Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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Auch Frankreich hat die islamitische Welt schwer gereizt, 
indem es die mohammedanischen Nordafrikaner zum 
Kampfe gegen Deutschland herangezogen hat. Während 
den Mohammedanern die Wahrung ihrer Rechte ausdrück 
lich zugesichert worden war, als Frankreich sich im Norden 
Afrikas Besitz aneignete, werden jetzt dieselben Moham 
medaner gegen den Willen des Kalifen zum Kampfe ge 
führt gegen eine dem Kalifen und vor allen Dingen dem 
Mohammedanismus freundlich gesinnte Macht, nämlich 
Deutschland, und dabei müssen sie Seite an Seite fechten 
mit dem schlimmsten Feind, den der Mohammedanismus 
nach der Auffassung seiner Bekenner hat: England. 
Nach alledem war die Türkei gar nicht mehr in der Lage, 
ihre Neutralität noch länger zu wahren, ohne eine all 
gemeine Volkserhebung herbeizuführen. Trotzdem wirkte 
es überraschend, als die erste Kunde von der Eröffnung 
der Feindseligkeiten eintraf, denn der erste Schlag, den die 
Türkei gegen Rußland führte, zeugte von einer solchen 
Tatkraft, wie man sie nie und ninrmer erwartet hätte. 
Dies war kein Erenzgeplänkel, mit dem sonst Feindselig 
keiten eröffnet zu werden pflegen, sondern es war sofort 
eine regelrechte Seeschlacht, die sich im Schwarzen Meere 
abspielte. Aur 29. Oktober verbreitete die Petersburger 
Telegraphenagentur folgende Meldung: 
„Zwischen 9 Uhr 30 und 10 Uhr 30 vormittags beschoß 
ein türkischer Kreuzer den Bahnhof und die Stadt Feodosia 
(Hafen an der Südostküste der Insel Krim; siehe auch die 
Karte Band I Seite 342). Er beschädigte die Kathedrale, 
die griechische Kirche, die Speicher im Hgfen und die Mole. 
Ein Soldat wurde verwunbet. Die Filiale der Russischen 
Bank für auswärtigen Handel geriet in Brand. Um 
10 Uhr 30 dampfte der Kreu x nach Süd westen ab. 
In Noworossijsk (Karte Band l Seite 342) ist der türkische 
Kreuzer .Hamidie" angekommen und hat die Stadt auf 
gefordert, sich zu ergeben und das Staatseigentum aus 
zuliefern, mit der Drohung, im Falle der Ablehnung die 
Stadt zu beschießen. Der türkische Konsul und seine Be 
amten wurden verhaftet. Der Kreuzer ist wieder abge 
fahren." 
Diese erste aus russischer Quelle stammende Nachricht 
über den Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen der Türkei 
und Rußland stellt die Dinge so dar, als sei Rußland ohne 
jede Veranlassung von der Türkei überfallen worden. 
Nachstehende amtliche Erklärung der Türkei vom 30. Ok 
tober dürfte demgegenüber den Hergang in richtigerem 
Lichte zeigen: 
„Während ein kleiner Teil der ottomanischen Flotte am 
28. Oktober im Schwarzen Meere Übungen vornahm, er 
öffnete die russische Flotte, nachdem sie längere Zeit diesen 
Übungen gefolgt war und sie zu stören gesucht hatte, am 
Donnerstag die Feindseligkeiten, indem sie die ottoma 
nischen Schiffe angriff. 
Im Verlauf des sich nunmehr entspinnenden Kampfes 
gelang es unserer Flotte, den Minendampser ,Prutst der 
5000 Tonnen verdrängte und ungefähr 700 Minen trug, 
zu versenken, einem der russischen Torpedoboote schwere 
Beschädigungen beizubringen und einen Kohlendampfer 
zu kapern. 
Ein vom türkischen Torpedoboot .Hairet Milliest ab 
geschossener Torpedo hat den russischen Torpedojäger 
,Kubanezst der 1100 Tonnen verdrängte, versenkt, und 
ein anderer, vom Torpedoboot Mouavenet Millie' ab? 
geschossener Torpedo hat einem zweiten russischen Küsten? 
wachtschiff sehr schweren Schaden zugefügt. Drei russische 
Offiziere und 72 Matrosen wurden von den Unseren ge 
rettet und, da sie zur Bemannung der versenkten und zer 
störten Schiffe gehörten, gefangengenommen. 
Die Kaiserliche Flotte hat keinerlei Schaden erlitten, 
und der Kampf geht günstig für unsere Flotte weiter. 
Die Kaiserliche Regierung wird ohne Zweifel mit 
äußerstem Nachdruck gegen diese feindliche Handlung 
Einspruch erheben, die von der russischen Flotte gegen 
einen geringfügigen Teil unserer Flotte unternommen 
worden ist." 
Nun sah man bereits klar, wie sich die Dinge entwickelt 
hatten. Nicht die Türken, sondern die Russen waren die 
Angreifer, und die Türkei befand sich in der Notwehr. Die 
erste Meldung der Petersburger Telegraphenagentur war 
auch sonst in mehreren Punkten unrichtig. — Am 29. Ok 
tober versuchten einige russische Torpedoboote, die Aus 
fahrt der türkischen Flotte aus dem Bosporus in das Schwarze 
Meer zu verhindern. Die türkischen Schiffe eröffneten das 
Feuer und brachten zwei russische Fahrzeuge zum Sinken. 
Wer 30 russische Seeleute wurden von den Türken zu Ge 
fangenen gemacht. Bei diesem Gefecht hatte die türkische 
Flotte keinerlei Verluste. Am 31. Oktober unternahmen 
verschiedene türkische Torpedoboote einen Angriff gegen 
Odessa und brachten das russische Kanonenboot „Donetz" 
am Eingang des Hafens zum Sinken. Ein Teil der Be 
mannung ertrank, andere wurden getötet oder verwundet. 
Bei der Beschießung wurden drei russische und ein fran 
zösischer Dampfer beschädigt, einige Einwohner getötet und 
verwundet. Am selben Tage beschoß der türkische Kreuzer 
„Sultan Pawus Selim" erfolgreich die Stadt Sebastopol 
Pbotoglob, Zürich. 
El Kantara am Suezkanal, wo die türkischen Truppen nach einem überraschend schnellen Vormarsch zuerst den Suezkanal erreichten. 
El Kantara liegt am östlichen Ufer des Suezkanals, ungefähr im nördlichen Drittel der Kanalstrecke, 45 Kilometer südlich von Port Said. Hier trifft die alte, 
schon von Bonaparte benutzte Karawanenstraße von Syrien nach Kairo und Unterägypten auf den Kanal.
	        
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