Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Die Petersburger Verhandlungen über den bulgarisch-rumänischen Konflikt. 
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Mitteilungen der rumänischen Regierung 
über die Verhandlungen. 
Uber den weiteren Verlauf der Sitzung des 
Senats wurde berichtet: 
Ministerpräsident Majorescu erhob sich um 
Uhr zum Worte und sprach ohne Unter 
brechung durch 2 Stunden. Er erklärte, er 
werde alle Phasen der diplomatischen Ver 
handlungen dem Senat bekanntgeben, zu welchem 
Zwecke er mehr als JOO Aktenstücke den Se 
natoren zur Verfügung zu stellen bereit sei. Er 
verwies darauf, daß alle Großmächte gleich bei 
der ersten Zuspitzung des rumänisch-bulgarischen 
Konfliktes darauf gedrängt haben, daß sich Ru 
mänien dem Schiedssprüche der Mächte be 
dingungslos unterwerfe. Die Regierung erklärte 
jedoch kategorisch, nur eine Mediation annehmen 
zu können, und die Großmächte gingen schließ 
lich auch darauf ein. 
Der Ministerpräsident skizzierte hierauf die 
Geschichte der politischen Ereignisse seit dem 
Herbst des vorigen Jahres. Im Oktober habe 
er dem russischen Gesandten erklärt, daß Ru 
mänien nicht geneigt sei, den Platzmacher irgend 
einer Großmacht zu spielen, sondern wünsche, 
sich immer nur mit seinen eigenen Interessen 
zu beschäftigen. Am 18. Oktober teilte ihm der 
bulgarische Gesandte in Bukarest offiziell mit, 
daß Bulgarien sich mit der Türkei im Kriegs 
zustände befinde und verlangte eine Reutralitäts- 
erklärung seitens Rumäniens. Am nächsten Tage 
demissionierte Ministerpräsident Earp und ließ 
das Land in einer äußerst schwierigen Situation 
zurück. Das Land müsse daher Take Ionescu 
Dank wissen, daß er und seine Partei sich vor 
behaltlos in den Dienst der Kollaborations 
regierung gestellt haben. 
Die neue Regierung antwortete auf das 
Verlangen Bulgariens, daß, so lange der Krieg 
der verbündeten Balkanstaaten auf die Er 
zwingung von Reformen für die fremden Ra 
tionalitäten in der Türkei gerichtet sei, also sich 
nur auf die Emanzipierung der Christen in der 
Türkei beschränke, Rumänien seine Reutralität 
bewahren werde. Der bulgarische Gesandte gab 
daraufhin dem Danke seiner Regierung gegen 
über Rumänien für sein Verhalten Ausdruck. 
Von manchen Seiten machte man der rumäni 
schen Regierung Vorwürfe darüber, weshalb sie 
damals nicht mobilisiert habe. Die Türkei stellte 
allerdings der rumänischen Regierung einen 
Allianzantrag, den wir aber nicht annehmen 
konnten. Der Vertreter Rußlands erklärte, daß, 
wenn wir uns gegen Bulgarien wenden würden, 
die russische Regierung auf keinen Fall den 
mächtigen Impulsen der panslawistischen Aktion 
widerstehen könnte, die sich zugunsten Bulgariens 
in Rußland offenbarte. Der Vertreter Deutsch- 
Balkankrieg. II. 
lands teilte mir dieselbe Information mit, welche 
der deutschen Regierung aus Petersburg zuge- 
gangen war, daß nämlich die russische Re 
gierung im Falle eines rumänisch-bulgarischen 
Krieges der öffentlichen Meinung des russischen 
Volkes nicht widerstehen könnte, trotz der Wohl 
geneigtheit der russischen Regierung gegenüber 
Rumänien. 
Die Regierung war daher in einer sehr 
schwierigen Lage. Ich fragte mich: können die 
Interessen Rumäniens durch einen Krieg ge 
schützt werden und welches sind die Interessen? 
Rumänien steht auf dem Rationalitätenprinzip, 
und in erster Reihe muß uns also das Los 
unserer makedonischen Brüder interessieren. Denn 
sie sind das Ziel unserer Aspirationen und 
unserer Zukunft. Das ist unser erstes Interesse 
auf dem Balkan; das zweite ist die Dobrudscha. 
Die Grenzregulierungskommission vom (fahre 
1878 hatte gegenüber Rumänien eine große 
Ungerechtigkeit begangen, als sie Siliftria Bul 
garien zuwies. Die damalige Regierung pro 
testierte dagegen und Frankreich unterstützte uns 
auch in überaus warmer Weise, Jedoch ver 
gebens. Diese Frage präsentiert sich also in 
folgender Form: sollen wir zur Reparierung 
einer alten Ungerechtigkeit einen Krieg führen? 
Rumänien ist wohl immer zu einem Kriege be 
reit. Seine Armee und seine Finanzen erlauben 
es ihm. Jedoch in einem Kriege unter diesen 
Verhältnissen hätte Rumänien sich gegenüber 
dem Balkanblock und auch gegenüber Rußland 
befunden. 
Mit der Diplomatie kamen wir weiter, als 
wir es erwartet hatten. Als Dr. Danew zum 
erstenmal nach Rumänien kam, erklärte er hier, 
daß Bulgarien das Recht Rumäniens anerkenne, 
Schulen und Kirchen in Mazedonien zu er 
halten und zu subventionieren und ein Erzbis 
tum in Mazedonien zu gründen. Bezüglich der 
Grenzregulierung verhielt sich Dr. Danew an 
fangs gänzlich abweisend. Er wollte von einer 
Kompensation nichts wissen. Ich antwortete ihm, 
daß es sich nichtum eine Kompensation, sondern um 
eine Reparierung einer alten Ungerechtigkeit 
handle. Hierauf erklärte sich Dr. Danew ge 
neigt, einen Landstreifen an Rumänien abzu 
treten, jedoch ohne Siliftria, und alle An 
strengungen konnten ihn nicht dazu bewegen, 
daß er auch Siliftria Rumänien zu überlassen 
erklärte. Er wies darauf hin, daß er diesbe 
züglich keine Instruktion von seiner Regierung 
habe. Die Verhandlungen mit Bulgarien waren 
damit begonnen. Der Erfolg war davon ab 
hängig, wie wir die diplomatische Aktion 
führen würden und welche Unterstützung uns 
die Mächte zuteil werden ließen. 
Als der Ministerpräsident zu diesem Punkte 
kam, beantragte der Präsident des Senates, mit 
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