Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

IV. 
Die Invalidenfürsorge in Oesterreich. 
Wir haben bis jetzt ganz im allgemeinen über Invaliden 
fürsorge gesprochen; wir wollen nun betrachten, wie die Inva 
lidenfürsorge j;n Oesterreich durchgeführt wird, dabei aber keines 
wegs tauf alle Einzelheiten eingehen, sondern nur das uns! wichtig 
Erscheinende her vor heb en. 
Mit der Nachbehandlung Unfallverletzter war 
es vor dem: Kriege in Oesterreich besonders! schlecht bestellt 
Das ArbeiterunfaliVersicherungsgesetz gibt keinen Raum für Nach 
behandlung, gewährt den Unfallversicherungsanstalten keinen Ein 
fluß 'auf diese. Trotzdem hat die Grazer Unfallversicherungs- 
anstalt vor Kriegsbeginn einen Versuch mit der Errichtung einer 
eigenen Anstalt für Nachbehandlung Verunfallter machen wollen; 
die Anstalt wurde unmittelbar vor Kriegsbeginn fertig und dient 
nun der Nachbehandlung Kriegsverletzter. Die Unfallsstationen 
der Wiener Kliniken legen heiweitem größeren Wert auf die Be 
handlung als auf die Nachbehandlung Verletzter. Eine 
Kinderkrüppelfürsorge haben wir nur in den ersten Anfängen. 
Es war also etwas für Oesterreich Neues, für Oesterreich' 
neue Einrichtungen, an deren Schaffung geschritten werden mußte, 
nachdem die kaiserliche Verordnung vom 29. August 1915, „be 
treffend die ärztliche Nachbehandlung und praktische Schulung 
der kranken oder verwundeten Militärpersonen“ die Regierung 
ermächtigt hatte, die notwendigen Verfügungen zu treffen, damit 
im gegenwärtigen Kriege Verwundete oder in ihrer Gesundheit 
Geschädigte, die „durch eine entsprechende Heilbehandlung oder 
Schulung die bürgerliche Erwerbsfähigkeit ganz oder zum Teil 
wieder erlangen können, einer geeigneten Heilbehandlung unter 
zogen und durch praktische Schulung ihrem früheren oder einem 
anderen Erwerb wieder zugeführt werden“. 
Die auf der erwähnten kaiserlichen Verordnung fußende 
Verordnung des Ministeriums des Innern vom 6. September 1915 
bestimmte, daß Kriegsverletzte einer solchen Nachbehandlung 
unterzogen werden sollen in Anstalten der Militärverwaltung, der 
Oesterreichischen Gesellschaft vom „Roten Kreuz“, in öffent 
lichen öder vom Staate beigestellten Anstalten und ferner in 
Anstalten, deren Verwendung für diese Zwecke vom Minister des 
Innern im Einverständnis mit dem Kriegsminister und dem Mi 
nister für Landesverteidigung genehmigt wird. 
Die Kosten der Anstaltsbehandlung trägt die Heeresverwal 
tung ünd leistet aus gemeinsamen Mitteln eine Vergütung von 
4 K (für den Kopf Und Tag für Verletzte, 5 K für Erkrankte. Schon 
vor 'dem erwähnten Erlaß wurden von der Heeresverwaltung, von 
den Zivilbehörden und privaten Vereinigungen derartige Anstalten 
geschaffen; von den von der Heeresverwaltung eingerichteten
	        
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