Phot. Atelier Schaut, Hamburg.
Blick auf das Goldene HoriiL türkischen Kriegschiffen.
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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16.
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
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taler Angriff bot wenig Aussicht auf
Erfolg und dann auch nur unter großen
Opfern. Von diesen Erwägungen aus
gehend, entschloß sich die Heeresleitung,
die französischen Gräben zu unter
minieren und sie dann in die Luft zu
sprengen. Unsere Pioniere zeigten
auch hier wieder ihre Meisterschaft und
vollbrachten diese Kraft und Ausdauer
fordernde Arbeit in etwa 3 Wochen.
Gar mancher Schweißtropfen ist in den
Minenschächten geflossen, mußte doch
jeder Spatenstich Erde mit äußerster
Sorgfalt abgestochen und zurückge
bracht werden. Nebenbei gesagt woll
ten auch die Franzosen sich das Ver
gnügen machen, uns in die Luft zu
jagen. Die Schächte waren unter die
deren Eroberung übernehmen sollte.
Klopfenden Herzens erwarteten alle
das Zeichen zum Angriff. Gegen sechs
Uhr morgens fielen ein paar Schüsse
unserer Artillerie, die aber nur den
Zweck hatten, sich genau einzuschießen.
Dann war wieder tiefer Friede, nur ab
und zu unterbrochen von den Posten,
die gewohnheitsgemäß einen Schuß
abgaben. Unsererseits wurde eisiges
Schweigen bewahrt; es war die Ruhe
vor dem Sturm.
Der Zeiger rückte immer weiter vor.
Der junge Tag rüstete sich. Da, es
mochte gegen sieben Uhr sein, erschienen
zwei rote Leuchtkugeln am Firmament.
Lautlose Stille. Plötzlich ein erdbeben
ähnliches Zittern. Vor uns eine müch-
Phot. Berl. Jllustrat.--
Zur Front marschierende türkische Truppen in Bulgurlu (Kleinasien).
Zwischen Arras und Lens, in einer der fruchtbarsten
Provinzen Frankreichs, liegt die Lorettohöhe. Eine kleine,
in gotischem Stil erbaute Kapelle krönte sie ehemals. In
Friedenszeiten das Ziel Tausender von frommen Pilgern, ist
sie jetzt der heiß umstrittene Kampfplatz zweier um ihr Da
sein ringender Völker. Da die Höhe ein sehr wichtiger
Punkt zur Bekämpfung der Festung Arras war, so entschloß
sich unsere Heeresleitung, sich in ihren Besitz zu setzen.
Doch unsere Gegner hatten, in derselben Erkenntnis der
strategischen Wichtigkeit dieser Höhe, ihre Gräben mit mäch
tigen Drahtverhauen umgeben, und eine kampferprobte
Truppe besetzte die Stellung. Auch mangelte es nicht an
Artillerie, die uns täglich ihre eisernen Portionen sandte.
Schon monatelang lagen wir uns auf wenige Meter gegen
über. Durch eifrige Sappenarbeit beiderseits hatten sich
die anfangs größeren Abstände auf 20—30 Meter ver
ringert. Auch die Franzosen benutzten die modernen Mord
werkzeuge, wie Minen, Handgranaten usw. Unangenehm
waren uns die Minen. Wer das Pech hat, von solch einem
Ding getroffen zu werden, der wird buchstäblich in Atome
zerrissen. Ein Glück nur, daß man sie fliegen sieht und daß sie
nicht alle krepieren. Ein leichtes war es jedenfalls nicht, die
Stellung zu nehmen, zumal die Franzosen einen Aufbau von
fünf hintereinander gestaffelten Gräben hatten. Ein fron
gegnerischen Grä
ben getrieben. Die
Zeit w xx gekom
men, wo die Stel
lung sturmreif war.
Uns ward die Ehre
zuteil, sie zu neh
men. Schon Wo
chen vorher hatte
sich ein jeder mit
diesem Gedanken
vertraut gemacht.
Am 1. und 2. März
lag unsere Kom
panie in Bereit
schaft in Souchez,
einer am Fuß der
Lorettohöhe gele
genen Ortschaft.
Am Vorabend des
Sturmes ging es in
Stellung, vorbeian
dem zerschossenen
Wäldchen nahe der
Phot. Berl. Jllustrat.-Ges. m. b. H.
Eine türkische Lebensmittelkolonne auf dem Marsch.
