Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Der Haltung Rußlands. 
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werden wird. Bei gutem Millen wird sich, so 
sagt man, eine Beilegung der Schwierigkeiten 
schon erreichen lassen. 
Die Behandlung der Konsularaffäre von 
serbischer Seite ist auch in Frankreich als in 
korrekt betrachtet worden, und man weist, dast 
in Rustland der gleiche Eindruck vorherrschte. 
Dagegen ist man in Frankreich der Ansicht, 
dast das gemeinsame Vorgehen der Dreibund 
mächte in der serbischen Hafenfrage insoferne 
keine günstige Wirkung üben konnte, als auch 
die Ententemächte dadurch zu einer gemeinsamen 
Behandlung genötigt wurden, wobei den rus 
sischen Wünschen Rechnung getragen werden 
mustte. 
Das Vorrücken der Serben nach Durazzo 
betrachtet man vorläufig als eine militärische 
Operation, und eine Besetzung wird nicht als 
eine endgiltige Tatsache gelten. Die französische 
Regierung steht im übrigen 
auf dem Standpunkte, den 
auch Sir Edward Grey ein 
nimmt, dast Einzelfragen, also 
auch die Hafenfrage, nicht 
herausgegriffen werden sollten, 
sondern dast alle durch die 
Kriegsereignisse aufgeworfenen 
Probleme seinerzeit gleichzeitig 
zu ordnen wären. Eine Kon 
ferenz wird als nötig erachtet, 
da sich die vielen, zum Teil 
sehr komplizierten Angelegen 
heiten, wie beispielsweise die 
der ottomanischen Staatsschuld, 
anders nicht werden lösen 
lassen; man könnte vor der 
Konferenz über die wichtigsten 
Punkte in grosten Zügen ver 
handeln, aber nach französi 
scher Anschauung ist eine Konferenz unver 
meidlich. 
* . * 
* 
Die französische Presse und mit ihr die 
französische Regierung — oder war das Ver 
hältnis hier umgekehrt? — steuerten also auf 
eine Konferenz los, auf der natürlich Österreich- 
Ungarn majorisiert werden sollte. 
Reservierter verhielt sich die englische Re 
gierung. Premierminister Asquith erklärte am 
22. Rovember: 
Die Haltung unseres Landes und der 
Grostmächte in bezug auf den Krieg hat sich, 
so viel ich weist, in keiner Weise geändert. 
Wir sind bemüht, weiteres Bluwergiesten 
zwischen den Kämpfenden zu verhindern und 
noch mehr bemüht, das Feld eines möglichen 
Konfliktes zu begrenzen. Auf dieses Ziel arbeiten 
alle Mächte hin. 
Die Berliner Reise des Erzherzogs Franz 
Ferdinand. 
Im allgemeinen war die politische Situation 
in jenen Tagen austerordentlich kritisch, so 
kritisch, dast Österreich-Ungarn das Bedürfnis 
fühlte, sich mit seinen Verbündeten zu besprechen. 
In dieser Zeit war das Bundesverhältnis 
zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und 
Italien erneuert worden. Die Erneuerung er 
folgte ein Jahr vor Ablauf des Bundesverhält 
nisses; in der vorzeitigen Erneuerung lag bereits 
eine Demonstration. Den Mächten der Tripel 
entente sollte vor Augen geführt werden, dast 
das alte Bündnis noch frisch und lebenskräftig 
fortbesteht, dast die Dreibundmächte keineswegs 
daran denken, der Entente ein Übergewicht zu 
zugestehen. Aber man liest es an dieser unzwei 
deutigen Demonstration der Einigkeit nicht genug 
sein. Erzherzog Franz Ferdi 
nand, der österreichisch-unga 
rische Thronfolger, reiste noch 
vor der Veröffentlichung der 
Erneuerung des Bündnisses 
nach Berlin, um mit dem 
deutschen Kaiser die augen 
blickliche Situation zu be 
sprechen. Man ist sonst nicht 
geneigt, derartigen höfischen 
Besuchen politische Bedeutung 
beizumessen, aber in diesem 
Falle liest sich die politische 
Bedeutung der Berliner Reise 
des Erzherzog-Thronfolgers um 
so weniger verkennen, als gleich 
zeitig mit ihm auch der Chef 
des österreichisch - ungarischen 
Generalstabes, Feldmarschal- 
leutnant Schemua in Berlin 
war und längere Zeit mit dem Chef des preusti- 
schen Generalstabes, General der Infanterie 
v. Moltke, konferierte. 
Erzherzog Franz Ferdinand war aber nicht 
nur beim deutschen Kaiser zu Besuch, er hatte 
politische Besprechungen mit dem österreichisch 
ungarischen Botschafter, mit dem deutschen 
Reichskanzler und mit dem damaligen Staats 
sekretär des Auswärtigen Amtes, Herrn v. Ki- 
derlen-Waechter. llber die Erklärungen, welche 
der Erzherzog von den deutschen Staatsmännern 
erhielt, hat er sich sehr befriedigt geäustert. Was 
auf der Hofjagd von Springe zwischen Kaiser 
Wilhelm und dem Erzherzog Franz Ferdinand 
gesprochen wurde, ist selbstverständlich der Öffent 
lichkeit nicht bekannt geworden. Von deutscher 
Seite mast man dem Besuch des Erzherzogs 
groste Bedeutung bei. Die „Voffische Zeitung" 
schrieb: 
Der Besuch des Erzherzogs Franz Ferdinand 
Der bulgarische Delegierte Dr. Danew.
	        
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