Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Mächte nach der Übergabe von Skutari. 
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hat, die ihr erlebt habt. Friede sei mit euch? 
Gehorchet den Befehlen der Regierung) Jene, 
die sich ihnen widersetzen sollten, werden strengste 
Bestrafung zu erwarten haben. 
Euere Bildung, euere Vergangenheit, die 
so ruhmreich ist, soll sich jetzt bewähren. Das 
Glück hat es gewollt, das) sich unter der glor 
reichen Fahne Montenegros jenes Land wieder 
vereinigt, das Gewalt vor mehr als 400 Jahren 
getrennt hat. 
Vereinigt euch mit uns in dem Rufe: Es 
lebe König Rikolaus I., er lebe) 
Diese Proklamation sieht gewiß nicht dar 
nach aus, als ob Montenegro die Absicht ge 
habt hätte, die übergebene Stadt bald wieder 
zu räumen. 
Die Botschafterkonferenz vom 1. Mai schloß 
wieder mit einer Vertagung und ohne definitives 
Resultat. Man erfuhr zunächst nur, daß die 
Befürchtungen, der österreichisch-ungarische Ver 
treter möchte die Konferenz verlassen, sich nicht 
verwirklicht hatten und daß für 5. Mai eine 
neue Sitzung anberaumt war. Inzwischen, hieß 
es, werden die Botschafter ihren Regierungen 
die heute gefaßten Beschlüsse mitteilen. 
Wenn Österreich-Ungarn nun auch keinen 
vorzeitigen Abbruch der Verhandlungen in Lon 
don Hervorrufen wollte, so zeigte es doch, daß 
es entschlossen war, Ernst zu machen. Am 3. Mai 
wurde über Bosnien und die Herzegowina der 
Ausnahmezustand verhängt. Das bewies, daß 
Österreich ernste militärische Maßregeln vorbe 
reitete,- außerdem soll einer der wesentlichsten 
Gründe für die Verhängung des Ausnahme 
zustandes die Befürchtung gewesen sein, daß 
montenegrinische Banden, die angeblich bereits 
vorbereitet waren, die österreichisch-ungarische 
Grenze überschreiten könnten. 
Die Absichten Essad Paschas. 
Die Situation hatte in der Zwischenzeit 
noch dadurch eine Verschärfung erfahren, daß 
Essad Pascha, der Verteidiger von Skutari, die 
Unabhängigkeit Albaniens unter dem Protekto 
rat des Sultans erklärt hatte und sich angeblich 
mit der Absicht trug, den Thron eines König 
reichs Albanien zu besteigen. 
Mit dem montenegrinischen Streitfall hing 
dieses Vorgehen Essad Paschas insofern zu 
sammen, als man vermuten konnte, daß zwischen 
Essad Pascha und dem König Rikolaus bei den 
Kapitulationsverhandlungen bestimmte geheime 
Abmachungen über den Besitz der Stadt Sku 
tari getroffen worden seien. Es tauchte die Mei 
nung auf, daß zwischen König Rikolaus und 
Effad Pascha ein Abkommen über Skutari ge 
schlossen worden war. Man glaubte, Essad 
Pascha wolle sich zum Herrn von Albanien aus 
werfen und Skutari an Montenegro abtreten, 
so daß die Beschlüsse der Mächte umgangen 
wären. Es ist auch nicht unmöglich, daß diese 
Meinung in Cetinje bestanden hat, und daß in 
dieser Hoffnung Essad Pascha so überaus gün 
stige Bedingungen für den Abzug der Truppen ge 
währt wurden. Vielleicht gedachte König Riko 
laus auf diese Weise Europa ein wenig zu 
hintergehen. Wenn zwischen ihm und dem neuen 
Herrn von Albanien bestimmte Abmachungen 
getroffen waren oder wurden, so ging das die 
Mächte nichts an; ihr Beschluß, Skutari Al 
banien zu belassen, wäre damit zunichte ge 
worden. 
Diese sophistische Politik wurde jedoch, wenn 
sie überhaupt bestanden hat, durch das Ein 
greifen der Mächte, durch die Einwirkung auf 
Effad Pascha zuschanden. Österreich-Ungarn und 
Italien einigten sich darüber, die Erklärung 
Essad Paschas und eventuelle Abmachungen 
zwischen ihm und König Rikolaus in bezug 
auf die Grenze Albaniens als hinfällig zu be 
trachten. Von österreichischer Seite wurde ein 
Verwandter Essad Paschas zu diesem nach Ti 
rana geschickt, der auch bald mit der Versiche 
rung zurückkehrte, daß Essad Pascha keinerlei 
Absichten auf den Thron von Albanien habe.
	        
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