Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/15 
. «Fortsetzung.) 
Unsere Kämpfe gegen die Russen nahmen auf der 
ganzen, etwa 400 Kilometer langen Front sowohl auf 
österreichisch-ungarischer wie auch auf deutscher Seite den 
glücklichsten Fortgang. 
Während Anfang April einige Tage verhältnismäßige Ruhe 
herrschte (nur aus der Gegend Augustow und Mariampol kam 
die Meldung, daß verschiedene Angriffe der Russen unter 
schweren Verlusten zurückgeschlagen wurden), gingen unsere 
Truppen bei Memel am 6. April von neuem zum Angriff 
über. Bei einem Vorstoß südöstlich der Stadt nach Andrajewo 
auf russischem Gebiet vernichtete unsere Kavallerie an dem 
genannten Tage ein russisches Bataillon, ein anderes, das zu 
Hilfe eilte, wurde zurückgeschlagen. In dem Dorfe Lompönen 
wurden mehrfach angreifende Radfahrerabteilungen jedesmal 
aus den Häusern heftig beschossen, bis schließlich auch hier die 
Vertreibung des Feindes gelang (siehe untenstehendes Bild). 
Aber den deutschen Vorstoß in Kurland schreibt uns unser 
militärischer Mitarbeiter Paul Otto Ebe folgeudes: Nach- 
deni Sonne und Wind ihr möglichstes zur Besserung der grund 
losen Straßen und Wege in Rußland getan hatten, plante 
unsere Heeresleitung einen gewaltigen Vorstoß gegen die rus 
sischen Provinzen Suwalki, Kurland und Kowno. Während 
in Suwalki ein deutscher Vorstoß auf einer Strecke von 20 Kilo 
metern die Russen beschäftigte, hatten sich hoch im Norden 
hinter der Linie Scharwindt, Tilsit, Memel mehrere Armee 
gruppen unbemerkt vom Gegner vereinigt. Der Bahnverkehr 
hatte so vorzüglich gearbeitet, daß man die Ansammlung nebst 
allen Kolonnen und Trains ganz allmählich und unauffällig 
bewerkstelligen konnte. In der letzten Woche des April be 
gannen die deutschen Kavalleriemassen zur Aufklärung und 
Verschleierung zu reiten. Die Infanterie und die Artillerie 
des Feldheeres folgten ihnen im Abstand von wenigen 
Tagemärschen mit riesigen Leistungen an Schnelligkeit. 
Der russische Befehlshaber wurde aufmerksam und dachte 
vielleicht an den Untergang der 10. russischen Armee. Ein 
geschüchtert riß er seine Truppen gegen Mitau zurück. Doch 
war es schon etwas zu spät. Der deutsche Vorstoß auf der 
150 Kilometer langen Linie hatte für ihn zu früh eingesetzt 
und die deutschen Heeresschlangen schnellten zu rasch nach 
vorwärts, als daß er sich ungeschädigt hätte nach „rückwärts 
konzentrieren" können (siehe Bild Seite 404/405). 
So wurde der Gegner zuerst in geradezu vorbildlicher 
Weise aus seinen starken Stellungen vor Tauroggen „hinaus 
manövriert", da die Kavalleriemossen sie von beiden Seiten 
zu überflügeln und die rückwärtigen Verbindungen ernstlich 
zu bedrohen verstanden, nachdem unsere südliche Kavallerie 
division die Memel auf Schiffsbrücken überschritten hatte. 
Die deutschen Frontalangriffe gegen die Nachhuten 
des zurückflutenden Feindes erfolgten ungefähr in Richtung 
der Reichsstraße Tauroggen—Szawle—Mitau (siehe Skizze 
Seite 416), dort setzten gleichzeitig auch Flankenstöße 
unserer östlichen Flügeltruppen ein, die die Memel mit 
Hilfe der Divisionsbrückentrains von neuem überbrückt 
hatten, so daß die Russen wieder nur durch schnellsten 
Rückzug der Gefahr einer Umzingelung entgehen konnten. 
Das erstemal wagten die Russen am 29. April bei Szawle 
wieder halt zu machen, nachdem sie sich also rund 100 Kilo 
meter zurückgezogen hatten. Am 1. Mai hatten sie die 
Stellung schon wieder geräumt, nicht ohne diese hübsche 
Stadt mit annähernd 25 000 Einwohnern in Brand gesteckt 
zu haben, wie das Bild Seite 403 zeigt. Die einmarschieren- 
denDeutschen suchten zu retten, was zu rettenwar. Glaubten 
sie aber durch die Bewohner der ganzen Stadt in ihrem 
Rettungswerk tatkräftig unterstützt zu werden, so irrten sie 
sich. Die Leute, deren Besitztum in Flammen stand, jammer 
ten wohl, zu helfen aber fiel keinem ein. „Gibt sich keinen 
Eimer, Herr," war ihre achselzuckende Entgegnung, bis sie 
eine handgreifliche Belehrung erhielten. Die verstanden 
küss* 
Sturm auf das von den Russen besetzte Gasthaus im Dorf Lompönen östlich von Tilsit. 
Nach eigenen Skizzen an Ort und Stelle gezeichnet von Professor K. Storch. 
Arnerikan. Copyright 1916 by Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart. 
II. Band- 
V 
61
	        
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