Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Als wir sie glücklich alle aufgeladen hatten, wurde das 
Schiff versenkt, seine Mannschaft an Land gesetzt. Wir 
kauften auch reichlich Vieh, und nun hatten wir alles, was 
das Herz begehrte: Kohlen, Proviant und vor allem ein 
ersehntes Reiseziel, nämlich unser Deutschland. 
Um Kap Horn kamen wir auch ganz gut herum, trotz 
der vielen feindlichen Schiffe, die sich wieder stark hörbar 
machten, und trotz der vielen Eisberge da unten. Am 
26. Januar gab es dann wieder Arbeit, fein russischer 
Segler mit Salpeter, die „Jsabella Browne", wurde ge 
kapert; alles freute sich, zu unseres Kaisers Geburtstag etwas 
fürs Vaterland tun zu dürfen. Während wir noch dabei 
waren, das Schiff zu versenken, wurde schon wieder ein 
Segler gesichtet, der Amerikaner „William P. Frye", und 
kaum war unser Prisenkommando an dessen Bord, da mel 
dete der Ausguck aufs neue einen Segler drei Strich voraus. 
Mit Volldampf dorthin! Es war der Franzose „Jacobson", 
mit Gerste im Rumpf. Er wurde versenkt, und nach Verlauf 
von drei Stunden waren wir wieder längs unseres Ameri 
kaners. Der machte unserem Kommandanten rechte Kopf 
schmerzen. Er hatte Weizen nach England, also Konter 
bande; die 5500 Tonnen über Bord werfen, hätte zu lange 
gedauert und wäre in solcher Nähe feindlicher Schiffe auch 
für uns gefährlich gewesen. Also mußte buch er in die Tiefe. 
Kaum waren seine Mastspitzen unter 
Wasser, als der Franzose „Pierre Loti" 
in Sicht kam. „Das Geschäft blüht!" 
hörte man überall rufen, und bald 
war auch dieser Segler, mit ihm seine 
3600 Tonnen Weizen, verschwunden. 
Wir kreuzten in diesem ergiebigen 
Gebiet nun noch 14 Tage, aber es 
wollte sich kein feindliches Fahrzeug 
mehr zeigen. Darum weiter nord 
wärts den Kurs! Nach etlichen Tagen 
erwischten wir dann doch noch den 
englischen Segler „Jnvercoes" mit 
3500 Tonnen Gerste, der natürlich 
versenkt wurde. Zwischen Batua und 
Dakar kaperten wir einen englischen 
Maisdampfer mit 6400 Tonnen La 
dung; auch er verschwand in wenigen 
Stunden. Den Tag darauf, morgens 
sechs Uhr, kam wieder ein Dampfer 
in Sicht, der französische Postdampfer 
„Floride", 6600 Tonnen groß, mit 
über 120 Passagieren an Bord und 
einer Ladung aus Wein, Kartoffeln 
und Konserven. Wir nahmen von den 
lang entbehrten Kartoffeln soviel wie 
möglich an uns, auch viel Mehl und Wein, und abends bei 
Dunkelwerden wurde das Schiff versenkt. Tags darauf 
nahmen wir den englischen Dampfer „Willerby" und ver 
senkten ihn. 
Wir hatten jetzt 326 Personen von gekaperten Schiffen 
an Bord, aus ungefähr 18 verschiedenen Rationen,, und 
unsere Kohlen gingen infolge all dieser Kreuzfahrten wieder 
auf die Neige. Da befchloß unser Kommandant, einen 
amerikanischen Hafen anzulaufen, um Kohlen und Proviant 
zu fassen; auch mußten wir unbedingt ins Dock, denn die 
Geschwindigkeit unseres Schiffes war von 18 Seemeilen auf 
13 heruntergegangen. Wir trafen am 13. März in Newport 
News ein, obwohl feindliche Kriegschiffe vor dem Hafen 
lagen. Dort war natürlich das Erstaunen groß; die ameri 
kanischen Zeitungen waren voll des Lobes über unsere Taten, 
und die Engländer mögen sich schön geärgert haben ... 
Der Untergang des Panzerkreuzers 
„Leon Gambetta". 
^Hierzu die Bilder Seite 378 und 379.) 
Am 26. April trennte sich der französische Panzerkreuzer 
„Leon Gambetta" von einer Flottenabteilung, die vor der 
montenegrinischen Küste und in der Otrantostraße kreuzte» 
und nahm Kurs nach Süden, um sich vor Malta mit anderen 
französischen und englischen Kriegschiffen zu vereinigen. 
