Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Der Hall von Ndrianopel. 
die türkische Energie legte sich 
\rw»l lähmend die Vachricht vom Salle 
Adrianopels. Am 26. Mär) 1913, nach 
^ einer Belagerung von fünf Mo 
naten fiel Adrianopel in die Hände der Bul 
garen und der mit ihnen kämpfenden Serben. 
Die Einschließung der Stadt war am 29. Ok 
tober 1912 beendet. Die Gesamtzahl derVerteidiger 
mag sich damals auf etwa 50.000 Mann be 
laufen haben. Die heftigen Kämpfe und die 
während einer Belagerung besonders im Winter 
unvermeidlichen Krankheiten haben die Zahl 
der türkischen Truppen erheblich geschwächt. Da 
für gelang es Schickn Pascha, 15.000 Mann 
aus der Zivilbevölkerung auszuheben und zum 
Kampfe gegen feine Gegner zu verwenden. 
Gegen Ende Januar betrug die Zahl der vor 
Adrianopel stehenden Bulgaren rund 100.000 
Mann. Dazu kommen dann noch etwa 30.000 
Serben und im weiteren Verlaufe sind auch 
neue bulgarische Abteilungen herangezogen wor 
den, so das) man selbst unter Anrechnung be 
deutender Verluste mit einer Gesamtzahl der 
vor Adrianopel stehenden Truppen vor dem 
durchgeführten letzten Sturmangriff von etwa 
130.000 bis 150.000 Mann rechnen konnte. 
Alle bisherigen Versuche, Adrianopel durch 
einen Sturmangriff zu Fall zu bringen, waren 
an der türkischen Tapferkeit gescheitert. Die 
Hauptursache, weshalb es den Bulgaren nicht 
gelang, früher ihr Ziel zu erreichen, ist darin 
zu suchen, das) ihre Belagerungsartillerie auch 
noch nach der Herbeischaffung serbischer Geschütze 
zu schwach war, um die türkischen Forts nieder 
zukämpfen. An den letzten Wochen vor der 
Einnahme der Stadt ruhte denn auch der 
Artilleriekampf nahezu gänzlich. 
Während dieser Zeit wurden aber neue 
schwere Belagerungsgeschütze herangeschafft. Vach- 
dem sie in Position gebracht worden waren, 
wurde das Feuer neuerdings mit größerer 
Heftigkeit aufgenommen, und zwar zu dem 
Zwecke, diese Geschütze auf ihre Ziele einzu 
schießen. Diese Arbeit ist für den Artilleristen 
äußerst wichtig. Jedes einzelne Geschütz hat 
individuelle Eigenschaften, das eine Geschütz 
schießt etwas weiter, das andere etwas kürzer, 
als die Distanzeinteilung an der Visiervor 
richtung angibt; auch die Ladung ist nicht völlig 
Balkankrieg. H. 
gleichmäßig, was Streuungen zur Folge hat. 
Mit der Distanzmessung allein ist es daher nicht 
getan, sondern es muß erst eine größere oder 
geringere Anzahl von Schüssen gegen das Ziel 
abgegeben werden, um die richtige Einstellung 
an der Distanzskala zu ermitteln. Darin besteht 
das Einschießen. Vach seiner Durchführung 
kann das eigentliche Wirkungsfeuer beginnen. 
Am Ostersonntag, 23. März, waren denn 
auch alle bulgarischen Geschütze eingeschossen 
und es begann ein heftiges Bombardement 
gegen sämtliche türkischen Stellungen, welches 
bis in die Vacht von Montag auf Dienstag 
währte. Die Wirkung moderner Brisanzgeschosse 
gegen Mauer und Erdwerk ist eine verheerende. 
Auch die Häuser der Stadt zeigten nachher 
die Spuren dieser Geschosse. Besonders an der 
Ostseite, wo die Forts ziemlich nahe an die 
ersten Gebäude heranrückten. Für die Bevölke 
rung gibt es in solchen Fällen keinen anderen 
Schuh, als sich in tiefen Kellern zu bergen. 
Häuser stürzen ein und Brände entstehen, die 
notwendigerweise Paniken hervorrufen. Lösch 
aktionen sind nur schwer durchzuführen, da 
immer und immer wieder Granaten einschlagen 
und Schrapnells aus der Luft die Verderben 
bringenden Füllgeschoffe und Sprengstücke herab 
senden. Die Garnison kann nicht helfend ein 
greifen, da sie bei den Geschützen und mit der 
Abwehr einzelner Angriffe vollauf beschäftigt 
ist. Inzwischen rücken die Belagerer immer näher 
an die Forts heran. Die Vacht wird dazu 
benützt, vorzugehen und möglichst nahe an den 
gegnerischen Stellungen Laufgräben auszu 
werfen. 
So kamen die Bulgaren in der Vacht vom 
24. auf 25. März auf 200 bis 300 Schritte 
an die Ostforts heran. Die Drahtzäune, welche 
ihre Annäherung verhindern sollten, wurden 
teils mit Scheren durchschnitten, teils mit 
Sprengbüchsen abgesprengt. Hiebei bedienten 
sich die Bulgaren mit panzerschildern versehener 
Soldaten, welche so dem türkischen Gewehr 
feuer Trotz bieten konnten. 
Vachdem die Drahthindernisse hinweg 
geräumt waren, wurde Vieh über die nunmehr 
gangbar gemachte Zone getrieben, um die etwa 
vorhandenen Tretminen zum Auffliegen zu 
bringen und so den Boden für einen Bajonett- 
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