Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Schleppender Gang der Zriedensverhandlungen. 
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?u bestimmen sind". Dies geschah aus Respekt 
für die Großmächte, um zu betonen, daß wir 
die Entscheidung ihrer Botschafter hochachten, 
welche die Autonomie Albaniens unter der 
Suzeränität des Sultans und unter der Garantie 
und Kontrolle der Mächte empfehlen. Wir 
wollen natürlich die Grenzen des neuen Staates 
selbst bestimmen, indem wir so viel als möglich 
den Wünschen der Mächte Rechnung tragen. 
Die Stimmung in Konstantinopel. 
Mit dem Verlust Albaniens, Makedoniens 
und eines Teiles von Thrakien hätte man sich 
in der Türkei am Ende nicht allzuschwer ab 
gefunden. Von Albanien und Makedonien hatte 
Nlbanesinnen. 
die Türkei in den letzten Jahrzehnten nichts als 
Unruhe gehabt. Daß aber die Verbündeten 
auch die Abtretung von Adrianopel forderten, 
der von Schükri Pascha so heldenhaft verteidigten 
Stadt, das machte die Forderungen der Balkan- 
staaten fast undiskutierbar. Einer Konstantinopeler 
Korrespondenz von Ende Dezember entnehmen 
wir folgendes: 
Auf der Londoner Konferenz handelt es sich 
in meritorischer Einsicht hauptsächlich um den 
Besitz von Adrianopel, und wenn die maß 
gebendsten Faktoren in der Türkei ohne Unter 
schied der Parteistellung hinsichtlich der Er 
haltung Adrianopels so einig und entschlossen 
bleiben, wie dies bisher der Fall ist, dann 
bleibt Bulgarien nichts anderes übrig, als in 
diesem Punkte nachzugeben oder sich auf die 
Fortsetzung des Krieges gefaßt zu machen. Die 
umfangreichen Truppensendungen aus Anatolien, 
die Anhäufung derselben auf der Halbinsel 
Gallipoli und nicht zuletzt die Inspektionsreise 
des Kriegsministers Razim Pascha nach Galli 
poli bilden deutliche Fingerzeige, daß es der 
Türkei mit der Fortsetzung des Krieges voll 
kommen ernst ist. Man darf annehmen, daß 
der Operationsplan dieses türkischen Heeres 
darauf hinausläuft, gegen die rückwärtigen Ver 
bindungen des bei Tfcherkejö gegenüber der 
Tfchataldschastellung verschanzten bulgarischen 
Heeres in der Richtung auf Rodosto und Lüle 
Burgas vorzugehen und es zum Rückzüge auf 
die alte Linie Adrianopel—Kirkkilisfe zu 
zwingen. Dies ist in Anbetracht der numerischen 
Überlegenheit und der 
größeren Sicherheit der 
türkischen Rachschub 
linien durchaus möglich 
und würde jedenfalls den 
Streit um Adrianopel 
und Dedeagatsch auf un 
zweideutige Weise ent 
scheiden. Diese Entschei 
dung müßte allerdings, 
falls die Londoner Ver 
handlungen scheitern soll 
ten, schon sehr bald er 
folgen, denn weder die 
Türkei noch ihr unmittel 
barster Gegner können 
eine Fortsetzung dieses 
Krieges auch nur für 
kürzere Dauer aushalten. 
Die Schwächen, ins 
besondere die physische 
Schwächung des bulga 
rischen Heeres ist be 
kannt; aber auch im 
türkischen Heere soll die 
vorhandene Munitions 
menge, insbesondere für Gewehre, zu der Masse 
und Kampffrische der angehäuften Truppen in 
keinem günstigen Verhältnisse stehen. Weitere 
nennenswerte Rachlieferungen von Munition 
sind mit Rücksicht auf die Finanzlage des 
Reiches und die noch größtenteils unbeglichenen 
Forderungen der Munitionsfabriken kaum zu 
erwarten. Aus dem Ertrage der inneren Anleihe 
wird man vor allem die fälligen Gehalte be 
zahlen müssen. Die Iivilbeamten werden sich 
dabei wohl mit der Auszahlung eines Gehalts 
viertels in Schatzscheinen begnügen; aber die 
Offiziersgehalte müssen trotz aller freiwilligen 
Abzüge voll ausbezahlt werden. Denn vom 
Geiste des Offizierskorps wird die nächste Zu 
kunft der Türkei ganz wesentlich abhängen. 
Jedenfalls würde auch ein derart verlängerter
	        
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