Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Zriedensbestrebungen. 
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Haltung Adrianopels festhalten zu müssen, und 
es kam ein Beschluß zustande, daß nur ein 
ehrenvoller Friede angenommen werden könne. 
Andernfalls müßten die Feindseligkeiten fortge 
setzt werden, selbst wenn Adrianopel fiele. Das 
Komitee stand also nicht ganz auf der Seite 
der Regierung, die nicht abgeneigt schien, auch 
auf Adrianopel unter Umständen zu verzichten. 
Die Regierung Mahmud Schefket Paschas ließ 
sich jedoch nicht einschüchtern, sondern ließ die 
Verhandlungen fortgehen. 
Am 10. März verlautete aus Belgrad, die 
Verbündeten würden im Laufe einer Woche 
auf das Mediationsangebot der Mächte ant 
worten. Die Balkanstaaten hatten es also keines 
wegs besonders eilig; waren schon die Mächte 
auf das Mediationsansuchen ziemlich zögernd 
eingegangen, so schoben die Verbündeten die 
Antwort hinaus, wohl in der Erwartung des 
Falles von Adrianopel. 
Am 11. März wurde aus Sofia, wo man 
aus begreiflichen Gründen einen raschen Friedens 
schluß wünschen mußte, gemeldet: 
Die Verbündeten haben beschlossen, die 
Vermittlung der Mächte anzunehmen. 
Die Verhandlungen werden daher durch 
Vermittlung der Mächte auf Grundlage der 
in London aufgestellten Bedingungen fortgesetzt 
werden, unter Hinzufügung der Forderung einer 
Kriegsentschädigung, die die Verbündeten auf 
der Friedenskonferenz zu erheben nicht die Zeit 
hatten, auf der sie aber bestehen werden. 
Die Feindseligkeiten werden jedoch nicht ein 
gestellt werden und ihre Entwicklung wird natür 
licherweise auf den Gang der Verhandlungen 
Einfluß haben, da neue Opfer auch neue 
Kompensationen erfordern. 
Die Antwort der Verbündeten an die 
Mächte wird wahrscheinlich morgen überreicht 
werden. 
Mitteilungen, welche der „Temps" aus 
Sofia erhielt, gaben als wahrscheinlichen In 
halt der bevorstehenden Antwort der Balkan 
verbündeten auf den Mediationsschritt der 
Mächte folgendes an: 
Die Verbündeten verlangen die Räumung 
von Adrianopel und Skutari, weigern sich aber, 
selbst nach der Übergabe dieser Festungen in 
eine Einstellung der Feindseligkeiten zu willigen. 
Es soll also kein Waffenstillstand während der 
Friedensverhandlungen stattfinden und Adria 
nopel und Skutari sollen als Pfänder dafür 
haften, daß die Verhandlungen nicht wieder 
von türkischer Seite abgebrochen werden. Die 
Balkanverbündeten erklären diese Vorsicht für 
notwendig, mit Rücksicht auf den unsicheren 
Bestand der türkischen Regierung. 
In territorialer Hinsicht besteht Bulgarien 
auf der Grenze Midia—Rodosto, Griechenland 
auf den Besitz der Inseln, Montenegro auf 
Skutari. Die Verbündeten geben auch in der 
Frage der Kriegsentschädigung nicht nach. 
Unter solchen Umständen schien allerdings 
der Friedensschluß noch in weite Ferne gerückt, 
zumal es vorerst bei der Ankündigung der 
Antwort der Balkanstaaten blieb. Daß dieses 
starre Festhalten an derartig übertriebenen 
Forderungen in Europa einen sehr schlechten 
Eindruck machen mußte, ist klar. In einem 
halbofsiziösen Artikel drohte am 13. März die 
Londoner „Times" den Alliierten mit der 
Intervention Europas. Die Annahme der 
Mediation unter solchen Bedingungen, über 
haupt unter Bedingungen, würde wertlos sein. 
Die Türkei habe sich nach anfänglichem Sträuben 
ohne Reserve in die Hände der Mächte ge 
geben, daher könnten die Mächte auch von den 
Alliierten nur eine uneingeschränkte Mediation 
übernehmen. Der Krieg beginne ein Skandal 
sowohl, wie ein Unfug zu werden. Beidem 
müsse gesteuert werden. Lehnen die Alliierten 
die Mediation ab oder machen sie ihre An 
nahme dadurch zunichte, daß sie sie an 
Bedingungen knüpfen, so werden sich die 
Mächte vielleicht zu einer Intervention ge 
zwungen sehen. Können die Mächte den not 
wendigen Frieden nicht als Vermittler herbei 
führen, so werden sie ihn in anderer Eigen 
schaft auferlegen. 
Auch der Londoner Korrespondent des 
„Matin" meldete, daß die Großmächte ent 
schlossen seien, auf die Balkanverbündeten dahin 
einzuwirken, daß diese die Vorbehalte zurück 
ziehen, mit welchen sie ihre Einwilligung zu 
der neuen Vermittlungsaktion der Großmächte 
umgehen wollten. Die Großmächte seien ein 
stimmig der Ansicht, daß der Balkankrieg in 
kürzester Frist beendigt werden müsse und 
würden den Regierungen der verbündeten 
Balkanstaaten Vorstellungen in diesem Sinne 
zugehen lassen. 
Es scheint also nun doch auch in den 
Kabinetten der Großmächte die Meinung auf 
gedämmert zu sein, daß ein Druck auf die 
Türkei allein nicht genüge, daß vielmehr die 
Balkanalliierten durch ihr Verhalten den Frieden 
immer wieder unmöglich machten. Wäre man 
vor dem Abbruch der Londoner Friedens 
verhandlungen zu dieser Erkenntnis gelangt, so 
wäre wahrscheinlich der Krieg nicht wieder 
ausgebrochen. 
Die Haltung der Alliierten. 
Die Balkanverbündeten gedachten jedoch 
vorerst, sich den Drohungen der Mächte noch 
nicht zu fügen. Am 14. März 1913 meldete die 
bulgarische Telegraphenagentur:
	        
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