Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Der Krieg während der Zriedensverhandlungen. 
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Gastwirt )wei Tage und Rächte ohne Rührung greiflich ist, daß die einmal geweckte Sehnsucht 
mit allerlei schmutzigem Gesindel im Polyei- der intelligenten Volksschichten nach europäi- 
gefängsnis verbringen, ehe ihn sein Konsulat be- schen freieren Lebensformen auch durch die 
freien konnte. In den dreißig Jahren seines größten Fehler der jungtürkischen Staatsmänner 
Aufenthaltes in der Türkei ist ihm nie etwas nicht ausgerottet werden kann und durch das 
ähnliches passiert, aber heute ist er nur einer Unglück des Vaterlandes, das eben nur von 
unter den vielen, welche die allmähliche Mieder- Rückständigkeit und Indolen) verschuldet wurde, 
kehr absolutistischer Willkür am eigenen Leibe eher noch heftiger wird. Man lächle nicht, wenn 
spüren können. Begreiflich, daß einige noch halb- ich auch die neueste Mintermode eleganter Tür 
wegs liberal gesinnte Blätter befürchten, auch kinnen, die bisher strengstens verpönte Jacke, 
dieses „Provisorium" des Belagerungszustandes die seit einigen Tagen bei den Strenggläubigen 
Türkische Verschalungen aus der Halbinsel Gallipoli. 
könnte sich )u einem Definitivum einleben, und 
deshalb vorsichtig fragen, ob die Regierung denn 
nicht an die Miedereinberufung des Parlaments 
und Ausschreibung der Reuwahlen denke — 
selbstverständlich nicht sofort, sondern wenn es 
die Umstände gestatten. Aber diese Umstände 
gestatten es eben noch nicht, und mit gutem 
Grunde. ... 
Man muß ja nicht alles glauben, was eine 
aufgeregte Volksphantasie schon wieder von einer 
baldigen siegreichen Rückkehr der vertriebenen 
(sungtürken und einem schonungslosen Straf 
gericht gegen ihre Verfolger munkelt. Aber be- 
Balkankrieg. II. 
großes Ärgernis erregt, als eine )war naive, 
aber doch deutliche Stimmungsäußerung aus 
dem türkischen Mittelstand heranziehe. Der 
Mittelstand will nicht in dumpfer orientalischer 
Resignation untergehen. Diese Schichten glauben 
an den Frieden — und Europa mit ihnen — 
weil sie ihn wollen, weil sie ahnen, daß er 
das eigentliche Lebenselement tüchtiger aufstre 
bender Raffen ist; ebenso wahr ist aber leider, 
daß sie nach wie vor eine verschwindende Minder 
heit darstellen, gegenüber jenen Türken, die 
durch die Riederlagen in ihrer Überzeugung nur 
noch bestärkt wurden, daß die ganze europäische 
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