Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Vom maritimen Kriegsschauplatz. 
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türkischen Kiellinie konvergierenden Kurs ge 
laufen. Etwa um 9 Uhr 20 Minuten begann 
auch er )u feuern. Die Schußentfernung betrug 
7000 bis 8000 Meter. 
Die türkischen Schiffe hielten sich ziemlich 
dicht unter Land und änderten Kurs und For 
mation nicht oder nur wenig. Die Formation 
der griechischen Schiffe wurde dagegen ständig 
gewechselt. 
Um 9 Uhr 25 Minuten trennte sich „Averoff" 
von seinem Gros und dampfte mit vermehrter 
Fahrt seiner Linie voraus, um die feindliche 
Linie von vorn xu umfassen. Er konzentrierte 
sein Feuer auf „Haireddin Barbarossa". Kapitän 
Ginnes auf „Spetsai" übernahm nun die 
Führung der drei Schiffe der „Hydra"-Klasse. 
Die Schußentfernungen verringerten sich bis 
10 Uhr Mischen „Averoff" und „Barbarossa" 
auf 2800 Meter und Mischen der „Hydra"-Klasse 
und der türkischen Kiellinie auf etwa 4000 Meter. 
Die Schiffsgeschwindigkeit der Türken, an 
fangs 6 Knoten, betrug schließlich etwa 12 Knoten. 
Die Türken schossen )u Anfang besser als die 
Griechen. Im ganzen wurden 600 bis 800 Schuß 
auf jeder Seite abgefeuert. 
Auf 5000 Meter Entfernung traten bei den 
türkischen Schiffen auch die 10°5 Zentimeter- 
und 8*8 Zentimeter-Schiffskanonen in Tätig 
keit. Als die Entfernung Mischen den beiden 
gegnerischen Flaggschiffen 3200 Meter betrug, 
schoß „Averoff" einen Torpedo, der vor dem 
Bug des „Haireddin Barbarossa" vorbeilief. 
Eines der drei kleineren griechischen Schiffe 
xog sich gegen 10 Uhr nach Westen hin zurück. 
Anscheinend war an Bord ein Brand ausge 
brochen oder es hatte eine Explosion stattgefunden. 
Auf türkischer Seite konnte „Messudijeh" seine 
Position nicht mehr halten und sackte achter 
aus. 
Die Schwenkung der Türken um 16 Strich 
nach dem Dardanelleneingang zu erfolgte kur) 
nach 10 Uhr. Ihr Rückmarsch ging nach großer 
Fahrt und in unregelmäßiger Formation vor 
sich. Die Griechen gaben das Gefecht auf und 
entfernten sich nacheinander nach Südwest zu. 
„Averoff" feuerte auf griechischer Seite den 
letzten Schuß um 10 Uhr 15 Minuten, während 
die türkischen Schiffe noch eine Viertelstunde 
länger feuerten. 
Das Gefecht, an welchem sich angeblich 
auch einige Küstenforts beteiligt hatten, hatte im 
ganzen etwa eine Stunde gedauert. 
Den Umfang der in dem Gefecht erlittenen 
Beschädigungen haben bisher die Griechen mit 
mehr Erfolg als die Türken geheimhalten können. 
Zustatten kam den Griechen dabei, daß keines 
ihrer Schiffe derartig beschädigt war, daß es 
einen Reparaturhafen hätte aufsuchen müssen. 
Die Beschädigungen und Verluste der tür 
kischen Schiffe scheinen außerdem erheblich größer, 
also auffälliger gewesen zu sein, als die ihrer 
Gegner. Englische, deutsche und griechische Vach 
richten hierüber besagen folgendes: 
Auf „Haireddin Barbarossa" hatte eine 
19 Zentimeter-Granate eine ungepanzerte Stelle 
nahe dem Heck eineinhalb Meter über der 
Wasserlinie durchschlagen. Sie explodierte im 
Schiff und hat dort beträchtlichen Schaden an 
gerichtet, unter anderem 5 Mann der hier sta 
tionierten Feuerwache getötet und weitere 4 Mann 
verwundet. Ein anderer Treffer zerstörte die 
Artilleriefeuer-Kontrollstelle im Vortopp. Ein 
schwerer Turm wurde außer Gefecht gesetzt, 
die Kommandobrücke wurde zum Teil zerstört 
und ein Kohlenbunker in Brand gesetzt. Außer 
dem erlitten mehrere Kessel Havarie. Von der 
Besatzung dieses Schiffes wurden 5 oder 
8 Mann getötet und 21 oder 40 Mann 
verwundet. Jm gangen hatten die türkischen 
Schiffe 58 Tote und Verwundete. Durch Augen 
zeugen wurde festgestellt, daß das Lazarettschiff, 
das die türkischen Schiffe bis zur Dardanellen 
einfahrt begleitet hatte, sogleich nach Rückkehr 
des Geschwaders bei jedem der 4 Schlacht 
schiffe anlegte, um dessen Verwundete überzu- 
nehmen. 
Daß „Haireddin Barbarossa" nicht mehr 
voll gefechtsfähig war, geht daraus hervor, 
daß der stellvertretende Geschwaderchef sich in 
der gweiten Hälfte des Dezembers auf „Torgut 
Reis" einschiffte, und daß „Haireddin Bar 
barossa" bis Mitte Januar seinen Ankerplatz 
bei Chanak nicht mehr verließ. 
Auch „Torgut Reis" und „Messudijeh" er 
hielten mehrere Treffer, die indes nur geringe 
Beschädigungen verursucht zu haben scheinen. 
Von den griechischen Schiffen erhielten 
„Averoff" mindestens 4 und „Spetsai" mindestens 
3 Treffer. Auf „Averoff" beschädigten sie den 
Bug, die Gegend beim vorderen Schornstein 
und das Oberdeck. 
Für das bisher untätig gewesene türkische 
Geschwader war das Gefecht ein hoher mo 
ralischer Gewinn, wenn es auch keinen prak 
tischen Erfolg gehabt hatte. Das Ansehen des 
türkischen Geschwaders nach innen und außen, 
sowie das Selbstgefühl seiner Besatzung waren 
gestiegen. Auf einen dem Sultan vom Führer 
der Torpedoboote, Kapitän Raouf, mündlich 
erstatteten Gefechtsbericht hin wurde dem Flagg 
schiff eine historische Gefechtsflagge verliehen. 
An den maritim-strategischen Verhältnissen 
hatte das Gefecht nichts geändert. Die Griechen 
behielten nach wie vor die volle Seeherrschaft 
im Agäischen Meere bis an den Feuerbereich 
der Dardanellenforts heran.
	        
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