Verhängung der effektiven Blockade über die Küste Montenegros.
365
□□
bundes wie kein anderes Land, eingekeilt
Mischen der slawischen Welt und den Fran
zosen . . . Mit unserem russischen Aachbarn
werden wir niemals um die Wette rüsten können.
Der russische Zar wird immer sehr viel mehr
Soldaten aufstellen können, als wir es je ver
mögen. Wir sehen für jeden Krieg, in dem wir
verwickelt werden können, unser Vertrauen auf
den Mut und den Geist unserer Nation, wie
er sich in unserem Heere verkörpert .. . Kein
Mensch kann eine Garantie dafür übernehmen,
das) kein Krieg kommt. Es wäre vermessen,
es hieße gerade)» das Schicksal herausfordern,
wollten wir sagen, wenn ein Krieg kommt, sind
wir stark genug. Mir müßten zwar sehr viel
stärker sein, als wir sind, aber das kostet zu
viel Geld; wir werden es auch so machen.
Solche Stimmungen sind immer noch der An
fang des Unheils gewesen. Der Reichskanzler
befürwortete dann in längeren Darlegungen die
neue deutsche Militärvorlage, und fuhr sich
wieder zum Dreibund und zur Tripelentente
wendend fort:
Von der englischen Ministerbank ist in der
letzten Zeit wiederholt betont worden, daß bei
voller und unveränderter Aufrechterhaltung der
bestehenden Mächtegruppierung Fäden der
Freundschaft von der Macht der einen Gruppe
zu der anderen Gruppe hinüberlaufen könnten.
Ich stimme dem zu, möchte dieses Wort sogar
dahin erweitern, daß solche Fäden der Freund
schaft gesponnen werden müssen. Wir werden
das um so leichter tun können, je sicherer und
ruhiger wir in die Zukunft sehen können. Denn
politische Freundschaften — wir wollen nicht
sentimental werden — sind politische Geschäfte.
Wie im wirtschaftlichen, so lassen sich auch im
politischen Leben Geschäfte am leichtesten und
zuverlässigsten unter starken Partnern abschließen.
Der Schwache kommt immer unter die Näder...
Zum Schluß erklärte der Kanzler: über alle
Schwierigkeiten hinweg halten Sie, bitte, an
dem einen Gedanken fest, wenn uns jemand
Haus und Hof bedroht, dann stehen wir bereit
bis auf den letzten Mann.
* . *
*
Die Rede war auf einen sehr ernsten Ton
gestimmt, und wenn man auch berücksichtigt,
daß der Kanzler eine Wehrvorlage zu verteidi
gen hatte, so ließ sich doch nicht verkennen, daß
Herr v. Bethmann-Hollweg die Situation für
bedenklich genug hielt. Die Betonung der
Bundesfreundschaft für Österreich auch über die
diplomatische Vermittlung hinaus war jedenfalls
außerordentlich bemerkenswert.
Verhängung der effektiven Blockade über die Küste Montenegros.
^'m 4. April 1913 meldete das Neutersche
Bureau:
Die Botschafter konferierten heute
2 Stunden und vertagten sich sodann
bis nächsten Dienstag.
Bezüglich der Flottendemonstration ist alles
vereinbart.
Sämtliche Großmächte mit Ausnahme Ruß
lands nehmen daran teil.
Den Kriegsschiffen wurden telegraphische
Instruktionen erteilt, sich an die montenegrinische
Küste zu begeben und dort die effektive Blockade
durchzuführen.
Die Einzelheiten sind von den verschiedenen
Kommandanten zu ordnen.
Die gesamte Flotte wird unter dem Ober
befehl des rangältesten Offiziers stehen, wie
man glaubt, eines österreichisch-ungarischen oder
englischen.
Die Mächte einigten sich bald darauf dahin,
den englischen Vizeadmiral Burney mit dem
Oberkommando zu betrauen.
Am 7. April wurde in Wien folgendes
offizielle Communique ausgegeben:
Der königlich großbritannische Vizeadmiral
als ranghöchster Kommandant des internatio
nalen Demonstrationsgeschwaders hat am 5. an
die montenegrinische Negierung ein von Cat
taro datiertes Telegramm gerichtet, worin er das
Erscheinen der Flotte ankündigt und begründet,
indem er zugleich die sofortige Antwort fordert,
daß Montenegro bereit sei, sich den Wünschen
der Großmächte zu fügen.
Die italienisch offiziöse Agencia Stefani er
fuhr, daß, nachdem das englische Kriegsschiff
„King Edward VII." und auch der französische
Kreuzer „Edgar Ouinet" in den montenegrini
schen Gewässern eingetroffen waren, unter dem
Vorsitze des englischen Vizeadmirals, der das
Kommando über die vereinigten internationalen
Streitkräfte übernommen hatte, die erste Be
ratung der Kommandanten der Schiffe der
verschiedenen Nationen stattgefunden habe.
Auf Grund dieser Besprechung wurde an
die montenegrinische Negierung eine Depesche
gesandt, in der zur Achtung vor dem einmütigen
Beschlusse der Großmächte aufgefordert und eine
baldige Antwort verlangt wurde.