Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Mächte nach der Übergabe von Skutari. 
DB 
weil die Mächte sich nicht rasch genug über ihr 
Verhalten gegenüber Montenegro schlüssig werden 
konnten. Das „Sofort" der österreichisch-ungari 
schen Regierung war also nicht in dem Sinne 
zu nehmen, daß die österreichisch-ungarischen 
Truppen etwa sofort nach der ergebnislosen 
Sitzung der Botschafterreunion in Montenegro 
eingerückt wären. Ruf einen oder zwei Tage 
mehr konnte es hier nicht ankommen, der euro 
päische Friede war schließlich zum mindesten nicht 
weniger wertvoll, als die Reputation der Groß- 
mächte auf dem Balkan. Österreich-Ungarn 
wartete also zunächst auf die Antwort Monte 
negros. 
Die Antwort Montenegros auf die Vor 
stellungen der Minister. 
Am 1. Mai 1913 wurde diese Antwort ge 
geben, sie lautete folgendermaßen: 
Die königliche Regierung hatte die Ehre, die 
Mitteilung der Großmächte vom 27. April zu 
empfangen. Sie glaubt, diesen gegenüber ihre 
Pflicht zu erfüllen und gleichzeitig der nationalen 
Sache, die ihr obliegt, gebührend Rechnung zu 
tragen, indem sie ihre Haltung durch eine Dar 
legung der Gründe rechtfertigt, welche sie be 
stimmt haben, die Entscheidung der Großmächte 
bezüglich der Rord- und Rordostgrenzen Alba 
niens nicht ohne weiteres zur Kenntnis zu 
nehmen. 
Die königliche Regierung bedauert vor allem 
sehr, mit ihren Alliierten bezüglich der Ab 
grenzung Albaniens nicht befragt worden zu fein, 
welches durch die siegreichen Armeen der Ver 
bündeten vom türkischen Joche befreit wurde 
und denen allein es also seine politische Eman 
zipation verdankt. Anderseits bestimmen seine 
Grenzen das territoriale Verhältnis der alli 
ierten Staaten und lösen gleichzeitig eine An 
zahl politischer und wirtschaftlicher (Interessen 
aus, die diese Staaten nicht gleichgiltig lassen 
können. 
Die königliche Regierung kann infolgedessen 
nicht umhin zu glauben, daß sich den Beratungen 
der Großmächte die Rotwendigkeit der Be 
fragung der Verbündeten hätte aufzwingen 
müssen, insbesondere seit der Unterbreitung des 
Memorandums der Balkandelegierten in London, 
da die politische Entwicklung der Balkanstaaten 
tief und ausschließlich von der Gründung eines 
neuen albanestschen Staates berührt wird. 
Die königliche Regierung glaubt überdies, 
daß, nachdem die Festsetzung der Grenzen Albaniens 
der Ratur der Sache nach erst nach Abschluß 
des Friedens zwischen den Verbündeten und 
dem ottomanischen Reiche durchgeführt werden 
könne, jede von den Großmächten ergriffene 
Maßnahme zum Zwecke der Räumung von 
vormals belagerten Plätzen und besetzten Ge 
bieten ebenso wie zum Zwecke der Einstellung 
der Feindseligkeiten notwendigerweise eine Ver 
letzung der Reutralität, d. h. des Rechtes der 
Verbündeten, als Kriegführende im ganzen Um 
fange des «Schauplatzes des Balkankrieges zu 
operieren und infolgedessen eine willkürliche Be 
grenzung der Grundlage für die Friedens 
verhandlungen mit dem ottomanischen Reiche 
mit sich bringe. 
Die königliche Regierung bedauert, daß die 
erwähnten Gründe ihr nicht gestattet haben, 
Kenntnis zu nehmen von der Festsetzung der 
fraglichen Grenzen, insbesondere hinsichtlich der 
Regelung der Frage von Skutari und seines 
Gebietes, dessen Abgrenzung ganz zum Vor 
teile eines nicht existierenden Staates sicherlich 
sehr gegen die Intentionen der Großmächte, 
gegen die Sicherheit des montenegrinischen 
Staates und gegen seine allervitalsten Inter 
essen gerichtet ist, was nach Ansicht der könig 
lichen Regierung eine offenbare Ungerechtigkeit 
seitens der Großmächte bedeutet, die die 
Blockade der montenegrinischen Küste beschlossen 
haben, um einen Druck gegen Montenegro aus 
zuüben wegen Aufgabe der Belagerung Sku- 
taris. 
Richt in der Absicht, den Millen Europas 
zu mißachten, sondern vielmehr im vollen Be 
wußtsein ihrer nationalen Aufgabe hat sich die 
königliche Regierung geweigert, sich einer Ent 
scheidung zu unterwerfen, die es einer Stadt 
und eines Gebietes berauben würde, deren Be 
sitz von ihr in Übereinstimmung mit der Mei 
nung der ganzen Ration als von wesentlicher 
Bedeutung für Montenegro angesehen wird. 
Und vom gleichen Geiste beseelt und von dem 
gebieterischen Bedürfnis seiner Erhaltung be 
stimmt, hatte sie die Ehre, am 21. April im 
Einvernehmen mit ihren Verbündeten den Groß 
mächten zu erklären, daß sie sich für die Unter 
handlungen mit der Pforte das Recht vorbe 
halte, mit den Großmächten die auf Feststellung 
der Grenzen Albaniens bezüglichen Fragen zu 
verhandeln. Unterdessen hat die Stadt Skutari 
kapituliert. 
Die königliche Regierung, von dem Wunsche 
beseelt, den Großmächten ihre Ehrerbietung zu 
bezeugen, beeilt sich zu erklären, daß dieses 
neue Faktum keineswegs nach ihrer Auffassung 
eine Herausforderung hinsichtlich der Entschei 
dung über das Schicksal Skutaris bedeutet. Die 
Besitznahme dieser Stadt nach der Kapitulation 
vom 23. April ist nur die logische und natür 
liche Folge eines früheren Zustandes, einer mili 
tärischen Operation, die beschlossen und durch 
geführt wurde, auf Grund jener vollen und 
ganzen Aktionsfreiheit, welche die königliche 
Regierung mehr als einmal im Laufe dieses
	        
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