Volltext: Im Weltkrieg und in der Nachkriegszeit (II. Band / 1929)

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VII. Kapitel. 
Aufträge des Internationalen Qewerkschaftsbundes vorgenommenen 
Arbeitszeiterhebung 1930 13'8 Prozent der österreichischen Arbeiter 
Kurzarbeiter. 1931 sind es weit mehr. Die Akkorde ver¬ 
schlechtern sich, Kollektivvertragsverhandlungen werden erschwert, 
die Unternehmer bemühen sich, Verschlechterungen und Lohn¬ 
senkungen durchzubringen. Die Gewerkschaften leisten meist er¬ 
folgreich Abwehr, können aber doch nicht immer Lohn¬ 
senkungen vermeiden. So kommt es 1931 ausgehend von einer 
siebenprozentigen Lohnsenkung in der Elektroindustrie zu Lohn¬ 
senkungen in einer Reihe von Industrien. Gehaltskürzungen bei den 
öffentlichen Angestellten und Arbeitern, bei den Pensionisten und 
zahlreichen Privatangestellten, schärfere Besteuerung der Lohnein¬ 
kommen, Sinken der Lebenshaltung und Kaufkraft der Arbeiterschaft 
weit über das Ausmaß kleiner Preissenkungen hinaus tragen immer 
weiter zur Verschärfung der Krise bei. 
Das Österreichische Konjunkturforschungsinstitut berechnet die 
prozentuale Veränderung des Index der Lohnsumme für Wien in 
den ersten elf Monaten der angegebenen Jahre folgendermaßen: 
von 1927 auf 1928 + 11*8 Prozent 
„ 1928 auf 1929 + 4*6 
„ 1929 auf 1930 — 3 
„ 1930 auf 1931 9*5 
Daß dabei die durchschnittliche Entlohnung der jeweils in Wien be¬ 
schäftigten Arbeiter und Angestellten 1931 nur um weniges hinter den 
vorangegangenen Jahren zurückbleibt, ist zweifellos ein Verdienst 
unzähliger zäher, gewerkschaftlicher Kleinkämpfe. 
Denn auf Kleinkämpfe sind die Gewerkschaften in der Lohn¬ 
politik dieser Jahre beschränkt. Zu den äußersten gewerkschaftlichen 
Kampfmitteln kann nur selten gegriffen werden, nur dann, wenn 
wirklich ein ernster Angriff auf die Lebenshaltung oder Rechte der 
Arbeiterschaft nicht anders abgewehrt werden kann. Streiks 
und Aussperrungen werden seltener: 
Jahr Streiks Betriebe Beschäftigte Aussperr. Betriebe Beschäftigte 
1929 .... 201 534 23.769 24 64 6647 
1930 .... 80 166 5.728 5 50 1003 
Von 85 Arbeitskonflikten des Jahres 1930 — ein Drittel der Fälle 
des Jahres 1929 — sind also 80 Streiks und 5 Aussperrungen. Von 
den 80 Streiks entfallen 21 auf das Baugewerbe und 20 auf die 
Metallindustrie. Die Hälfte der Streiks entfällt auf Wien. Nur 5728 
Beschäftigte wurden von den Streiks erfaßt — im Großkampfjahr 
der Gewerkschaften 1924 waren es 265.667 gewesen! Nur 8*8 Pro¬
	        
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