Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

9 
auf dem Weltmarkt, um als Militärmacht seine Rolle zu wählen, 
wenn nicht hier im Hinterland durch die Sorge für die Kinder, 
die Sorge für die iKranken alles geschieht, um für möglichst 
raschen Nachwuchs, für möglichste Erhaltung aller vorhandenen 
Menschenkräfte zu sorgen. Während so an den Grenzen 
Menschenopfer ohne Zahl fallen, steigt im Hinterland der Wert 
des Menschenlebens' für die Zukunft. Die Erkenntnis, daß alles, 
was nur möglich ist, geschehen muß, um die gewaltigen Men 
schenverluste zu ersetzen, macht hier 'Kräfte frei zur Entwick 
lung der bisher allzu sehr vernachlässigten sozialen Fürsorge. 
Die Aufgaben aber, die durch den Krieg selbst der 
sozialen Fürsorge gestellt werden, sind ganz gewaltige. 
Wir wollen versuchen, einen zahlenmäßigen Begriff von der Größe 
der gestellten Aufgaben zu gewinnen, müssen aber von vorn 
herein betonen, daß alle heute erhältlichen Zahlen Ungenau sind; 
der Fehler, der unseren Zahlen anhaftet, mag bis zu 20% nach 
der einen oder anderen Richtung betragen, aber ein ganz unge 
fähres Bild von der Größe der zu bewältigenden Aufgaben geben 
sie uns doch. 
Prof. Tandler hat bis Ende März 1916 für Oesterreich 
den Verlust an Toten mit 300.000 Mann berechnet, bald dar 
nach gab ein englisches Blatt die österreichischen Verluste mit 
360.000 Mann an. Zu weit höheren Zahlen kommt auf Grund 
von ganz vagen Berechnungen das „Bulletin der Studiengesell 
schaft für soziale Folgen dOsi [Krieges“. Eine Berechnung von 
A. Thiele gibt auf Grund der deutschen Verlustliste bis« Juni 
1916 die Verluste der deutschen Armee an Toten mit 763.790 
Mann an. Gleiche Größe der Armeen im Verhältnis zur Volks 
zahl und gleiche Größe der Verluste vorausgesetzt, ergeben für 
Oesterreich bis Ende Juni 1916 den Verlust von 281.000 Mann, 
das wäre (dieselbe Verlustgröße für das zweite Halbjahr 1916 
gerechnet wie für die vorhergehenden Zeiten — trotz 1 der großen 
Kriegsereignisse, die in dieses zweite Halbjahr fallen) bis 1 Ende 
1916 ein Verlust von 350.000 Mann, während nach der Berech 
nung Tandlers (unter der gleichen Voraussetzung) bis! Ende 
1916 430.000 Mann 'zu errechnen Wären. Wir wollen den fol 
genden Betrachtungein die geringste der erhaltenen Zahlen: 
350.000 Mann, zugrunde legen. 
Benützen wir zur Berechnung der Zahl der Witwen und Waisen 
die aus den Volkszählungsergebnisisen 1910 sich ergebenden Ver 
hältniswahlen mit aller gebotenen Vorsicht, so kommen wir zu 
einer Zahl von 180.000 iKriegswitwen, 450.000 Kriegswaisen,*) 
von denen ungefähr 7000 Vollwaisen. Haftet diesen Berechnungen 
schon viel Unsicherheit an, so ist noch schwieriger Und unsicherer 
die Schätzung der Invaliden: Von den Teilnehmern im Kriege 
1870/71 wurden in Deutschland bis zUm Jahre 1884 .... 69.895 
Mann als kriegsinvalid anerkannt. Nehmen wir — was natürlich 
ganz willkürlich — an, daß die Zahl der Invaliden zur Zahl 
*) Statthaitereirat Prinz E. v. Liechtenstein meinte schon im Sep 
tember 1915, daß, wenn man nach einem so blutigen Krieg die Zahl 
der Kriegswaisen auf 200.000 annehme, diese Schätzung unter der Wirk 
lichkeit geblieben sein dürfte.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.