Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18.
71
Front, vor allem aber gegen die Flügel des russischen
Heeres gerichteten Angriffe brachten um die Mitte Dezem
ber die feindlichen Massen ins Wanken; zuerst in West
galizien, dann im südlichen und nördlichen Polen gingen
sie auf der ganzen Linie in östlicher Richtung zurück. Am
17. Dezember veröffentlichte unsere Heeresleitung folgende
Meldung:
„Die von den Russen angekündigte Offensive gegen
Schlesien und Polen ist völlig zusammengebrochen. Die
feindlichen Armeen sind in ganz Polen nach hartnäckigen,
erbitterten Frontalkämpfen zum Rückzug gezwungen worden.
Der Feind wird überall verfolgt. Bei den gestrigen und
vorgestrigen Kämpfen in Nordpolen brachte die Tapferkeit
der westpreußischen und hessischen Regimenter die Ent
scheidung. Die Früchte dieser Entscheidung lassen sich zur
zeit noch nicht übersehen."
Diese Nachricht rief in allen deutschen Gauen, wie auch
bei unseren Verbündeten in Österreich-Ungarn und der
Türkei großen Jubel hervor. Konnte doch die schon seit
Monaten mit so hochtönenden Worten angekündigte russische
Offensive großen Stils, die das ganze östliche Deutschland
überfluten sollte, als völlig niedergeworfen gelten. Ost
preußen, Westpreußen, Posen und Schlesien hatten für
absehbare Zeit keinen russischen Einfall mehr zu befürchten.
In Konstantinopel jubelte „Tanin", das führende Komitee
blatt, über den neuen deutschen Sieg in Polen, durch den
der Krieg-schon halb gewonnen sei. Die Folgen des Sieges
werden sich, sagte das Blatt, auch im Orient fühlbar
machen; Rumänien und Griechenland werden den Ge
danken an Unterstützung des Dreiverbandes aufgeben müssen.
Nach Berichten, die in Konstantinopel eingetroffen sind,
haben sich die Beziehungen zwischen Bulgarien und Ru
mänien in den letzten Tagen erheblich gebessert, während
gleichzeitig Zwistigkeiten zwischen Griechenland und Ru
mänien entstanden sind, weil Griechenland nichts tut, um
zu einer Verständigung mit Bulgarien zu gelangen und
auf der Besetzung des neuserbischen Gebiets von Monastir
besteht. ^Fortsetzung solgt.1
Illustrierte Kriegsberichte
Die kühne Tat des österreichisch-ungarischen
„U 12".
(Hierzu die Bilder Seite 70 und 71.)
Die österreichisch-ungarische Kriegsflotte, an deren Spitze
seit geraumer Zeit der Admiral Anton Haus steht, ist ver
hältnismäßig klein, aber von außerordentlich hoher Leistungs
fähigkeit und von bestem seemännischem und kriegerischem
Geiste geleitet und erfüllt. Hierfür hat sie am 21. De
zember wieder einen neuen, wahrhaft glänzenden Beweis
erbracht. An diesem Tage kreuzte das unter dem Kom
mando des Linienschiffsleutnants Egon Lerch stehende Unter
seeboot 12 bei steifem Südost und schwerer See in der
Straße von Otranto, die zwischen den Jonischen Inseln
und der äußersten südöstlichen Landspitze Italiens den Ein
gang zur Adria vom Mittelmeer her bildet. Trotz dichtem
Regen sichtete das Boot vormittags neun Uhr ungefähr
20 Meilen nordwestlich der Insel Saseno ein großes Krieg
schiffgeschwader, das sich in nordwestlichem Kurse in dop
pelter Kiellinie rasch näherte. Bei der Ungunst der Witte
rung und der Kürze der Zeit konnte nur schnell noch die
Zahl der Einheiten — es waren deren 16 — und der Typ
des führenden Flaggschiffes „Courbet" festgestellt werden.
Schon nach wenigen Minuten tauchte „1t 12" unter, an
Angriff des österreichisch-ungarischen Unterseeboots „U 12“ auf die französische Hochseeflotte in der Straße von Otranto.
Nach einer Originalzeichnung von Harry Heutzer.