Kirche in Souchez, wo die Franzosen
Artillerie vermuteten. Vorbei an den
zerschossenen Häusern des Dorfes nach
dem nächstgelegenen Dorf Ablain. Der
Ort ist von seinen Bewohnern ver
lassen, leere Fensterhöhlen starren uns
entgegen. Jetzt ging es in den Hohl
weg, der zur Stellung führte. Immer
deutlicher hörte man das heimtückische
Zischen der feindlichen Infanterie-
geschosse, aber ohne Schaden langte die
Kompanie oben an. Diese Nacht wurde
noch fieberhaft gearbeitet, gegen Mor
gen war auch die letzte Arbeit beendigt.
Ein jeder stand mit aufgepflanztem
Seitengewehr an seinem ihm zugewie
senen Platz. Die Kompanie war in
drei Abteilungen eingeteilt. Abteilung
eins und zwei sollten vorgehen, wäh
rend die dritte Abteilung mit Material,
Sandsäcken, Schutzschilden usw. den
Ausbau der französischen Stellung nach
ben. Ein letzter Gedanke an die
Heimat — dann 'raus aus der
Deckung! Unsere Braven klet
terten mit bewunderungswür
diger Gewandtheit aus dem Gra
ben, obwohl durch das monate
lange Schützengrabenleben die
Glieder keineswegs gelenkig ge
worden waren. Im Sturmschritt
arbeitete man sich an den ersten
französischen Graben heran. Ein
lebhaftes Feuergefecht entspann
sich, das etwa lOMinuten dauerte,
dann ging es mit blanker Waffe
in den Graben. Was sich wehrte,
wurde niedergemacht. Da die
Besatzung einsah, daß jeder Wi
derstand nutzlos war, so ergab
sie sich, warf auf Aufforderung
ihre Gewehre fort und begab sich
in unsere Deckungsgräben. Da
im ersten französischen Graben
tige Rauchwolke;
Erdmassen, Fels
stücke und Men
schenleiber flogen
durch die Luft. Die
in den Minen
schächten befind
lichen Pulverla
dungen waren los
gegangen, gleich
zeitig traten auch
unsere Minenwer
fer in Tätigkeit und
übten ihr verder
benbringendes
Handwerk aus. Se
kundenlange Pau-
fe; jeder faßt seine
treue Knarre fester.
Nun eröffnete un
sere Artillerie ein
furchtbares Bom
bardement auf die
französischen Grä-
Türkischer Landsturmmann als Bahnwache.
nun alles erledigt war, mußten wir uns nach weiterer Arbeit
umsehen. Was lag näher, als der zweite feindliche Abschnitt?
Mit Hurra ging es drauf los, ohne zu zaudern. Nach kurzem,
wütendem Handgemenge ergab sich auch die Besatzung dieses
Grabens. Einige versuchten in der Flucht ihr Heil, büßten
jedoch durch wohlgezielte Schüsse ihre Unvorsichtigkeit.
Mit der Eroberung dieses Abschnitts war die uns gestellte
Aufgabe erfüllt, aber wir in unserem Siegestaumel ließen
uns nicht halten. Im Sturm wurden auch noch die beiden
nächsten Gräben genommen, ein Halten gab es nicht, und
hätte unsere Artillerie nicht den hinter der Höhe liegenden
Talgrund beschossen, wir wären noch weiter gerannt. Dieses
alles vollzog sich so blitzschnell, daß zum Beispiel die im
dritten Graben im Unterstand sitzenden französischen Offi
ziere von unserem Feldwebel beim Kaffeetrinken gestört
wurden. Erst allmählich kamen die Franzosen zum Be
wußtsein ihrer Lage. Ihre Reserven rückten vor, wurden
aber stets von unserer mit großer Genauigkeit schießenden
Artillerie zersprengt. Sie flüchteten in die am Steilhang
eingebauten Unterstände. Jedoch zu spät; auch unsere
Braven waren dort angelangt und säuberten die Unter
stünde mit Handgranaten. Nur wenige der Rothosen ent
kamen in den naheliegenden Wald, wohinein unsere Artil
lerie Hunderte von Schrapnellen sandte, die natürlich auch
2Ui Fund Bey, Kommandeur der 25,
> Infanteriedivision, hält in der Wüste eine Abschiedsrede
ich dem Kanal ziehenden Truppen.
an die