon, 
Vevrokop, Dedeagatsch, Fanthi, Adrianopel, 
Kirkkilisse und Dimotika werden bulgarisches 
Territorium bilden. 
Vergleicht man nun die oben erwähnten 
neuen griechischen Gebiete mit jenen Serbiens, 
so sieht man, daß die griechischen Gemeinden 
in den Städten Llsküb, Kossovo, Megarovo und 
Vikopolis, welche in die neue serbische Grenze 
einbezogen werden, eine gleich große Einwohner 
zahl wie jene der serbischen Gemeinden in 
Doiran, Monastir usw. haben, welche dem neuen 
Gebiet Griechenlands angehören werden. Mas 
insbesondere die Stadt Monastir anbelangt, so 
ist dieselbe ein Zankapfel Mischen Serbien und 
Bulgarien. Niemand kann indes den griechischen 
Charakter dieser Stadt verleugnen. Sie ist die 
reichste Gemeinde von ganz Makedonien, besitzt 
griechische Schulen, die sich ohne jede äußere 
Hilfe behaupten, hat große griechische Spitäler 
und ist außerdem der Sitz eines griechischen 
Metropoliten. Ferner liegt der ganze Handel 
der Stadt ausschließlich in griechischen Händen. 
Ferner besteht Griechenland auf dem Besitz 
der Städte und Gemeinden von Monastir, 
Vodena, Gevgheli, Kavalla, Seres und Drama 
mit Umgebung, als Kompensation für die Kon- 
nationalen, welche eine kompakte Masse von 
griechischen Städten und blühenden Dörfern im 
bulgarischen Makedonien und Thrakien bilden. 
Strumnitza, Melenikon (Melnik), Vevrokop, 
Janthi, Gümüldschina, Dedeagatsch, Sufli, Di 
motika, Kirkkilisse u. a. Mie jetzt die Dinge 
stehen, werden nach einem königlichen Dekret, 
nach welchem die bulgarische Negierung die 
Aufteilung der Verwaltungszweige in Make 
donien bestimmt hat, den Bulgaren in Maze 
donier^ 229.950 Griechen zufallen, welche zu 
sammen mit den in Thrakien wohnenden Grie 
chen die Zahl von 470.332 betragen. Bul 
garien besteht aber auf weiteren Konzessionen, 
die eine Benachteiligung Griechenlands be 
deuten. Mürde man diese Forderung erfüllen, 
so würde Bulgarien SO Prozent (also 3,236.690 
Einwohner) für sich behalten, während Griechen 
land und Serbien nur 20 Prozent erhielten. 
Griechenland hinwiederum, dessen Konnatio 
nale im befreiten Gebiet Makedoniens und 
Thrakiens 1,105.279 Seelen ausmachen, ver 
langt 41 Prozent von der gesamten Zahl der 
Einwohner, das sind 1,619.273, indem es Bul 
garien 41 Prozent, das sind 1,616.273, und 
Serbien 19 Prozent, 909.137 als Anteil 
läßt. 
Vach genauen statistischen Studien, deren 
Nichtigkeit unbestreitbar ist, beträgt die Ein 
wohnerzahl des von den Balkanstaaten er 
oberten Gebietes 4,045.963 Seelen, und zwar: 
im Vilajet Adrianopel sind die Zahlen nach 
Nationalitäten geordnet folgende: 797.167 Ein 
wohner, von denen 429.776 Muselmanen, 
243.321 Griechen, 104.695 Bulgaren, >3.640 
Israeliten und 5735 Armenier sind. Im Vilajet 
Saloniki beträgt die Gesamtzahl der Einwohner 
1,120.125 (451.031 Muselmanen, 327.790 
Griechen, 259.609 Bulgaren, 76.307 Israeliten 
und 6395 Numänen). Im Vilajet Monastir be 
trägt die Einwohnerzahl 740.943 (259.246 
Griechen, 230.659 Muselmanen, 223.196 Bul 
garen, 17.117 Serben, 6795 Numänen und 
4950 Israeliten). Im Vilajet llsküb beträgt die 
Gesamtzahl der Einwohner 1,005.140 (601.915 
Muselmanen, 206.540 Serben, 193.612 Bul 
garen und 3070 Griechen). Im Vilajet Ja 
nina ist die Gesamtzahl 379.963 Einwohner 
(272.951 Griechen, 100.494 Muselmanen, 
5104 Israeliten und 414 Numänen). Im Vi 
lajet Skutari sind im ganzen 3625 Einwohner 
(2250 Serben und 1375 Muselmanen). Vach 
den von dem Präliminarfrieden bestimmten 
türkisch-bulgarischen Grenzen Midia — Enos 
bleiben der Türkei von ihrem europäischen Be 
sitz nunmehr 5900 Quadratkilometer mit 1,315.005 
Einwohnern. 
Dies ist in Kürze das Bild, das man auf 
Grund der Ergebnisse des Krieges entwerfen 
kann. Die weitere Entwicklung der Teilungs 
frage kann man wohl nicht voraussagen; jeden- 
salls werden die oben erwähnten Prinzipien zur 
Geltung kommen müssen; nur dann wird sich 
das am politischen Horizont schwebende Ge 
wölk zerstreuen und der Triumph der Balkan 
staaten ein definitiver, tatsächlicher und unum 
stößlicher sein.
	        
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