Volltext: Im Weltkrieg und in der Nachkriegszeit (II. Band / 1929)

Inflationszeit. 
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IV. Kapitel. 
Inflationszeit. 
1. Konjunktur des „Ausverkaufs“. 
Not und wirtschaftliche Abhängigkeit vom kapitalistischen Aus¬ 
land, politischer Druck durch die konservativen Bauern im Inland 
und noch mehr durch das reaktionäre Kapital vom Ausland her, hiel¬ 
ten die soziale Revolution in Österreich auf und förderten das 
Wiedererstarken der Bourgeoisie. 
Aber während überall in der Welt, mit Ausnahme Rußlands, in 
den Jahren 1920 und 1921 das Kapital wieder seine uneingeschränkte 
Herrschaft über die Arbeiter aufrichtete, konnte in Österreich die 
geschlossene Front des Proletariats, die Kampfeinigkeit der Sozial¬ 
demokratie und der freien Gewerkschaften, das Klassengleich¬ 
gewicht noch zwei Jahre aufrechterhalten und aus der Oppositions¬ 
stellung gegen die bürgerliche Parlamentsmehrheit und die rein 
bürgerliche Regierung manches durchsetzen und alles Errungene 
behaupten. 
Die politische Klassenkampffront war im Vormarsch stark auf¬ 
gehalten. Aber die gewerkschaftliche marschierte in heftigen Ge¬ 
fechten weiter, begünstigt durch die einsetzende Inflationskonjunk¬ 
tur seit Mitte 1920. 
Durch zwei Ereignisse wurde der industrielle Aufschwung ins 
Leben gerufen: Durch das Sinken der österreichischen Krone, wo¬ 
durch Österreich das billigste Land der Welt wurde, und durch die 
beginnende Absatzkrise in den Hochvalutaländern, so daß Öster¬ 
reich alles bekam, was es brauchte. 
Im Frühjahr 1919 hatte in der ganzen Welt eine Hochkonjunktur 
eingesetzt, hervorgerufen durch den Warenhunger der Nachkriegs¬ 
zeit. Österreich nahm daran nicht teil: Es hatte keine Rohstoffe und 
keine Kohle. Aber schon im Frühjahr 1920 setzte wieder die Krise 
von Amerika her ein und erreichte im Sommer die neutralen und 
die Siegerländer Europas. Nun wurden neue Absatzgebiete gesucht, 
und Österreich erhielt Rohstoffe und Kohle. 
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