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Fortsetzung der Operationen auf dem östlichen Kriegsschauplatz.
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Buschwerk, sogar die eichenen Eisenbahn
schwellen haben die Bulgaren verbrannt oder
mitgenommen! Und glücklich noch/ wen der
sanfte Frosttod erreichte, im Vergleiche zu den
entsetzlich verstümmelten Krüppeln, denen wir
gestern in einem hiesigen Truppenspital die
brandigen Gliedmasten, Zehen, Finger, Füste,
Unterarme usw. nicht nur amputieren, sondern
buchstäblich unter den Händen des Chirurgen
abfallen sahen. Diese Opfer des Minterfeld-
zuges sind nicht nur weit zahlreicher, sondern
auch weit schwerer heilbar, als selbst die von
Schrapnells und dem humanen Spitzgeschost ge
troffenen Verwundeten. Die vorhandenen Beleg
räume werden täglich enger, und die meisten
Arzte und Pfleger der ausländischen Ambu
lanzen des Roten Kreuzes sind zwar mit
reichen, aber nicht allzu angenehmen Erfah
rungen längst wieder in die Heimat zurück-
gekehrt — in sicherer Erwartung des Friedens.
Rur deutsche, österreichische und holländische
Arzte kämpfen hier auster den Einheimischen
gegen diese Fluten des meisten Todes. Drausten
auf dem Schlachtfelde weht nur die Flagge des
Roten Halbmondes Ägyptens und Indiens!
Sie allein schienen dem Landfrieden zu mist
trauen . . .
Unterdessen wurden schier unerschöpfliche
Reserven in den letzten Tagen wieder von
panderma, Ismid, Stambul und Skutari, ja
sogar von Tschataldscha über San Stefano
mittels einer ganzen Flotte von fast 50 Trans
portdampfern nach den Dardanellen geschafft.
Freiwilligenbataillone zogen erst gestern wieder
unter flatternden, mit Koransprüchen gestickten
Fahnen durch Stambul und Galata. Man
glaubt übrigens in den letzten Tagen beob
achtet zu haben, dast die von Gallipoli zurück
kommenden Transportdampfer nicht nur Ver
wundete, sondern kampffähige Truppen zurück
bringen, um die vielleicht allzustark geschwächten
Tschataldschastellungen gegen eine mögliche neue
bulgarische Offensive wieder auszufüllen.
Rachschrift: Diese Zeilen waren bereits ge
schrieben, als Ihr Korrespondent kur) vor Ab
gang des Postdampfers die Bestätigung erhielt,
dast der gestern abends aus Gallipoli zurück
gekehrte Grostwefir sich auf Grund der Ergeb
nisse dieser Inspektion endgiltig für die Ein
haltung strikter Defensive auf der ganzen Linie
entschieden hat.
Soweit der Korrespondent.
Die Kriegslage auf Gallipoli, Ende
Februar.
Mir haben nun einige Mitteilungen von
Personen gehört, die hinter der Front standen
And nur aus den verschiedenen Anzeichen ihre
Schlüsse ziehen konnten. Von den Kämpfen an
der Front selbst kamen nur widersprechende
Meldungen,- man wustte nicht, wer eigentlich
im Vorteil war. Am 21. Februar charakterisierte
Imhoff Pascha die Kriegslage auf Gallipoli
folgendermasten:
Der Brennpunkt des Interesses ist augen
blicklich die Halbinsel Gallipoli. Leider sind
auch jetzt keine einwandfreien Rachrichten über
die letzten Ereignisse eingegangen, je nach der
Ouelle, aus der sie stammten, waren sie ver
schieden- Besonders charakteristisch sind Mel
dungen über den später widerrufenen Tod
Enver Beys und die Landung einer grösteren
Zahl griechischer Streitkräfte bei Aivali an der
kleinasiatischen Küste, östlich der Insel Mytilene,
die sich ebenfalls nicht bewahrheitete, tm ent
gegengesetzten Falle aber die Türken zu um
fassenden Gegenmastregeln in jener Gegend ver
anlassen mustten, Mastregeln, welche der türki
schen Gallipoliarmee manche Verstärkung ent
zogen haben würden.
Die Truppen Fachn Paschas stehen nach
wie vor in der Bulairstellung und haben kürz
lich ernste Kämpfe zu bestehen gehabt. Es must
im Interesse der bulgarischen Heeresleitung
liegen, hier einen baldigen endgiltigen Erfolg zu
erzielen, um nach Eroberung der Bulairlinie
und der Dardanellenforts der europäischen Seite
mit Hilfe der griechischen Flotte den beab
sichtigten Schlag gegen Stambul ausführen zu
können. Die in der Presse gemeldeten Kämpfe
scheinen darauf hinzuweisen, die berichtete Ein
nahme der Forts Rapoleon und Sultanijeh da
gegen beruht auf einem Irrtum der Bericht
erstattung. Jedenfalls ist bislang diese Rachricht
nicht bestätigt und auch unwahrscheinlich, da
diese Forts südwestlich von Bulair liegen und
dieses selbst noch in den Händen der Türken ist.
Die zum Schutze der Dardanellensperre
gegen Landungsunternehmungen vom Golf von
Saros her im Jahre 1854 während des Krim
krieges mit der Front nach Rorden von fran
zösischen und englischen Ingenieuren angelegten
Merke befinden sich etwa 3 J A> Kilometer süd
lich von Bulair und überspannen den Isthmus
in einer Breite von rund 4Vs bis 5 Kilometer.
Vor dem Kriege waren sie, exklusive Feld
geschütze, mit etwa 60 Geschützen meist schweren
Kalibers — darunter auch moderne Krupp-
geschütze — ausgerüstet.
Im Jahre >877/78 wurden sie durch pro
visorische Merke ungefähr einen Kilometer nörd
lich der erwähnten Linie verstärkt; es wurden
unter anderem etwa 10 Batteriestellungen ange
legt. Der Mall über den Isthmus war bislang
unarmiert und zerfallen. Hinter demselben liegen:
1. Das Fort Rapoleon oder Francis Tabia,
auch Iildiz-Tabia genannt, quadratisches Merk