Um 1 Uhr 15 Minuten nachts wurde er auf der Höhe des 
Kaps Santa Maria di Leuca plötzlich von einem Torpedo 
getroffen, dem schon bald ein zweiter, ebenso gut sitzender 
folgte. Der erste hatte gleich die Dynamokammer zerstört, 
so daß die Beleuchtungsanlagen und die Funkenstation 
versagten, der zweite im Maschinenraum weitgehende Ver 
heerungen angerichtet. Im Dunkeln stürzten die aus dem 
Schlaf gescheuchten Mannschaften, die meisten unbekleidet, 
an Deck, wo bereits die Offiziere, unter ihnen Admiral 
Senet, alle Vorkehrungen trafen, um wenigstens möglichst 
viele von den Leuten zu retten. Denn die Hoffnung, das 
Schiff an der nahen Küste auflaufen zu lassen, erwies sich 
als aussichtslos, da es seine Beweglichkeit verloren hatte; 
es neigte sich vielmehr von Minute zu Minute mehr auf 
die Seite und mußte bald alles mit sich in die Tiefe reißen, 
was sich noch an Bord befand. So gab man Raketenzeichen 
nach der italienischen Signalstation ab und bemühte sich, 
ehe von dort Antwort erfolgte, mit größter Hast, die 
Rettungsboote klar zu machen, mit den Händen, da auch die 
Dampfkrane nicht mehr arbeiteten. In der Überstürzung 
— es soll ein großes Durcheinander an Bord entstanden 
sein — kenterten zwei vollbesetzte Boote. Endlich leuchteten 
Antwortzeichen an der Küste auf, von wo sich ohne Ver 
zug alle verfügbaren Fahrzeuge, darunter italienische Tor 
pedoboote, zur Hilfeleistrmg aus den Weg machten. Doch 
ehe sie an der Unglückstelle anlangten, war das sinkende 
Schiff schon fast überflutet. Aus den unteren Räumen 
tönte von Zeit zu Zeit dumpfes, erschütterndes Gurgeln, 
wenn das Wasser wieder eine Zwischen 
wand durchgedrückt hatte. Dann ein 
mächtiger Ruck, der den Kreuzer noch 
mehr ans die Seite zog. Die Offiziere 
mit dem Admiral klammerten sich an 
das Geländer der Kommandobrücke; 
die Mannschaften, die noch nicht ein 
gebootet waren, sprangen kurz ent 
schlossen ins Meer, um nach den Ret 
tungsbooten zu schwimmen. Ein paar 
Minuten später versank der „Loon 
Gambetta" und nahm von seiner Be 
satzung 742 Mann mit in die Tiefe; 
nur 136 waren gerettet. Es wird er 
zählt, daß sich der Admiral im letzten 
Augenblick selbst erschoß. 
Der torpedierte Kreuzer war im 
Jahre 1901 vom Stapel gelaufen, hatte 
12 600 Tonnen Wasserverdrängung, 
4 Geschütze zu 19,4 Zentimeter, 16 zu 
16,5 Zentimeter, 24 zu 4,7 Zentimeter 
und Maschinenvon30000 Pferd e stärken, 
die ihm eine Stundenschnelligkeit von 
23 Seemeilen verliehen. Er wurde in 
den Grund gebohrt von dem österrei 
chisch-ungarischen Unterseeboot U 5 un 
ter Befehl des Linienschiffsleutnants Georg Ritter v. Trapp. 
Dieser, ein Sohn des ehemaligen österreichisch-ungarischen 
Fregattenkapitäns v. Trapp, hat sich bereits, erst zwanzigjäh 
rig, im Boreraufstand bei den Takuforts sehr ausgezeichnet, 
aus welchem Anlaß er die silberne Tapferkeitsmedaille 2. Klaffe, 
ferner den russischen Stanislausorden mit den Schwertern, 
das Ritterkreuz der französischen Ehrenlegion und die bel 
gische Offiziersdekoration erhielt. Später wurde ihm wegen 
seiner Verdienste um die Ausgestaltung des Unterseeboot- 
wesens das österreichisch-ungarische Militärverdienstkreuz ver 
liehen. Für die Vernichtung des französischen Kreuzers 
wurde er jetzt von Kaiser Franz Joseph durch den Leopolds 
orden mit der Kriegsdekoration, von Kaiser Wilhelm durch 
das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet. Er ist ver 
heiratet mit einer Enkelin des berühmten Vervollkommners 
der Torpedowaffe, Robert Whitehead. Zum Schluß sei noch 
bemerkt, daß schon die Fahrt an sich, von der Operationsbasis 
bis nach dem genannten Kap rund 900 Kilometer, eine 
sehr stattliche Leistung für ein lt-Boot ist, so daß also Linien 
schiffsleutnant v. Trapp, sein zweiter Offizier, Linienschiffs 
leutnant Hugo Freiherr v. Seyffertitz, und die ganze Mann 
schaft die erhaltenen Auszeichnungen rühmlich verdient haben. 
Russische Kriegsnot in Galizien. 
(Hierzu das Bild Seite 364(365.) 
Wie in Ostpreußen, so haben die Russen namentlich auch 
in der zeitweise von ihnen besetzten Bukowina und in Ost 
galizien die größten Verheerungen angerichtet. Dabei 
handelte es sich vielfach um Fälle, die nicht durch das Hin 
Phot. F. Thier, Wien. 
Linienschiffsleutnant Georg Ritter v. Trapp, 
Kommandant des österreichisch-ungarischen Unter 
seeboots U 5, das den französischen Panzerkreuzer 
«L6on Gambetta" versenkte.
	        
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