Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Debatte über die Balkansragen im deutschen Reichstage. 
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sie nicht nur die wirtschaftlichen und materiellen, 
auch nicht nur die kulturellen Begehungen an 
sehen, sondern auch hinüberschauen auf die kirch 
lichen Zustände. 
Es gibt auf dem Balkan eine große Zahl 
von Nassen und Konfessionen und darauf wird 
bei einer Neugestaltung der Verhältnisse Nück- 
sicht xu nehmen sein. Mir haben in dem tür 
kischen, griechischen, bulgarischen, rumänischen 
und albanesischen Volk und bei allen, mit Aus 
nahme der mohammedanischen Türken, verschie 
dene Konfessionen. Darin liegt eine gewisse 
Gefahr. Es ist mit Recht darauf hingewiesen 
worden, daß bei einer Neukonstituierung des 
Balkans auch die religiöse Freiheit gewahrt 
werden muß für alle Konfessionen. Trotz innerer 
Zerrissenheit wird die Negierung in diesem Be 
streben das Volk hinter sich finden. 
Der konservative Abgeordnete Graf Kanitz 
polemisierte zuerst 
gegen den Abge 
ordneten Ledebour 
und sagte unter 
anderem: 
Abgeordneter 
Ledebour hat die 
Macht der Inter 
nationale über 
schätzt. Wie soll sie 
es fertig bringen, 
den Krieg xu be 
endigen? 
Über die Nede 
des Neichskanxlers 
sagte Graf Kanitz: 
Sehr viel 
Neues war in 
der Nede aller 
dings nicht, aber wir wollen nicht verkennen, 
wie es schwierig ist, während über den Frieden 
verhandelt wird, über diese Unterhandlungen xu 
sprechen. Sie werden durch lange Neden, die 
darüber gehalten werden, nicht gefördert. Es 
ist erfreulich, daß es mit den Friedensaus 
sichten günstig gestellt ist. Leider hat die Furcht 
vor einem europäischen Niesenbrande auch auf 
unser Wirtschaftsleben einen Druck ausgeübt. 
In vieler Begehung erinnert ja die Situation 
an die von J909; auch damals verlangten die 
Serben, auf russische Hilfe vertrauend, einen 
Meg nach dem Adriatischen Meer. 
Ich kann nur wünschen, daß die jetzigen 
Dinge ebenso friedlich verlaufen wie damals. 
Jetzt liegt die Frage allerdings insoferne viel 
schwieriger, als die Türkei bereits einen beträcht 
lichen Teil ihres europäischen Territorialbesitzes 
verloren hat. Daraus ergibt sich die schwierige 
Frage: welches Interesse haben die Großmächte 
und besonders Deutschland daran, daß eine 
lebensfähige Türkei erhalten wird? Das deutsche 
Interesse an dieser Frage ist bedeutsam. Mir 
haben rege Handelsbeziehungen mit der Türkei 
und haben deshalb alle Veranlassung, eine 
ruhige Fortentwicklung dieser Handelsbeziehungen 
xu wünschen. Bei der Negulierung der türkischen 
Staatsschuld und ihrer Verteilung auf die ver 
bleibenden Gebiete dürfen die deutschen Gläu 
biger nicht xu kur) kommen. Nun besteht die 
Gefahr, daß nach dem Friedensschlüsse die hohen 
Verbündeten auf dem Balkan sich in die Haare 
geraten. Mir haben keine Veranlassung, eine 
Aufteilung Albaniens xu unterstützen. Österreich 
und Italien denken auch nicht daran, einer 
Annexion eines Teiles von Albanien durch 
Serbien xuxusehen. Österreich und Italien sind 
da völlig einig. 
Herr Ledebour hat behauptet, daß wir uns 
willenlos vor den Magen Österreichs spannen 
lassen. Es ist ganx 
verständlich, daß 
der Neichskanxler 
diesen Punkt nicht 
berührt hat. Ich 
kann Herrn Lede 
bour versichern, daß 
von einer solchen 
willenlosen Ge 
folgschaft, von einer 
solchen Trabanten 
schaft nicht die 
Nede sein kann. 
Bei einem Konflikt 
kann es sich auch 
nicht um den adria 
tischen Hafen han 
deln, sondern allein 
um unsere Bundes 
genossenschaft mit Österreich. Auf Mortklau 
bereien an dem Bundesvertrage lasten wir uns 
da nicht ein. Mir sind unschuldig daran, daß 
Nußland anscheinend auf die Freundschaft Deutsch 
lands jetzt keinen besonderen Mert mehr legt. 
Mir haben es an Freundschaftsbexeugungen 
gegenüber Nußland nicht fehlen lasten. Ich 
kann nur wünschen, daß das freundschaftliche 
Verhältnis xu Nußland wieder hergestellt wird. 
Das wäre die sicherste Garantie für den Melt- 
frieden. Mir erwarten von unserer Negierung, 
daß sie aber auf jeden Fall unsere Mehrkraft 
auf der vollen Höhe erhält. Ich kann daher 
folgende Erklärung abgeben: 
Mir sind überxeugt, daß unser Heer voll 
kommen kriegsbereit ist. Menn es aber wider 
Erwarten nötig erscheinen sollte, die bereits be 
willigte Heeresverstärkung früher durchxuführen, 
so wäre der Reichstag ohne Frage bereit, nach 
träglich seine Zustimmung daxu xu erteilen. Das 
deutsche Volk ist xu jedem Opfer bereit. Mir 
Mbanesische Landschaft.
	        
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