Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Eeschicht; des Weltkrieges 1914/15. 
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Französische Spahi aus Marokko inr Gefangenenlager von 
nach dem Alerishafen. Aber wehe, die Herren der Mission, 
die an Bord kamen, brachten uns die wenig erfreuliche 
Nachricht, daß wir uns in einem englischen Hafen be 
fänden! Die Briten hatten die schöne Kolonie beseht! 
Gleichzeitig erfuhren wir, daß in einem anderen Hafen, 
der nur 14 Kilometer entfernt ist, vier feindliche Schiffe 
lagen. Es war also wieder „dicke Luft". 
Nun beschloß unser Kommandant, ein dankbareres 
Feld aufzusuchen: wir fuhren nach Südamerika. Unter 
wegs hörten wir dauernd ganz nahe feindliche 
Schiffe, doch wir funkten immer tüchtig dazwischen 
und markierten das Geschwader. Nach zweiund- 
dreißigtägiger Fahrt waren wir noch 300 Meilen 
von Valparaiso entfernt, und wir hörten auch 
wieder Kriegschiffe. Nach langem Versteckspielen 
„hatten" wir, wer es war: unser Kreuzer „Dres 
den". Er gab uns seinen Standort an, bei der 
kleinen Insel, wo seinerzeit Robinson Crusoe ge 
haust haben soll. Noch größer war unsere Über 
raschung, als wir dort unser ganzes Geschwader 
vereinigt fanden, von dem wir über zwei Monate 
nichts gehört und gesehen hatten. Wohl ebenso 
groß war das Erstaunen des Admirals, daß er uns 
noch am Leben sah. Kohlen hatte er jedoch auch 
nicht für uns, also mußten wir nach Valparaiso. 
Wir bekanren dort so viel, als wir binnen 24 Stun 
den übernehmen konnten, auch Proviant. Wenige 
Tage später war das Gefecht bei Coronel, bei dem 
zwei große englische Schiffe sanken und eines schwer 
beschädigt wurde. Wir waren leider 200 Meilen 
davon entfernt und konnten nur funkentelegraphisch 
den Verlauf der Schlacht verfolgen. Unterdessen 
wurden von den kleinen Kreuzern zwei Segelschiffe 
aufgebracht, die Kohlen hatten, zusammen 800 Ton 
nen. Das war wiederum eine Fügung von oben, 
denn die Losung auf See ist, Kohlen und immer 
wieder Kohlen. Das Geschwader verließ uns da 
nach ; wir waren wieder allein auf uns angewiesen. 
Wir nahmen den Rest der Kohlen aus den ge 
kaperten Seglern und entließen den einen (Nor 
weger); der andere, ein mächtiger Franzose mit 
Namen „Valentine", wurde von uns versenkt, 
ebenso einer unserer eigenen Kohlendampfer, die 
„Titonia", die nicht mehr laufen konnte und nur 
hinderlich war. Wir kreuzten nun 14 Tage herum, 
immer wieder das Geschwader markierend, um 
diesem selbst die Möglichkeit zu geben, ums Kap 
herumzukommen. Wir selbst hatten Befehl, uns mit 
ihm an einem bestimmten Platz wieder zu vereinigen. 
Schon waren wir auf der Höhe der Magellansiraße, 
da hörten wir dank der Aufmerksamkeit unseres 
Funkenpersonals ein Gespräch, das ein Zeitungschrei- 
II. Band. 
ber mit den Falklandsinseln führte; er 
bat nämlich um Photographien und 
nähere Mitteilungen über das Gefecht, 
in dem die deutschen Schiffe vernichtet 
worden seien. Das war eine schreckliche 
Nachricht für uns! Oder war es nur 
eine der bekannten englischen Lügen? 
Unser Kommandant nahm dies 
nicht an. Was nun tun? Kohlen bis 
nach Hause hatten wir nicht, und wo 
sollten wir welche hernehmen? Wir 
fuhren wieder nördlich, und eines 
schönen Morgens hatten wir einen 
wundernetten englischen Dampfer vor 
uns. Wir bemächtigten uns der Mann 
schaft und ihres Proviants; eine Stunde 
später lag der stolze Dampfer „Char 
tas" auf dem Meeresboden. Von jetzt 
au hatten wir Glück. Acht Tage später 
kam ein Segler in Sicht, der Franzose 
„Jean" mit Kohlen, und dazu noch 
beste Cardiffkohlen! Sie waren aller 
dings für englische Kriegschiffe vor 
gesehen, aber diesmal hieß es: „Wer 
zuerst kommt, mahlt zuerst." Nun 
aber das Übernehmen! Auf See ging 
es nicht; es blieb uns nichts anderes 
übrig, als nach den 1600 Seemeilen 
entfernten Osterinseln zu fahren, den Segler im Schlepptau. 
Schon anderen Tags lief uns der englische Segler „Kildal- 
ton" in die Finger, der eine wertvolle Ladung Stückgut an 
Bord hatte. Damit konnten wir nichts anfangen; also bloß 
Mannschaft und Proviant übernommen! Weiter nach Nor 
den! Am Heiligen Abend feierten wir schön „Weihnachten"; 
anderen Tags konnten wir endlich Kohlen fassen. Es war 
eine Lust zu sehen, mit welchem Eifer unsere Mannschaft 
sich daran machte. Bei jedem Korb wurde geschmunzelt. 
Phot. A. Grohs, Berlin. 
Wünsdorf« 
Phot. A. Grohs, Berlin 
Der größte Gefangene im Wünsdorfer Lager. 
Ein französischer Senegalneger- neben einem anderen Gefangenen von 
durchschnittlicher Größe. 
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