Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
furter Landwehrinfanterie wurde in den aufreibenden 
Waldgefechten schwer mitgenommen. 
Gegen Mittag halten wir bei den Stellungen einiger 
deutscher Batterien der schweren Artillerie und empfangen 
unsere Befehle. Der Kampf ist voll im Gang. Feindliche 
Schrapnelle schlagen vorne in ein bis zwei Kilometer Ent 
fernung ein. Unsere Geschütze — Batterien der Feldartillerie, 
Haubitzbatterien und eine schwere Batterie langer 10-em- 
Kanonen — speien unaufhörlich ihr Feuer über einen breiten 
Höhenrücken hinweg, an dessen Fuß sie eingebaut sind. Aber 
der Erfolg war gering bisher. Der Feind kennt sein eigenes 
Land gut und hat für seine Batterien zwei Stellungen, 
die wegen des gebirgigen Geländes von den Artillerie 
beobachtern nicht genau aufzufinden und kaum mit Erfolg 
zu beschießen sind; die eine Stellung in einem undurch 
dringlichen Bergwald nach Süden zu, die andere im Süd 
westen hinter einem Höhenzug, mit Beton sicher im Felsen 
eingelassen. Die besten französischen Schützen, Alpenjäger, 
sichern zudem noch die Stellungen nach vorn. 
Unser Fesselballon, ein Drachenballon des Systems 
Parseval-Siegsfeld, bekommt seinen Aufstiegplatz an 
gewiesen und steht eine Stunde später mit dem Beobachter 
in der Luft. Er hat zunächst die Aufgabe, die feindlichen 
Batteriestellungen zu erkunden, sodann das Einschietzen 
der eigenen Batterien auf das Ziel zu beobachten und zu 
unterstützen, schließlich auch die Bewegung feindlicher 
und eigener Truppen zu überwachen. Die Leitung des 
Einschietzens einer Batterie auf das vorgenommene Ziel 
ist eine Aufgabe, die bei einigermaßen klarem und wind 
schwachem Wetter mit keinem Luftfahrzeug so gut gelöst 
werden kann wie mit dem Fesselballon, da er länger dauernde 
Beobachtungen von derselben Stelle aus möglich macht 
und mit Hilfe direkter Telephonverbindung eine schnelle 
Korrektur der einzelnen Schüsse zuläßt. Vom Aufstiegplatz 
ist nämlich zum Ballon hinauf wie zur nächsten Batterie 
Telephonverbindung hergestellt, die eine augenblickliche 
Verständigung des Ballonbeobachters mit dem Batterie 
führer gestattet (s. auch die Bilder Band l Seite 206 u. 207). 
Der Feind beginnt sofort, nachdem der Ballon in der 
Luft sichtbar geworden ist, mit Schrapnellen nach ihm zu 
schießen, zielt zwar in der Richtung gut, trifft aber zu kurz. 
Der Ballon und der Aufstiegplatz sind also nicht besonders 
gefährdet. Dagegen schla 
gen die Schrapnellkugeln 
ganz in der Nähe unserer 
schwerenBatterie ein, hin 
ter der wir 1000 Meter 
entfernt aufgestellt sind. 
Der Aufstiegplatz muß da 
her mehrmals gewechselt 
werden. Nachdem der ge 
füllte Ballon unter einer 
Telegraphen- und einer 
Hochspannungsleitung 
durchgezogen worden ist, 
haben wir schließlich am 
folgenden Tage zwei Kilo 
meter seitlich hinter der 
schweren Batterie einen 
Ort mit hinreichender Ee- 
ländeübersicht und ohne 
Einspruch des Batterie- 
führers erreicht. 
Es gilt zunächst die 
Bekämpfung der Wald 
batterien. Durch Vorer 
kundung ist die ungefähre 
Lage einer Batterie fest 
gestellt worden. Die Luft 
ist sichtig und die Beleuch 
tunggünstig. Der Ballon- 
beobachter findet aus 
400 Meter Höhe mit Gelb 
scheibe und Prismenglas 
leicht die vom Erdboden 
aus nicht sichtbare Höhe 
697 in acht Kilometer Ent 
fernung und bemerkt, wie 
am Waldrand auf dem 
Westabhang des Hügels 
zweimal kurz hintereinander das Mündungsfeuer von Ge 
schützen aufblitzt. Dort ist also genau das Ziel. Nach Meldung 
zur Batterie werden die vier langen Kanonen gerichtet, und 
auf eine orientierende Rollsalve von Schrapnellen folgen ein 
zelne Granatschüsse. Der Beobachter erkennt den Einschlags 
punkt jeder Granate an dem aufgewirbelten Staub und gibt 
seine Meldung sofort telephonisch zur Batterie. Unten aus 
dem Geschütz ein Feuerstrahl, dann der Kanonenschlag, ein 
dumpfsausendes Pfeifen, der Staubwirbel und nach 24 Se 
kunden der Knall der beim Aufschlag platzenden Granate. 
Die ersten Treffpunkte liegen alle zu weit rechts. Nach fünf 
einzelnen Schüssen stimmt die Entfernung. Zwei Rollsalven 
müssen dann hinter dem Ziel im Wald auf dem rückseitigen Ab 
hang des Hügels eingeschlagen haben, da ihre Wirkung nicht 
zu sehen ist. Nach drei weiteren Salven sitzen die Granaten 
im Ziel, und dann beginnt eine furchtbare Kanonade, so daß 
die ganze Höhe 697 nur noch eine große graue Rauch- und 
Staubwolke ist. Diese Waldbatterie ist zugedeckt, verstummt. — 
Ein Ulanenstücklein. 
Merzn das untenstehende Bild.) 
„Nach einem beschwerlichen Erkundungsritt," erzählte' 
kurz nach Ausbruch des Krieges ein junger Offizier im 
Osten voll Stolz, „ließ ich meine Schwadron rasten, natür 
lich, nachdem die nötigen Posten ausgestellt waren. Einer 
davon, ein Rekrut, stand ziemlich weit draußen ganz allein 
in einem Garten, das Pferd, am Strauchwerk Inappernd, 
daneben. Auf einmal prescht eine russische Kosakenpatrouille 
von sechs Mann auf ihn los. Mein Junge, nicht faul, legt 
den Karabiner an und knipst in aller Ruhe den ersten, den 
zweiten, dritten und auch den vierten noch herunter. Die 
beiden übriggebliebenen merken, daß er allein ist; also los 
auf ihn! Aber der knallt noch gemütlich dem fünften den 
Gaul unterm Leib zusammen und fängt den sechsten — 
er hatte keine Patrone mehr — mit der Lanze ab. Unter 
dessen hat sich der fünfte Kosak wieder hochgekrabbelt und 
zieht vom Leder. Da sagt mein Ulan: ,Nu hab' ich keine 
Patrone mehr; da muß ich dich eben totstechen/ und eine 
Minute später ist's getan." Der tapfere Bursche wurde 
sogleich zum Unteroffizier befördert und von seinem Vorgesetz 
ten für die Verleihung des Eisernen Kreuzes vorgeschlagen. 
Ein Ulanenstücklein. Nach einer Originalzeichnung von Professor Anton Hoffman».
	        
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