Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

selbst und für die Privatkrankenpflege zur Verfügung gestellt; 
eine Hebung des ganzen Berufes als solchen gelang nicht. 
Die Verordnung des Ministeriums des Innern vom 25. Juni 
1914 betreffend die berufsmäßige Krankenpflege sucht eine solche 
Reform des K r a n k e n p f 1 e g e r i n n e n w e s e n s anzu 
bahnen, indem sie Krankenpflegeschulen schafft und eine staat 
liche Prüfung für Krankenpflegerinnen. Sie setzt die Aufnahms 
bedingungen für Schülerinnen in den Krankenpflegeschulen, die 
Organisation dieser Schulen, den Lehrplan fest. .Verlangt wird 
neben den sonst üblichen Bedingungen zur Aufnahme in alle 
Schulen: Vollendetes 18. Lebensjahr, erfolgreiche Absolvierung 
einer Bürgerschule oder eine entsprechende Allgemeinbildung. 
Die Ausbildung umfaßt, ein „Lehrjahr“ und ein „Probejahr“. 
Nach Absolvierung des Probejahres werden diejenigen, die den 
oben bereits genannten Bedingungen entsprechen und „die zur 
berufsmäßigen Krankenpflegerin sonst erforderliche besondere 
Verläßlichkeit und Vertrauenswürdigkeit besitzen“, zur Diplom 
prüfung zugelassen. Den diplomierten Krankenpflegerinnen, in 
erster Linie jenen, die sich verpflichten, im Kriegsfälle dem mili 
tärischen Sanitätsdienst zur Verfügung zu stehen, dann aber auch 
allen anderen wird der Vorrang gesichert vor anderen nicht 
diplomierten bei der Anstellung im Bereich der staatlichen Sani 
tätspflege und in allen künftig zur Errichtung gelangenden 
Kranken- und Fürsorgeanstalten überhaupt. 
Diese Bestimmungen waren kaum in Kraft getreten, der 
Unterricht in der ersten errichteten Schule hatte kaum einige 
Monate gedauert, als der Krieg ausbrach. Die ersten Diplom 
prüfungen fanden am 1. Juli 1915 statt. Es sind nur ganz wenige, 
die bisher diese Prüfungen abgelegt haben; es dürften in ganz 
Oesterreich kaum einige Hundert sein, und es hätte sehr wohl 
Jahrzehnte gedauert, ehe die Zahl der diplomierten Pflegerinnen 
eine so große geworden, daß sie gegenüber der Masse der Berufs 
zugehörigen in Betracht kommen und tatsächlich zur Hebung des 
ganzen Berufes hätte beitragen können. 
Da kam der Krieg mit seinem ungeheuren Bedarf an Kranken 
pflegepersonen. Es muß als ein Glücksfall bezeichnet werden,. daß- 
es dem Ministerium des Innern gelang, durch Vertrag mit der Be 
rufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands eine große 
Anzahl tüchtiger, gut ausgebildeter Krankenpflegerinnen für die 
Verwendung in österreichischen Spitälern sicherzustellen. Aber 
dem Krankenpflegeberuf strömte nun während des Krieges eine 
ganz gewaltige Anzahl von Frauen und Mädchen aller Kategorien 
zu. Eine Schar von Frauen und Mädchen aus „besseren Kreisen“ 
erbot siph freiwillig und unentgeltlich zur Krankenpflege, darunter 
manche tüchtige, die die übernommene Aufgabe ernst nahm, eine 
sehr große Schar anderer; von den letzteren verließ im Laufe des 
Krieges ein großer Teil wieder den Pflegedienst, noch viele aber 
treiben in den verschiedensten Spitälern ihr Wesen. Auch von den 
Tüchtigen und Ernsten hat ein Teil den Pflegeberuf auf gegeben; 
sie mußten zurück zu ihren anderen Berufspflichten,, mögen sie in 
der . aushaltung oder im Studium gelegen gewesen sein. Har 
vielen von ihnen gestatteten ihre Vermögensverhältnisse nicht; in 
der ZU- furchtbarer Teuerung unentgeltlich Dienst zu tun —^ sie 
traten : n die Reihe besoldeter Pflegerinnen über. Diese letztere
	        
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