Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Unterzeichnung des Präliminarfriedens. 
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zu sehen: Es versteht sich, daß die zur Zeit der 
Kriegserklärung zwischen den beiden Regierun 
gen in Kraft gewesenen Verträge, Vereinbarun 
gen und Akte, welche durch den Krieg auf 
gehoben wurden, nach der Erneuerung der 
diplomatischen Beziehung von neuem in volle 
Wirksamkeit treten. 
Der türkische Delegierte Osman Rizami 
Pascha erklärte, er habe, obwohl er den Grund 
satz der Erneuerung der Übereinkommen nicht 
bestreite, von seiner Regierung Instruktionen 
verlangt, die er für heute früh erwartet habe. 
Der griechische Delegierte Dr. Streit 
wünschte, daß die Konferenz hiervon Akt nehme, 
und erklärte, die griechischen Delegierten hätten 
rechtzeitig bekanntgegeben, das) sie bereit wären, 
den Vertrag zu unterzeichnen auf das ausdrück 
liche Versprechen der türkischen Delegation hin, 
welches diese in der heutigen Sitzung machen 
würde, welche Zusicherung mit den vorher den 
griechischen Delegierten gegebenen Zusicherung 
übereinstimme, nämlich das) dem internationalen 
Gebrauche gemäß die vor dem Kriege in Kraft 
gewesenen Verträge nur zeitweilig suspendiert 
werden konnten und nach der Erneuerung der 
diplomatischen Beziehungen von neuem in Kraft 
treten. 
Rach der Erklärung des griechischen Dele 
gierten Dr. Streit teilte Dr. Danew mit, das) 
einem Übereinkommen zwischen einigen der De 
legierten zufolge ein Zusahprotokoll unterzeichnet 
werden solle, worin festgesetzt wird, das) der 
Vertrag sofort nach der Unterzeichnung in Kraft 
zu treten habe. Die Delegierten Mesnic, Sku- 
ludis und Popovic erklärten, sie hätten niemals 
von einem solchen Protokoll sprechen hören, 
und sie seien nicht ermächtigt, es zu unter 
zeichnen. 
Rachdem Sir Edward Grey den Delegierten 
mitgeteilt hatte, das) die Salons des St. Ia- 
mespalastes den Delegierten zur Verfügung 
stünden, wenn sie ihre Erörterungen fortzusetzen 
wünschten, verlies) er das Palais. Sodann 
unterzeichneten die türkischen und bulgarischen 
Delegierten das Zusatzprotokoll, und es wurde 
vereinbart, das) die Delegierten am 2. oder 
3. Juni im St. Jamespalast zusammentreten 
würden, um die Protokolle der heutigen Sitzung 
zu bestätigen. 
Endlich also war unter dem harten Druck 
der Großmächte der präliminarfriede in Lon 
don unterzeichnet worden; der Krieg zwischen 
den Balkanverbündeten und der Türkei war 
beendet. Bei einigem guten Millen auf allen 
Seiten konnte nun nach mehr als siebenmonat 
licher Dauer der Friede auf dem Balkan wieder 
einkehren. 
Der Mortlaut des Präliminarfriedens. 
Der in London von den Friedensdelegierten 
aller kriegführenden Staaten unterzeichnete prä 
liminarfriedensvertrag hatte folgenden Morlaut: 
Artikel I. Vom Tage des Austausches der 
Ratifikationen des gegenwärtigen Vertrages be 
steht Frieden und Freundschaft zwischen Seiner 
kaiserlichen Majestät dem Sultan der Türkei 
einerseits und Ihren Majestäten den verbünde 
ten Souveränen anderseits, ebenso wie zwischen 
ihren Erben und Rachfolgern, ihren Staaten 
und ihren Untertanen auf immerwährende 
Zeiten. 
Artikel II. Seine kaiserliche Majestät der 
Sultan tritt Ihren Majestäten den verbündeten 
Souveränen alle Gebiete seines Reiches auf 
dem europäischen Kontinent ab westlich der 
Linie, gezogen von Enos am Agäischen Meer 
bis Midia am Schwarzen Meer, mit Ausnahme 
von Albanien. Die genaue Linie der Grenze 
von Enos nach Midia wird festgesetzt von einer 
Kommission. 
Artikel III. Seine kaiserliche Majestät der 
Sultan und Ihre Majestäten die verbündeten 
Souveräne erklären, die Sorge um die Fest 
setzung der Grenzen Albaniens und um alle 
anderen Albanien betreffenden Fragen Seiner 
Majestät dem Deutschen Kaiser, Seiner Maje 
stät dem Kaiser von Österreich und König von 
Ungarn, dem Herrn Präsidenten der französischen 
Republik, Seiner Majestät dem König von 
Großbritannien und Irland, Seiner Majestät 
dem König von Italien und Seiner Majestät 
dem Herrscher aller Reußen zu überlassen. 
Artikel IV. Seine kaiserliche Majestät der 
Sultan erklärt, an Ihre Majestäten die ver 
bündeten Souveräne die Insel Kreta abzutreten 
und zu ihren Gunsten zu verzichten auf alle 
Souveränitäts- und anderen Rechte, die er auf 
der Insel besaß. 
Artikel V. Seine kaiserliche Majestät der 
Sultan und Ihre Majestäten die verbündeten 
Souveräne erklären, die Bestimmungen über das 
Los der türkischen Inseln im Agäischen Meer 
(ausgenommen die Insel Kreta) und der Halb 
insel Athos Seiner Majestät dem Deutschen 
Kaiser, Seiner Majestät dem Kaiser von Öster 
reich und König von Ungarn, dem Herrn Prä 
sidenten der französischen Republik, Seiner Ma 
jestät dem König von Großbritannien und Ir 
land, Seiner Majestät dem König von Italien 
und Seiner Majestät dem Herrscher aller Reußen 
zu überlassen. 
Artikel VI. Seine kaiserliche Majestät der 
Sultan und Ihre Majestäten die verbündeten 
Souveräne erklären, die Regelung der finanzi 
ellen Fragen, die dem nun zu Ende gehenden 
Krieg und den obenerwähnten Gebietsabtretun-
	        
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