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III. Kapitel.
berechtigt saßen sie neben den Unternehmervertretern. Bald hatten
sie die Führung. Sie setzten ein Arbeitsprogramm durch, das nach
dem Umsturz die Grundlage für viele Maßnahmen der Regierung,,
der provisorischen Nationalversammlung der Republik und beson¬
ders des Staatssekretärs für soziale Fürsorge Ferdinand Hanusch
wurde, aber auch viele neue Aufgaben der Gewerkschaften für
den Wirtschaftsaufbau bezeichnete:
„Zur Weiterbeschäftigung der Arbeiter in den bisherigen
Betrieben sind geeignete Vorkehrungen in folgenden Punkten erforder¬
lich: 1. Maßnahmen zur Sicherung der Ernährung der Arbeiter in
den Fabrikbetrieben; 2. Beschaffung von Rohmaterial für die Her¬
stellung von Friedensartikeln: a) durch Freigabe der bei Annullierung
der Heereslieferungen freiwerdenden Rohmaterialien und Halbfabrikate,
b) Errichtung einer Austauschstelle der durch Sistierung der Heeresauf¬
träge freigewordenen Rohmaterialien, c) sofortige Zuteilung der durch
die Sachdemobilisierung der Heeresgüter zur Verfügung
stehenden Roh- und Hilfsstoffe sowie Hilfsmaschinen und Transport¬
mittel; 3. geeignete Einflußnahme auf den Zeitpunkt und die Reihenfolge
der Einstellung der Kriegsproduktion in den einzelnen Industriezweigen.
Gewährung staatlicher Unterstützung für Arbeitslosigkeit,
insoweit den Arbeitern nicht Arbeit beschafft werden kann.
Abschaffung des kriegswirtschaftlichen Arbeits¬
zwanges und Errichtung von Einigungsämtern in Lohnfragen
an Stelle der bei Endigung des Kriegsleistungsverhältnisses außer Kraft
tretenden Beschwerdekommissionen.
Erteilung von Aufträgen für den öffentlichen Friedensbedarf.
Errichtung paritätischer Arbeitsnachweise durch Her¬
anziehung der bestehenden Arbeitsvermittlungsstellen, durch Schaffung
von Betriebskommissionen in den großen militärischen und industriellen
Betrieben, durch Schaffung von Ortskommissionen in Orten, in denen
sich eine Reihe von kleineren Kriegsbetrieben befinden; Zusammen¬
fassung aller dieser Arbeitsnachweise in eine Zentralorganisa¬
tion (industrielle Abrüstungsstelle), die berufen sein wird, den Ver¬
kehr mit den Arbeitsnachweisen der anderen nationalen Gebiete zu
pflegen zur Vorkehrung kostenloser Beförderung der in der
Kriegsindustrie beschäftigungslos gewordenen Arbeiter an andere Be¬
triebsstätten oder in ihre Heimatsorte.
Gewährung einer staatlichen Unterstützung in Form
einer Abfertigung an die rücktransportierten Arbeiter für die Dauer der
Reise und ersten Aufenthaltszeit.
Staatliche Notstandsarbeiten und Erteilung von Aufträgen
für öffentlichen Bedarf.“
Schon Anfang November, als die Sozialdemokratie die Füh¬
rung im Staat ergriffen hatte, setzte das große Werk der sozial¬
politischen Gesetzgebung und der Verordnungen des Staatssekre¬
tärs Ferdinand Hanusch ein, der ein wahrer Gewerkschafts¬