Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

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von Arbeitervertretern den Verletzten eine Berücksichtigung ihrer 
Interessen verbürgt. 
Wer soll aber nun überhaupt die Schätzung 
der E i nb üße la n. Erwerb s-, b e z i e h u n g s w e i s e Berufs 
fähigkeit bei den Kriegs verletzten vornehmen? 
Nach geltendem Gesetz wird über den Anspruch auf Militärver 
sorgung überhaupt, dann über die Art derselben auf Grund des 
Befundes 'und Antrages der Superarbitrierungskommission, even 
tuell nach Prüfung durch eine weitere Kommission, von den 
Militärterritorialkommanden entschieden. Es $ind also aus Militär 
ärzten, Offizieren Und Militärbeamten zusammengesetzte Kom 
missionen, denen die unmittelbare Beurteilung jedes Falles zu 
steht; ihnen trägt der Erlaß des Kriegsministeriums vom 22. Ja 
nuar 1915 auf, die Schätzung des Grades der Erwerbsfähigkeit 
von nun an in Prozenten vorzunehmen. 
In der Arbeiterunfallversicherung ist es der Vorstand der 
Arbeiterunfallversicherungsanstalten, der über die Höhe der Rente 
entscheidet. Fast überall tut er dies auf Grund des Gutachtens 
und der Schätzung eines Arztes, der den Grad der Erwerbsein 
buße in Prozenten angibt. Die österreichischen Arbeiterunfall- 
Versicherungsanstalten und auch ein großer Teil der entsprechenden 
deutschen Anstalten der „Berufsgenoslsenschaften“ legen größten 
Wert darauf, daß in der Begutachtung erfahrene ’Aerzte diese 
Schätzungen vornehmen; soweit dies nicht der Fall, lassen die 
Anstalten die ärztlichen Gutachten von erfahrenen Aerzten über 
prüfen und schließlich findet noch eine Ueberprüfung der Gut 
achten durch mitten im Wirtschaftsleben stehende Personen, die 
Vorstandsmitglieder der Anstalten statt. In der höheren Instanz,, 
dem Schiedsgericht, liegt die Entscheidung abermals 1 bei Arbeit 
gebern und Arbeitnehmern unter der Mitwirkung ärztlicher Sach 
verständiger. 
Die Zahl der in Begutachtung erfahrenen und geübten Aerzte 
ist aber gerade in Oesterreich sehr gering, die große Masse der 
Aerzte brachte bisher all diesen Fragen kein Interesse entgegen. 
Wenn nun plötzlich eine große Anzahl von Aerzten in der Begut 
achtung tätig sein muß, so sind falsche und ungleichmäßige Be 
urteilungen nicht zu vermeiden. Es wäre deshalb einerseits not 
wendig, daß wenigstens — wie es ja heute schon zum Teil 
geschieht — die Begutachtung komplizierter Fälle möglichst zen 
tralisiert, nur einer möglichst geringen Zahl von in den klini 
schen Untersuchungsmethoden und in Begutachtung möglichst er 
fahrenen Aerzten übertragen werde und daß anderseits idurch 
Belehrung der begutachtenden Aerzte — deren Zahl ja immer 
bei weitem größer sein wird als die der vorhandenen g e- 
schulten Begutachter — in Kursen und durc'h ent 
sprechende Weisungen (wie 'die preußische oben erwähnte 
„Anleitung für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit nach Pro 
zenten der Erwerbsbeeinträchtigung“) für möglichst gerechte Be 
urteilung gesorgt werde. Die Aufgaben, die die Begutachtung stellt, 
sind aber — ganz abgesehen von den rein medizinischen Schwie 
rigkeiten — keineswegs leichte, sie erfordern eine Kenntnis wirt 
schaftlicher Verhältnisse, der Verhältnisse des 1 Arbeitsmarktes; 
insbesondere aber die Beurteilung der B e r u f s'Unfähigkeit ver
	        
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