Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Fortsetzung der Operationen auf dem östlichen Kriegsschauplatz. 
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Buschwerk, sogar die eichenen Eisenbahn 
schwellen haben die Bulgaren verbrannt oder 
mitgenommen! Und glücklich noch/ wen der 
sanfte Frosttod erreichte, im Vergleiche zu den 
entsetzlich verstümmelten Krüppeln, denen wir 
gestern in einem hiesigen Truppenspital die 
brandigen Gliedmasten, Zehen, Finger, Füste, 
Unterarme usw. nicht nur amputieren, sondern 
buchstäblich unter den Händen des Chirurgen 
abfallen sahen. Diese Opfer des Minterfeld- 
zuges sind nicht nur weit zahlreicher, sondern 
auch weit schwerer heilbar, als selbst die von 
Schrapnells und dem humanen Spitzgeschost ge 
troffenen Verwundeten. Die vorhandenen Beleg 
räume werden täglich enger, und die meisten 
Arzte und Pfleger der ausländischen Ambu 
lanzen des Roten Kreuzes sind zwar mit 
reichen, aber nicht allzu angenehmen Erfah 
rungen längst wieder in die Heimat zurück- 
gekehrt — in sicherer Erwartung des Friedens. 
Rur deutsche, österreichische und holländische 
Arzte kämpfen hier auster den Einheimischen 
gegen diese Fluten des meisten Todes. Drausten 
auf dem Schlachtfelde weht nur die Flagge des 
Roten Halbmondes Ägyptens und Indiens! 
Sie allein schienen dem Landfrieden zu mist 
trauen . . . 
Unterdessen wurden schier unerschöpfliche 
Reserven in den letzten Tagen wieder von 
panderma, Ismid, Stambul und Skutari, ja 
sogar von Tschataldscha über San Stefano 
mittels einer ganzen Flotte von fast 50 Trans 
portdampfern nach den Dardanellen geschafft. 
Freiwilligenbataillone zogen erst gestern wieder 
unter flatternden, mit Koransprüchen gestickten 
Fahnen durch Stambul und Galata. Man 
glaubt übrigens in den letzten Tagen beob 
achtet zu haben, dast die von Gallipoli zurück 
kommenden Transportdampfer nicht nur Ver 
wundete, sondern kampffähige Truppen zurück 
bringen, um die vielleicht allzustark geschwächten 
Tschataldschastellungen gegen eine mögliche neue 
bulgarische Offensive wieder auszufüllen. 
Rachschrift: Diese Zeilen waren bereits ge 
schrieben, als Ihr Korrespondent kur) vor Ab 
gang des Postdampfers die Bestätigung erhielt, 
dast der gestern abends aus Gallipoli zurück 
gekehrte Grostwefir sich auf Grund der Ergeb 
nisse dieser Inspektion endgiltig für die Ein 
haltung strikter Defensive auf der ganzen Linie 
entschieden hat. 
Soweit der Korrespondent. 
Die Kriegslage auf Gallipoli, Ende 
Februar. 
Mir haben nun einige Mitteilungen von 
Personen gehört, die hinter der Front standen 
And nur aus den verschiedenen Anzeichen ihre 
Schlüsse ziehen konnten. Von den Kämpfen an 
der Front selbst kamen nur widersprechende 
Meldungen,- man wustte nicht, wer eigentlich 
im Vorteil war. Am 21. Februar charakterisierte 
Imhoff Pascha die Kriegslage auf Gallipoli 
folgendermasten: 
Der Brennpunkt des Interesses ist augen 
blicklich die Halbinsel Gallipoli. Leider sind 
auch jetzt keine einwandfreien Rachrichten über 
die letzten Ereignisse eingegangen, je nach der 
Ouelle, aus der sie stammten, waren sie ver 
schieden- Besonders charakteristisch sind Mel 
dungen über den später widerrufenen Tod 
Enver Beys und die Landung einer grösteren 
Zahl griechischer Streitkräfte bei Aivali an der 
kleinasiatischen Küste, östlich der Insel Mytilene, 
die sich ebenfalls nicht bewahrheitete, tm ent 
gegengesetzten Falle aber die Türken zu um 
fassenden Gegenmastregeln in jener Gegend ver 
anlassen mustten, Mastregeln, welche der türki 
schen Gallipoliarmee manche Verstärkung ent 
zogen haben würden. 
Die Truppen Fachn Paschas stehen nach 
wie vor in der Bulairstellung und haben kürz 
lich ernste Kämpfe zu bestehen gehabt. Es must 
im Interesse der bulgarischen Heeresleitung 
liegen, hier einen baldigen endgiltigen Erfolg zu 
erzielen, um nach Eroberung der Bulairlinie 
und der Dardanellenforts der europäischen Seite 
mit Hilfe der griechischen Flotte den beab 
sichtigten Schlag gegen Stambul ausführen zu 
können. Die in der Presse gemeldeten Kämpfe 
scheinen darauf hinzuweisen, die berichtete Ein 
nahme der Forts Rapoleon und Sultanijeh da 
gegen beruht auf einem Irrtum der Bericht 
erstattung. Jedenfalls ist bislang diese Rachricht 
nicht bestätigt und auch unwahrscheinlich, da 
diese Forts südwestlich von Bulair liegen und 
dieses selbst noch in den Händen der Türken ist. 
Die zum Schutze der Dardanellensperre 
gegen Landungsunternehmungen vom Golf von 
Saros her im Jahre 1854 während des Krim 
krieges mit der Front nach Rorden von fran 
zösischen und englischen Ingenieuren angelegten 
Merke befinden sich etwa 3 J A> Kilometer süd 
lich von Bulair und überspannen den Isthmus 
in einer Breite von rund 4Vs bis 5 Kilometer. 
Vor dem Kriege waren sie, exklusive Feld 
geschütze, mit etwa 60 Geschützen meist schweren 
Kalibers — darunter auch moderne Krupp- 
geschütze — ausgerüstet. 
Im Jahre >877/78 wurden sie durch pro 
visorische Merke ungefähr einen Kilometer nörd 
lich der erwähnten Linie verstärkt; es wurden 
unter anderem etwa 10 Batteriestellungen ange 
legt. Der Mall über den Isthmus war bislang 
unarmiert und zerfallen. Hinter demselben liegen: 
1. Das Fort Rapoleon oder Francis Tabia, 
auch Iildiz-Tabia genannt, quadratisches Merk
	        
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