Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

VI. 
Die Fürsorge für Hinterbliebene. 
So notwendig auch eine reichliche Geldversorgung der 
Witwen und Waisen ist — so gilt hier vielleicht doch noch mehr 
als bei den Invaliden, daß es mit Geld allein nicht getan ist. 
Ich will hier den deutschen Sozialpolitiker Professor F rancke 
zitieren: „Aber Geld, selbst wenn davon noch viel mehr ge 
spendet werden könnte, als dies der Fall ist (in Deutsch 
land! D. V.) ist doch nur die erste Vorbedingung der Wiederauf 
richtung und lebensvollen Erstarkung der Hunderttausende von 
Armen und Leidtragenden, die der Tod des Familienhauptes' der 
sozialen Fürsorge überwiesen hat.“ „Es gilt,“ wie das erste Flug 
blatt des deutschen „Arbeitsausschusses der Kriegerwitwen- und 
Waisenfürsorge“, dessen Schriften im folgenden weitgehende Be 
rücksichtigung finden, ausführt, „die Kriegswitwen und -waisen vor 
Not und Niedergang zu schützen, ihnen den Weg zu wirtschaft 
licher und seelischer Selbständigkeit zu bahnen, Renten und Geld 
spenden allein ermöglichen dies nicht. E r s!t in Verb in 
dung mit sozialer Fürsorge können jene ihren 
Zweök erfüllen. Soziale Fürsorge muß Renten und Geld 
spenden zu guten Anlagen in Menschenwerten machen.“ 
Da ist natürlich zuerst die Frage aufzuwerfen: Brauchen 
denn die Witwen den Rat und die Unterstützung 
Fremder? Finden sie nicht unter ihren Angehörigen den Rat 
und die Unterstützung, die sie brauchen, falls sie überhaupt solcher 
bedürftig sind? 
Zweifellos gibt es eine Anzahl tüchtiger Frauen, die im 
stande sind, selbständig ihr Geschick und da,s ihrer Kinder za 
zimmern. Auch finden wir gerade in der Unbemittelten Bevölke 
rung das Bestreben, sich gegenseitig zu helfen. Aber in der Um 
gebung der hilfsbedürftigen Witwe wird sich insbesondere jetzt, 
wo der größte Teil der Männer im Felde steht, und nach Kriegs 
schluß, wo die Verhältnisse zunächst unklar und verworren sein 
werden, nur selten jemand finden, der den nötigen Ueberblick 
über die wirtschaftlichen Verhältnisse und Möglichkeiten hat, um 
als sachverständiger Berater zu dienen. Daß aber eine sehr große 
Anzahl der Kriegswitwen nicht imstande ist, ohne fremden Rat 
und fremde Hilfe alus den Trümmern ihrer Existenz neue wirt 
schaftliche Existenzmöglichkeiten für sich und ihre Kinder zu 
schaffen, geht schon aus dem Vorleben und dem Alter vieler 
der Verwitweten hervor. Daten über die Gesamtheit der Kriegs 
witwein selbst inUr an 'einem einzelnen Orte fehlen, aber über die 
unter Fürsorge stehenden Witwen sind alus mehreren Städten 
Angaben vorhanden. 
In Frankfurt a, M., dessen Fürsorgestelle bei Erstattung 
des Berichtes (April 1916) 2100 Familien Unter ihrer Obhut hatte, 
waren von diesen Witwen 30% v'or der Ehe überhaupt nicht
	        
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