Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Der Kriegsschauplatz im Lpirus. 
griechische Ostarmee unter der Lei- 
PKnj tung des Kronprinzen Konstantin 
-tTZ)// hatte ihre Aufgabe mit der unbluti- 
* - T *- * gen Einnahme von Saloniki erledigt. 
Die Westarmee unter General Iapundzakis war 
bis vor Jan in a vorgedrungen, vermochte aber 
die Belagerung der Stadt und der Festung 
Bisani, welche die Stadt beherrscht, erst nach 
drücklicher durchführen, als Unterstützung von der 
Ostarmee kam. Von einer völligen Umschließung 
der Stadt konnte aber noch zu Beginn des 
Monats Februar nicht die CHcbe sein; das be 
weist nachstehende Korrespondenz aus Janina: 
Wir haben es in jüngster Zeit oft erfahren, 
daß gewisse Landschaften und Städte der All 
gemeinheit erst durch Kriegsereignisse bekannt 
werden. Auch während des letzten Ringens am 
Balkan wurden fast jedermann Ortsnamen ge 
läufig, welche man sonst nie hörte. Zuletzt war 
es die Landschaft Epirus mit ihrer entlegenen 
Hauptstadt Janina. Durch den Umstand, daß 
sich die Hauptereignisse des Balkankrieges zu 
nächst anderswo abspielten, trat der vergessene 
Winkel Südalbaniens in den Hintergrund. Und 
gerade hier sollte sich nun die letzte Phase des 
unglücklichen Krieges Mischen der Türkei und 
Griechenland abspielen. 
Große Entscheidungen werden nicht fallen. 
Den Besten der osmanischen Westarmee ist so 
zusagen Gelegenheit geboten, ihre Waffenehre 
zu erhalten; die Griechen dagegen kämpfen um 
eine altklassische Stätte, um das epirotische Do- 
dona, den ältesten Sitz pelasgischen Ieuskultus 
mit seinem historisch berühmten Orakel. Außer 
dem war Janina zu Anfang des >9. Jahr 
hunderts der Mittelpunkt neugriechischer Geistes 
bildung. Mcht zuletzt aber sind es die Albanesen, 
welche mit großem Interesse dem Ausgange des 
Kampfes folgen. Sie haben eine geschichtlich 
begründete Anwartschaft auf die heißumstrittene 
Stadt, denn ihr letzter Fürst, Ali Pascha Tepe- 
leni thronte zu Janina und brachte diese Stadt 
um die Wende des 18. Jahrhunderts zu hoher 
Blüte, bis ihn 1822 Sultan Mahmud II. er 
morden ließ. 
Eigentlich war die Stadt nur unter dieser 
kurzen Glanzperiode zu Ramen gekommen, denn 
in byzantinischer Zeit war sie nur eine unbe- 
Balkankricg. II. 
deutende Provinzstadt, ebenso während des tür 
kischen Regimes. Weder Schienen noch gute 
Straßen verbinden sie heute mit der Küste und 
dennoch wäre Janina infolge seiner günstigen 
Lage schon länger dazu berufen, als bedeutend 
ster Ort Südalbaniens eine wichtigere Rolle zu 
spielen. 
Janina liegt in einem 40 Kilometer langen 
und durchschnittlich 10 Kilometer breiten frucht 
baren Talkessel, dessen nördlicher Teil durch den 
Kalamas bewässert wird, während sich die 
Adern der südlichen Gegenden in den abfluß 
losen See von Janina ergießen. Allseits ist 
diese ansehnliche Mulde von sanft geformten 
Kuppen umkränzt, über die von Osten her die 
schneebedeckten Kämme des sagenumwobenen 
pindos stolz herüberblicken. Eigentliche Wald- 
bestände fehlen in der nächsten Umgebung der 
Stadt; die Umrahmung am Rordufer des Sees 
trägt sogar ausgesprochenen Karstcharakter: fel 
sige Kuppeln, nur stellenweise mit dem typischen 
Karstbusch, dem Wacholder bewachsen, Roterde 
und im Öuellhorizont knapp über dem See 
spiegel einige Rieselquellen. 
Die Stadt selbst breitet sich am westlichen 
Seeufer aus. Eine felsige Halbinsel trägt die 
Ruinen des alten Schlosses und ist durch einen 
halbverschütteten Wassergraben vom Festlande 
getrennt. Janina hat orientalisches Gepräge. 
Ein lebhafter Basar macht das Stadtgetriebe 
dem Europäer interessant. Große Gebäude 
fehlen, ebenso bieten die verwahrlosten Überreste 
der Schloßbauten wenig Sehenswertes. An 
heimelnder sind die Bauten auf der nahen 
Felseninsel, die Ruinen der Sommerburg Ali 
Paschas und einige griechische Klöster. — Die 
Bewohner sind Griechen, mohammedanische Al 
banesen und Juden. Die Stadt mag 20.000 
Einwohner zählen. 
Als moderne Festung erlangte Janina durch 
die letzten Reubauten militärische Bedeutung, 
durch die Kriegsereignisse ist es auch in den 
Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. 
Die Hauptforts umspannen die Stadt in einem 
deutlich im Gelände ausgeprägten Bogen und 
sichern eine durchwegs 10 Kilometer breite 
Zone. Trotz der erbitterten Kämpfe, welche seit 
Anfang Dezember vorwiegend an der Süd- 
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