Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
Leitungen aus gesicherten Ständen Zündung einzelner Mi 
nen oder von Gruppen solcher. 
Viel Arbeit erfordern die sogenannten Wolfsgruben 
(Abb. Seite 55 oben), die auch in diesein Kriege, be 
sonders auf französischer Seite, ausgiebig zur Verwendung 
komrnen. Man bezeichnet mit diesem Ausdruck konische 
Löcher von etwa 2 Meter oberem Durchmesser, 70 bis 
90 Zentimeter Sohlenbreite und 1,3—1,8 Meter Tiefe,- 
die Sohle ist mit spitzen Pfählen ausgelegt. Man ordnet 
solche Löcher in mehreren Reihen schachbrettartig hinter 
einander an, und jener Soldat, der vor kurzem in einem 
Feldpostbrief schrieb: „Wer in diese Löcher hineingerät, be 
findet nicht mehr heraus" dürfte vollkommen recht haben. 
Auf dem mandschurischen Kriegschauplatz fanden diese Wolfs 
versteckt. Die Wohnungen und Scheunen waren leer. 
Bereits standen einige Gehöfte, durch französische Granaten 
entzündet, in Flammen. Häuserwände, Dachziegel stürzten 
auf die durchstürmenden Truppen und auf vereinzelte 
flüchtende feindliche Infanteristen. Immer weiter ging die 
wilde Jagd, an einem Wäldchen westlich der Straße 
Evres—Pretz vorbei, in das mit ohrenbetäubendem Lärm 
die Granaten einschlugen. Der Dorfausgang wurde nun 
auch unter Eranatfeuer genommen. Furchtbar war es 
anzusehen, wie einige Musketiere sich nicht mehr vor den 
überall einschlagenden Geschossen zu helfen wußten und 
hilflos im brodelnden Herenkessel der ringsum aufspritzenden 
Granateinschläge untergingen. 
Schon hört das gegnerische Artilleriefeuer auf, und die 
Phot. A. Grohs, Berlin. 
Von fünfhundert deutschen Pionieren in fünf Tagen hergestellte Brücke über das ganze Überschwemmungsgebiet an der dHr. 
gruben seinerzeit ebenfalls Anwendung, und sie stellten das 
wirksamste russische Hindernis dar. 
Die Schlacht bei Sommaisne. 
Von Paul Otto Ebe. 
(Hierzu die Wegeskizze Seite 66 und das Bild Seite 57.) 
An jedem Schlachttag des gewaltigen Ringens bei 
Sommaisne empfanden wir aufs neue: so hatte die Erde 
noch nie gedröhnt, so war der tiefblaue Sommerhimmel 
noch nie von weißen Schrapnellwölkchen bevölkert gewesen, 
so unerschöpflich hatten uns noch nie Granaten umpfiffen, 
und so viel Schwabenblut hatte der französische Boden noch 
nie getrunken. Mit berechtigtem Stolz werden einmal 
unsere heimkehrenden Truppen von dem einen tiefsten 
kriegerischen Erlebnis betonen: „Ich war bei der Schlacht 
von Sommaisne in vorderster Linie." — 
Am 6. September hatte die Schlacht mit dem Gefecht 
von Evres begonnen. Schon vom frühen Morgen an 
lagen wir im Feuer der leichten französischen Artillerie, 
das uns anfangs keinen Schaden zufügte, da die Spreng- 
punkte zu hoch lagen, um uns wirksam bestreuen zu können. 
Allmählich stellten sich auch Granaten ein, die heulend in 
den ausgetrockneten Boden fuhren, um sich krachend zu 
entladen. 
In lichten Schützenlinien gingen wir vor über die Höhen 
in Richtung auf das im Tal liegende Dörfchen Evres, das 
im Frieden 247 Einwohner zählen soll; jetzt lagen aber 
nur einige wenige alte Weiblein und Greise in den Kellern 
französische Infanterie zieht sich aus den Schützengräben 
unter vielen Verlusten fluchtartig zurück, schon wähnen wir 
uns am Ende eines gewonnenen Gefechts und sammeln 
unsere Schützenlinien möglichst gedeckt zu Kompanie- und 
Bataillonsverbänden — da nimmt die geschlossene Artillerie 
des Gegners aus einer anderen Stellung ihr Feuer wieder 
auf, um unser Nachdringen zu vereiteln. In jede Gelände- 
falte pfeifen ihre Geschosse. Donnernd wüten sie haupt 
sächlich in dem von uns stark besetzten größeren Waldstück 
dicht östlich der Straße Pretz—Evres. Wir müssen den 
Waldrand räumen. Auf engen Pfaden geht es weiter ins 
Innere des Waldes. Jetzt freuen wir uns über die fran 
zösischen Granaten, die sich als Munitionsverschwendung 
über die unbemerkt verlassenen Waldstrecken sowie über 
die von uns klüglich gemiedene Straße ergießen. Die Bäume 
zu beiden Seiten des Weges splittern oder stürzen mit 
schwerem Fall zu Boden. Armdicke Aste fliegen wie Kinder 
spielzeug meterweit und bedecken die Straßen. 
Endlich läßt das Feuer nach. Nur vereinzelte Schrap 
nelle pfeifen noch wie schwere Regentropfen nach einem 
Gewitter über uns weg. Es gibt keinen Zweifel mehr: 
der Gegner hat seine Stellung geräumt, ist uns ge 
wichen. 
In Schützenlinie geht es hinunter in den tief eingeschnit 
tenen Ruisseau la Presle. Fünfzig bis sechzig Franzosen — 
auch einige schwerverwundete Offiziere darunter — waschen 
sich hier ihre blutenden Wunden im klaren Wasser des 
Baches. Dazwischen knien unsere Musketiere unbeküm 
mert und schlürfen vorgebeugt in durstigen Zügen das lang 
entbehrte Naß. Preußische und württembergische Regimenter
	        
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