Volltext: Neue Wiener Localfresken

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wurde. Eines Tages bekommt unser Zögling mit einem 
seiner Collegen vor der Werkstatte eines Schmiedes Streit; 
Herr v. F. zum Gähzorn geneigt, entreißt seinem Gegner 
das Andachtsbuch und schleudert es an des Schmiedes 
Fenster, daß eine der runden Scheiben in Trümmer geht. 
Der Lieutenant nimmt den Fall ad notam, macht aber 
für den Augenblick kein Aufheben. 
Des andern Tages bey der Tafelparade tritt Graf 
Kinsky auf den Zögling zu, mustert ihn mit durchboh¬ 
rendem Blicke, und fragt ihn mit donnerndem Wort: 
„Bursche *), was hast Du gethan?" Der kleine Delin¬ 
quent bringt Anfangs keine Sylbe hervor; endlich aber 
gesteht er. Worauf Kinsky: 7,Bursche, Erstens hast Du 
eine arge Ungebühr begangen, dann hast Du Schaden zu¬ 
gefügt. Was hast Du verdient?" „Strafe" entgegnet der 
Zögling kleinlaut. „Richtig", sagt Kinsky, „für die Un¬ 
gebühr Deines verdammten Hitzkopss erhältst Du 12 tüch¬ 
tige Ruthenstreiche; sorgen Sie dafür, Herr Lieutenant! 
Dann wird Dir von Kost und Wein so lange abgezogen, 
bis die Schuld für das Fenster des Schmiedes bezahlt ist." 
Nach diesen Worten gab Kinsky dem Zögling einen Wink; 
der trat aus der Reihe und die Erecution ging sogleich 
vor sich. 
Etwa 14 Tage verstrichen, da war auch die Schuld 
getilgt, und der Zögling wird zur Gemahlinn des Gra¬ 
fen beschieden. Die empfängt ihn ernst aber mild, ladet 
*) Diese Benennung der Zöglinge war so des energischen, dabey 
aber edelmüthigen Commandanten Gewohnheit.
	        
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