Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Der Abbruch der Zriedensverhandlungen. 
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soeben mitgeteilt haben, dost sie infolge der 
Ereignisse in Konstantinopel zu ihrem großen 
Bedauern die Friedensverhandlungen als abge 
brochen ansehen müssen. 
In dem Augenblick, wo von unserem Millen 
unabhängige Umstände uns die schwere Maß 
nahme, die wir ergriffen haben, auferlegen, 
bitten wir Eure Exzellenz, bei Er. Majestät, 
dem König, der Dolmetsch unserer ehrerbietigsten 
Dankbarkeit zu sein, und wir drücken Eurer 
Ereilen) und der Regierung Er. britischen 
Majestät den aufrichtigen Dank unserer Regie 
rungen und unsere persönliche tiefe Dankbarkeit 
für die herzliche Gastfreundschaft aus, welche 
den Delegierten der verbündeten Staaten in 
der großen und schönen Hauptstadt des Ver 
einigten Königreiches zuteil geworden ist. Wir 
nehmen die Gelegenheit wahr, Eurer Ereilen) 
den Ausdruck unserer Hochachtung und der 
tiefen Verehrung zu wiederholen. 
Das war der Abbruch der Verhandlungen, 
der Auftakt zum Wiederausbruch des Krieges. 
Die türkische Antwort auf die Kollektiv 
note der Mächte. 
Zwei Tage nachdem die Balkandelegierten 
in London diesen folgenschweren Beschluß ge 
faßt hatten, wurde die türkische Antwortnote 
auf die Kollektivnote der Mächte den Bot 
schaftern in Konstantinopel überreicht. Sie hatte 
folgenden Wortlaut: 
Der unterzeichnete Minister des Äußern hat 
den Inhalt der Kollektivnote, welche die Bot 
schafter Österreich-Ungarns, Englands, Frank 
reichs, Rußlands, Deutschlands und Italiens 
am 17. d. M. seinem Amtsvorgänger zu über 
mitteln beliebten, zur Kenntnis genommen. Die 
ottomanische Regierung zögert nicht, anzuerkennen, 
daß der Abschluß des Friedens den Wünschen 
und Interessen der Allgemeinheit entspricht, und 
sie gibt sich Rechenschaft darüber, daß es ge 
boten ist, so schnell als möglich dem Kampfe 
ein Ende zu sehen, den sie keineswegs hervor 
gerufen hat. 
In ihrer Mitteilung haben es die Mächte 
für nötig erachtet, der Pforte den Rat zu er 
teilen, der Abtretung der Stadt Adrianopel an 
die verbündeten Balkanstaaten zuzustimmen und 
hinsichtlich der Agäischen Inseln den Mächten 
die Sorge zu überlassen, deren Schicksal zu be 
stimmen. 
Die kaiserliche Regierung ist überzeugt, 
daß die Mächte im Geiste der Gerechtigkeit 
und Billigkeit wohl geneigt sein werden, anzu- 
erkennen, wie groß die Opfer sind, die die 
Regierung zu bringen bereits zugestimmt hat, 
und zuzugeben, daß die Pforte im Rechte ist, 
wenn sie alle neuen Forderungen und Ansprüche 
zurückweist, die allenfalls von den Verbündeten 
erhoben werden können. 
Die Pforte nimmt mit wahrer Befriedigung 
Akt von den wohlwollenden Dispositionen der 
Mächte und ihren Versprechungen, der türkischen 
Regierung ihre moralische und materielle Unter 
stützung zu leihen, damit sie in die Lage ver 
seht wird, die Schäden des Krieges zu heilen 
und die natürlichen Quellen des Reiches für 
dieses nutzbar zu machen. 
Zu diesem Behufe ist es unerläßlich, daß 
die Mächte der Türkei jetzt schon das Recht 
zugestehen, in voller Freiheit einen autonomen 
Zolltarif einzuführen, ferner auf den Prinzipien 
des modernen Rechtes beruhende Handels 
verträge abzuschließen, endlich die fremden 
Staatsangehörigen den ottomanischen Steuer 
gesetzen zu unterstellen, denen die türkischen 
Untertanen unterworfen sind und sein werden, 
und daß die Mächte inzwischen einer vier- 
prozentigen Erhöhung der Zölle zustimmen. 
Was die Agäischen Inseln betrifft, gestattet 
sich die Regierung hervorzuheben, daß, während 
ein Teil derselben infolge der unmittelbaren 
Rachbarschaft der Dardanellen für die Ver 
teidigung der Hauptstadt unerläßlich ist, der 
Besitz der übrigen, einen integrierenden Bestand 
teil der asiatischen Besitzungen des Kaiserreiches 
bildenden Inseln nicht minder unerläßlich für 
die Sicherheit Kleinasiens ist. Jede Lösung, 
die dahin zielen würde, die Autorität der 
Regierung auf diesen Inseln zu verringern, 
würde das Ergebnis haben, sie in ebenso viele 
Agitationsherde zu verwandeln, deren Wirkung 
auf das benachbarte Festland übergreifen würde. 
Die Folge wäre die Schaffung eines Zustandes 
der Zerrüttung gleich demjenigen in Mazedonien, 
der die Ruhe Europas bedrohte und noch immer 
bedroht. 
Abgesehen von den bedauerlichen Wirkungen, 
welche eine derartige Lösung auf die öffentliche 
Meinung in der Türkei ausüben müßte, würde 
eine solche den Ansichten der Großmächte selbst 
zuwiderlaufen, denen die 'dauernde Herbei 
führung der Konsolidierung und des Gedeihens 
des Kaiserreiches am Herzen liegt. Infolgedessen 
könnte die Pforte zustimmen, daß die Mächte 
das Schicksal der von den verbündeten Balkan 
staaten besetzten Inseln festzustellen belieben, 
indem sie den vorstehenden Erwägungen Rech 
nung und dafür Sorge tragen, daß die Position 
der Dardanellen unberührt bleibe, was die 
Hohe Pforte als eine im höchsten Interesse 
Europas gelegene Angelegenheit betrachtet. 
Die kaiserliche Regierung glaubt hervor 
heben zu sollen, daß sie bereits unzweifelhafte 
Beweise ihrer versöhnlichen Haltung dadurch 
gegeben hat, daß sie unermeßlichen Opfern zu 
stimmte. Da Adrianopel eine Stadt ist, die
	        
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