Volltext: Die Psychoanalyse [538/540]

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anderen Schale. Aber ein Ventil wäre gefunden worden, das 
nicht alle bürgerlichen Werte zerstört hätte. Heute ist es zu 
spät und die Explosion ist nicht mehr aufzuhalten. 
Zwischen diesen beiden Grenzfällen: dem Unbewußten mit 
seinen Träumen als Heinzelmännchen und dem Unbewußten 
mit seinen Träumen als schürende Flamme liegt der Mittelweg 
des Lebens. Wünsche und Ueberlegungen, die wir noch nicht 
oder nicht mehr zu denken wagen, werden in die dunkle Höhle 
gestoßen. Entstellt kommen sie wieder zum Bewußtsein; ent— 
stellt und unvernünftig wird vielfach unser Handeln. So manche 
Unbegreiflichkeit des Alltags wird nur auf einem Umweg über 
das unbewußte Seelenleben verständlich. Es dürfte schwierig 
sein, allgemeine Grenzen zu ziehen, wann man den Weg hinab 
zu den, Müttern“ betreten und wann man darauf verzichten soll. 
Noch ein hübsches Traumbeispiel: 
Der Direktor eines Schweizer Hotels, Herr Siegfried V., 
wird allgemein Fritz L. genannt, so daß der eigentliche Vor— 
name in Vergessenheit geraten ist. Er verlobt sich mit einem 
Mädchen aus Reichenberg in Nordböhmen, das den Namen 
Fritz reizend findet. Zum Ueberfluß erzählt sie gelegentlich von 
einem Siegfried und fügt hinzu, daß sie diesen abscheulichen 
Namien nicht ausstehen könne. 
Unter solchen Umständen wagt der Herr Direktor nicht 
die Enthüllung seines wirklichen Taufnamens. Auf dem 
Standesamt muß es aber an die Sonne kommen, und wie wird 
er dann vor der Braut bestehen? 
Ann diesent Abend kann er nicht einschlafen. Er greift nach 
einem Buch und erwischt durch Zufall (2) die Feldzüge Fried⸗ 
richs des Großen, Einfall in Böhmen, Schlacht bei Lobosttz. 
Endlich schläft er ein und träumt: 
„In der Halle des Hotels. Die Tür geht auf, und herein 
tritt Friedrich der Große mit Krückstock und großen, rollenden 
Augen. Alles läuft davon, und auch der Träumer sieht nur 
von weitem zu.“ 
Hiezu noch eine Tagesanknüpfung: Die Königin von S. 
war kürzlich im Hotel gewesen und wurde ungeschickt emp⸗ 
fangen. Man wußte, daß irgendeine Etikette vorgeschrieben sei. 
Da aber niemand diese Etikette kannte, ———— 
davon, und die Majestät blieb allein in der Halle stehen.
	        
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