Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Die militärischen Operationen während des Waffenstillstandes. 
177 
□□ 
Lalkankrieg. II. 
23 
durch das viele Weinen haben ihre Augen 
bereits allen Glanz verloren, tief traurig starren 
sie den Fremden an, und gierig langen sie nach 
dem Brote, das ihnen mildtätige Hände reichen. 
Ihre Kinder sehen verwahrlost aus, viele von 
ihnen sind erkrankt, viele schon ansteckenden 
Krankheiten, Lungenentzündungen erlegen. Man 
hat die Absicht, diese Leute nach der Provinz 
zurückzuschicken, sobald die Bahn wieder ver 
kehren wird, nach näher gelegenen Orten wurde 
auch ein Teil bereits wieder heimgeschickt, aber 
die meisten vetzichten auf die Heimkehr, denn 
welches Schicksal harrt ihrer? Dort, wo sie 
lebten, liegen die Ortschaften in Trümmern, 
oder Bulgaren oder Griechen haben sich längst 
ihres Anwesens bemächtigt, so wie vielleicht ihre 
Vorfahren einst von den Heimstätten der Christen 
Besitz ergriffen. Entsetzliche Furcht hält sie da 
von ab, heimzukehren, denn sie waren Zeugen 
schrecklicher Vorgänge. Was sich eigentlich in 
den makedonischen Ortschaften, besonders in den 
Gegenden von Osmanieh, Kotschana, Strum- 
niha, palanka, Melnik, Vewrokop, Demir 
Hissar usw. zugetragen hat, wird man erst 
später erfahren. 
Jedenfalls ist manches wahre Wort an den 
Ctzählungen dieser Flüchtlinge. Sie wünschen 
der Mehrzahl nach, nach Anatolien befördert 
zu werden, sie wollen von diesem Lande, in 
welchem nun die Christen die Geschicke lenken 
werden, nichts mehr wissen. Sie haben alles 
Vertrauen verloren und von den Versicherungen 
der Behörden von gleicher Behandlung aller 
Elemente auf Grund ein und desselben Gesetzes 
halten sie gar nichts. Man hat ihnen ihr Vieh 
gestohlen, hat ihnen genommen, was irgend 
einen Wert hatte. Viele wurden mißhandelt, 
und nun müssen sie sich mit dem Gedanken 
vertraut machen, das) ihre Existenz vernichtet 
ist, das) sie einer ganz unbestimmten Zukunft 
entgegengehen. Dieses Elend kann nur der er 
fassen, welcher es täglich vor Augen hat, möge 
es auf die zurückfallen, welche diesen Krieg 
entfesselten. In ganz besonderer Votlage be 
finden sich die seinerzeit hier eingewanderten 
Bosniaken, mit denen man aber am wenigsten 
Mitleid haben soll. Sie verließen ein Land, 
das ihnen Sicherheit und Auhe bot, um dem 
trügerischen Rufe der jungtürkischen Allerwelts 
beglücker zu folgen. Mancher von ihnen rauft 
sich jetzt Bart und Haar und schlägt sich ver 
zweiflungsvoll an die Brust, die Stunde ver 
dammend, wo sie den Entschluß faßten, hierher 
zu kommen. Groß ist auch die Vot unter den 
armen entwaffneten Soldaten. Sie haben böse 
Zeiten hinter sich und ihr gegenwärtiges Schick 
sal ist höchst bedauerlich. Die meisten von ihnen 
lagern in Zelten vor der Stadt und sind froh, 
trockenes Brot zu bekommen. Was sie noch an 
Geld bei sich haben, verwenden sie, um sich 
Tabak, Kaffee und Jucker zu kaufen. Ihre Er 
zählungen von den Kämpfen, denen sie beige 
wohnt, sind bezeichnend für die Kopflosigkeit 
bei den Führern und für die grenzenlose Un 
ordnung, die sich bei jedem Anlasse zeigte. Ein 
Vertrauen zwischen Soldaten und Offizieren 
herrschte in den seltensten Fällen. Oft sahen 
sich die Soldaten überhaupt von ihren Offizieren 
verlassen. 3 bis 4 Tage ohne Vahrung zu 
sein, war keine Seltenheit. Die Munition 
wurde oft vergeudet, dann mangelte es wieder 
daran. Alle Welt hofft nun aus den Friedens 
schluß. Wegen des Schicksals Salonikis ist 
man infolge der sonderbaren Haltung der Bul 
garen noch im unklaren. 
Man blieb es noch lange!
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.