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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
hindern, daß die Nachricht so bald bekannt werde. Die
Wassertiefe beträgt an der Stelle, wo das Unglück sich er
eignete, 162 Fuß, so daß das Wrack der Schiffahrt nicht
gefährlich werden kann."
Bald erhielten wir wieder neue Nachrichten von der
Tätigkeit unserer Unterseeboote. Es war am 23. November
vier Uhr nachmittags. Das Meer war ruhig und das Wetter
etwas dunstig, als der Kapitän des der Cunardlinie ge
hörigen Dampfers „Malachite" (2000 Tonnen), der aus
Liverpool nach Le Havre bestimmt war, in einer Entfer
nung von vier Meilen von der Küste in ganz geringem
Abstand von seinem Schiffe plötzlich ein Unterseeboot
vor sich auftauchen sah. Auf seinem Deck erschienen
sogleich Matrosen, die die deutsche Kriegsflagge hißten.
Der Kommandant des Bootes rief dem englischen Kapitän
zu, er müsse das Schiff in den Grund schießen, man möge
sich beeilen, es zu verlassen, er gebe ihm hierzu zehn
Minuten Zeit. Dem Kapitän blieb nichts übrig, als zu
gehorchen. Als die Besatzung gerade dabei war, aus
Leibeskräften in ihren Schaluppen dem Hafen von Le
Höhe des Kap Antifer, worauf es in nördlicher Richtung
verschwand.
Eine für England gewiß unangenehme, für Deutschland
aber um so erfreulichere Mitteilung sah sich der englische
Marineminister Churchill genötigt in der Unterhaussitzung
vom 26. November zu machen. Er teilte mit, daß das
Linienschiff „Bulwark" am 25. November morgens bei
Sheerneß in die Luft geflogen sei. Uber 700 Mann
der Besatzung seien umgekommen und nur 14 Mann
gerettet worden. Diese erklärten sich überzeugt, daß die
Ursache eine „innere Erplosion des Magazins" gewesen
sei, da keine Erschütterung des Wassers erfolgte. Das
Schiff sank in drei Minuten und war verschwunden, als
sich die dichten Rauchwolken verzogen hatten. Der Unter
gang des „Bulwark" bedeutete für die englische Flotte
einen sehr schweren Verlust. Das Schiff stammt aus dem
Jahre 1899, hatte 15 240 Tonnen Wasserverdrängung,
18—19 Meilen Geschwindigkeit, vier 80-om-Geschütze und
zwölf 15-oin-Eeschütze, 750 Mann Besatzung.
Auch hier geht die öffentliche Meinung nicht nur in
Havre zuzurudern, konnte sie sehen, wie das Unterseeboot
den „Malachite" in Brand schoß, hierauf untertauchte und
verschwand. Abends neun Uhr erreichte der Kapitän mit
seinen Leuten den Hafen von Le Havre und erstattete so
fort Bericht an die Behörden, die aus den vernommenen
Kanonenschüssen schon ihre Schlüsse gezogen hatten. Wegen
des Vorhandenseins eines brennenden Schiffes wurde so
fort die Sperrung des Hafens für alle abgehenden Schiffe
verfügt. Bis Mitternacht brannte der Dampfer „Malachite"
immer noch. — Dasselbe Unterseeboot, das diesen Dampfer
in den Grund bohrte, zog wieder zu neuen Taten aus, und
am 26. November beschoß es den englischen Dampfer
„Primo" auf der Höhe von Kap Antifer. Die Bemannung
wurde gerettet. Kap Antifer liegt 24 Kilometer nördlich
von Le Havre. Gleich nach dem Untergang des „Malachite"
waren zwei Flottillen französischer Torpedojäger und
Torpedoboote ausgeschickt worden. Diesen gelang es am
25. November, das deutsche Unterseeboot zu entdecken.
Sie machten sogleich Jagd auf das Fahrzeug, das, sobald
es sich verfolgt sah, untertauchte. Nachdem es dann am
anderen Tage, dem 26. November, wie eben erwähnt, den
englischen Dampfer „Primo" in Grund geschossen hatte,
erschien das Boot am 28. November von neuem auf der
Deutschland und England» sondern in der ganzen Welt
dahin, daß die von Churchill angegebene „innere Erplosion"
des Schiffes ein Märchen sei und es sich auch hier um ein
Meisterstück eines deutschen Unterseebootes handle. Ver
schiedene Fachartikel weisen nach, daß diese „innere Ex
plosion" zu den unglücklichsten Ausreden gehöre, die
Churchill hätte gebrauchen können. Es glaubt auch kein
Mensch in England daran, und die Aufregung der eng
lischen Bevölkerung über die Vernichtung zweier so großer
Kampfschiffe, wie „Audacious" und „Bulwark", sowie über
die Tätigkeit der deutschen Unterseeboote im Ärmelkanal
stieg mit jedem Tage.
Überhaupt tauchten gegen Ende November zahlreiche
Meldungen auf über bedeutende Schiffsverluste der Eng
länder, wobei aber nicht nur Handelschiffe, sondern auch
die größten Kampfschiffe der britischen Flotte in Frage
kamen. So meldete das „Hamburger Fremdenblatt", daß
die englischen Dreadnoughts „Benbow" und „Collingwood"
vernichtet seien. Ferner wurde den „Münchner Neuesten
Nachrichten" aus Amsterdam gemeldet, daß nach italienischen
Blätternder australische Dreadnought „Australia" schon zu Be
ginn des Krieges gesunken sei. Weiter erfuhr man, daß zwei
englische Kreuzer inder Humbermündung untergegangen, daß