Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Vor dem Wiederausbruch des Krieges. 
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gung. Rumänien verlangt Silistria als Sicher 
stellung für seinen Besitz, als strategische Garan 
tie. Da gibt es andere Mittel, diesem berech 
tigten Interesse Rechnung zu tragen. Wir können 
uns, um Rumänien die Sicherheit seiner Landes 
grenzen zu geben, verpflichten, das) wir nicht 
blos) die Festung Silistria schleifen, sondern das) 
wir uns verpflichten, der ganzen Grenze entlang 
keine Befestigungen zu errichten. Ruch können 
wir den Rumänen den Vorteil bieten, aus 
Mangalia einen Kriegshafen zu schaffen, dessen 
es bedarf, Heute wäre dies nicht möglich, da 
Mangalia hart an unserer Grenze gelegen ist, 
aber es kann die Vereinbarung getroffen wer 
den, das) Rumänien Herr dieses Hafens wird, 
den es jetzt nicht verwenden kann. 
Wir wollen alles tun, die Freundschaft der 
Rumänen für die Zukunft zu erwerben, sie ist 
uns wertvoll, aber wir hoffen, das) auch Ru 
mänien Wert auf unsere Freundschaft legt. In 
der Frage der Kutzowalachen zeigen wir das 
größte Entgegenkommen gegenüber den nationalen 
Forderungen Rumäniens. Wir wollen den 
Kutzowalachen alle politischen und religiösen 
Freiheiten geben, volle Autonomie. Rumänien 
kann einen Bischof einsetzen, wir geben Ru 
mänien das Recht, kutzowalachische Schulen 
zu subventionieren und zu überwachen, auf die 
Kirchen Einfluß zu nehmen, kurz, es wäre ein 
Staat im Staate, den wir kreieren, um die 
Anforderungen Rumäniens auf nationalem und 
religiösem Gebiete zu befriedigen. 
Dr. Danew berührte sodann die Eventuali 
tät einer neuen Einwirkung der Mächte in 
Konstantinopel und meinte, man kann den 
Mächten schwer zumuten, den Schritt in Kon 
stantinopel zu wiederholen, über den sie sich vor 
zwei Wochen so schwer geeinigt haben. Diese 
Rote an die Pforte war eine sehr große Tat. 
Zum erstenmal seit der Einnahme Konstanti 
nopels durch die Türken hat das christliche 
Europa seine Solidarität bewährt. Diese Kund 
gebung muß genügen, eine Erneuerung des 
Versuches könnte die Wirkung dieser Kund 
gebung abschwächen. Aber eine Gewißheit 
haben wir: daß der eben wiederbeginnende 
Krieg sich nicht verallgemeinern wird, daß sich 
daraus keine Komplikationen ergeben, welche 
den Frieden Europas in Gefahr zu bringen 
vermöchten. Jetzt warten wir den Erfolg des 
Krieges ab. Wenn die Türken sofort und ohne 
Einschränkung unsere Friedensbedingungen an 
nehmen, werden wir jetzt Frieden schließen, 
wenn nicht, wollen wir bis ans Ende kämpfen 
und wir behalten uns vor, unsere Bedingungen 
zu erhöhen, sowohl in territorialer als in finan 
zieller Beziehung. Die neuen Opfer, die uns 
auferlegt werden, begründen auch die Ver 
größerung der in Anspruch zu nehmenden Ent 
schädigung. 
Wir werden auf einem Zugang zum Mar 
marameer bestehen, die geforderte Kriegsent 
schädigung muß erhöht werden und vor allem 
ist Bulgarien entschlossen, in keinem Falle mehr 
einen Waffenstillstand zuzugestehen. Rachdem 
wir bereits zwei kostbare Monate verloren 
haben, wollen wir nicht noch einmal den Waffen 
Schweigen gebieten. Was immer die Türkei 
uns anbieten mag, nur mit einem Friedens 
schluß, mit einem definitiven Frieden kann der 
Krieg enden. 
Dr. Danew sprach dann ausführlich über 
die Solidarität der Balkanstaaten und kam 
nochmals auf das Verhältnis zu Rumänien 
zurück. Er sagte: Wir haben vor Beginn des 
Krieges den Rumänen, ohne bestimmte Vor 
schläge zu machen, angedeutet, was wir ihnen 
bieten können, wenn sie zu uns halten wollen. 
Sie haben mit uns keine gemeinsame Sache 
gemacht. Jetzt bieten wir ihnen so viel als mög 
lich, aber Silistria können wir, wie schon be 
merkt, nicht abtreten. Wir haben 90 Prozent 
ländlicher Bevölkerung, bloß 10 Prozent Städter. 
Silistria verlangen, heißt uns ans Herz greifen. 
Wenn die Rumänen auch Silistria nicht be 
kommen, erhalten sie doch genug, um zufrieden 
sein zu können. Wir haben das Ziel, einen 
Balkanpatriotismus zu schaffen, von welchem 
künftighin Rumänien sich nicht ausschließen 
kann. In jedem der Balkanstaaten sollen alle 
Rationen sich zu Hause fühlen, da keinerlei 
Unterdrückung irgendeiner Ration oder Religion 
in einem der Balkanländer möglich sein soll. 
Soweit der bulgarische Politiker. Wenn man 
heute, nach Schluß des Krieges, diese Äuße 
rungen wieder liest und mit den Absichten Bul 
gariens das vergleicht, was sie in Wirklichkeit 
erreicht haben, muß man zu der Erkenntnis ge 
langen, daß Ländergier und Habsucht einen 
Staat nicht vorwärts zu bringen vermögen.
	        
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