Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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Feuer, das diesem Angriff ein blutiges Ende bereitete. 
Hieran beteiligten sich unter anderem Zwei Panzerauto 
mobile. Um dieselbe Zeit wurde am Südflügel im west 
lichen Priesterwalde ein Jnfanterieangriff abgeschlagen, 
wobei sich Gelegenheit bot, schwarze Truppen beim 
Schanzen zu beobachten. «Fortsetzung folgt., 
Illustrierte Kriegsberichte. 
Aus dem Tagebuch eines ReiLersmanns. 
(Hierzu die farbige KunstbeUage.) 
Am 5. Oktober sollte unsere Division, wie wir einem 
der „Frankfurter Zeitung" zur Verfügung gestellten Tage 
buchbericht eines Reiteroffiziers mit deren Erlaubnis ent 
nehmen, über Watrelos—Roncq vorgehen, also um die Städte 
Roubair und Tourcoing herum. T. und ich erhielten mit 
einem Zug (26 Mann) den Auftrag, d'esen Vormarsch in der 
linken Flanke zu sichern längs einer Bahnlinie, die auf der 
Karte ganz nett aussah, aber in Wirklichkeit rfüttert in den 
genannten Städten liegt. Diese bilden, wie das Ruhrgebiet, 
eine Riesenstadt. Bis an die Stadt reite ich mit drei Mann 
voraus. 11 rothosige Reiter entweichen. Aber von jetzt 
an verfolgen uns stets Radfahrer in Zivil. Diese Burschen 
haben manchen braven Reitersmann auf dem Gewissen. 
Die Stadt wird dichter, alles ist voller Leute, aber wie wir an 
kommen, sind die Straßen leer. Hinter den Läden merkt und 
ahnt man das Volk 
gucken. Mit vier 
Mann als Spitze 
reiten wir voraus, 
T. und ich, hinter 
uns die anderen 
20 im Trab über 
das glatte Pfla 
ster; über Watre 
los kommen wir 
nach Tourcoing 
hinein. Rasch wird 
dort abgesessen und 
ein bißchen Schin 
ken und Brot ge 
kauft. Das war 
sehr leichtsinnig, 
die Straßen sind 
imNuvollerLeute. 
Es geht weiter, 
> schon sage ich zu 
T.: „Ich gratu 
liere, nu sind wir 
^raus,"da—bum! 
erhalten wir von 
englischer Kaval 
lerie Feuer, das 
sofort vonden Ein 
wohnern unter 
stützt wird. Einem Husaren ist der Mittelfinger wegge 
schossen, und die Kugel bleibt in der Koppel stecken, die 
ihm so das Leben rettet. T. erhält einen ganz leichten 
Streifschuß, den wir erst später feststellen. Was tun? 
Schießen, dann sind wir verloren. Die Einwohner sind feind 
lich. Ich nehme die Lanze des Verwundeten, und nun 
eng geschlossen durch die dichtgefüllten Straßen. War 
das ein angenehmes Gefühl, die Lanze. Ich hätte nie 
gedacht, daß mir die Waffe ein solches Sicherheitsgefühl 
geben könnte. Der Auflauf wird immer größer, jetzt 
heißt es „durch". Den Feind im Rücken, vor uns die 
Ortschaften. Rasch sage ich T., was ich vorhabe, und 
nun in Karriere durch die Anlagen zu einem anderen 
Stadtteil. Das was ich vorhatte, ging von selber. Schon 
ruft mir, der ich voraus ritt, ein Bürger zu: „Anglais?“ 
Woraus ich lebhaft bejahte. Allmählich drang es durch; 
Tücherschwenken, Zurufe. Ein Polizist und ein Soldat 
salutieren. Ein scheußliches Gefühl: wenn die gewußt 
hätten, daß wir Deutsche sind, dann säße ich wohl jetzt in 
St.-Cyr oder sonstwo und könnte mich als Gefangener aus 
ruhen. Es wurde immer mißlicher. Etwa 80 Radfahrer 
in Zivil kamen hinter uns her. Jmnier Stechtrab über 
Straßenpflaster. Die Sonne als einzigen Orientierungspunkt. 
Dem Himmel sei Dank, wir nähern uns dem Ausgang. Jetzt 
heißes, die Bande loswerden. Auf französisch: „Ich glaube, 
daß es hier gleich ein Gefecht geben wird. Seht euch vor!" 
Ostersonntag im polnischen Quartier. 
Und dabei hätte ich den Burschen am liebsten die Lanze 
durch die Brust gestoßen. Da sind wir draußen. 
Abenteuer einer Radfahrerpatrouille. 
(Hierzu das Bild Seite 341.) 
Unter eigenartigen Umstünden, die eines komischen 
Beigeschmacks nicht entbehren, nahm eine deutsche Rad 
fahrerpatrouille bei den Kümpfen in den Vogesen drei 
französische.Infanteristen gefangen. Das seltsame Ereignis, 
das unser Zeichner im Bilde festgehalten hat, spielte sich in 
folgender Weise ab: 
Es war nach der Schlacht bei Mülhausen. Die Franzosen 
zogen sich in die nahe gelegenen Vogesen zurück, und unsere 
Truppen nahmen die Verfolgung des geschlagenen Feindes 
auf. Unsere aus vier Mann bestehende Radfahrerpatrouille 
war zur Aufklärung auf der Straße voraufgesandt. Vor 
sichtig im Gelände nach dem Feinde spähend, fuhr sie 
den Weg entlang, 
ohne jedoch weit 
und breit von 
den Franzosen et 
was zu sehen. So 
ging es ein gut 
Stück vorwärts. 
Die Dämmerung 
wob in der wei 
ten Ebene ihre 
Schleier, und in 
der Ferne erhoben 
sich die blauen 
Berge der Vo 
gesen, in deren 
Schutz die fran 
zösische Armee ge 
flohen war. Plötz 
lich bemerkten un 
sere Radfahrer im 
Vorgelände ver 
dächtige Gestal 
ten. Schnell wur 
den die Räder 
beiseite gestellt, 
und vorsichtig 
pirschte sich die 
Patrouille näher 
heran. Da er- 
Phot. R. Sennecke, Berlin. 
hielt sie auch schon Feuer von einer feindlichen Patrouille, 
die sofort Deckung gesucht hatte. Aber schneller waren noch 
unsere braven Patrouillensahrer, die den Franzosen einige 
zielsichere blaue Bohnen hinübersandten. Sie mußten ge 
sessen haben, denn in kopfloser Flucht stoben einige der 
feindlichen Gestalten, von Baum zu Baum nach rückwärts 
springend, davon und waren bald aus dem Gesichtskreis 
verschwunden. Schmerzensschreie, die vom Feinde herüber 
drangen, ließen erkennen, daß er Verluste gehabt hatte. 
„Jetzt müssen wir Gefangene machen," war der erste Ge 
danke, dem die Ausführung schnell folgte. Die kurze Strecke 
bis zu der Stelle, von der das Feuer ausgegangen war, 
hatten unsere Radfahrer rasch zurückgelegt, und schon stießen 
sie auf drei verwundete Franzosen, die durch Gebärden an 
deuteten, daß sie sich ergeben wollten. Die Gewehre hatten 
sie bereits beiseite geworfen. Run wurden ihnen auch noch 
die Seitengewehre abgenommen, und dann ging der Marsch 
rückwärts zu der eigenen Kompanie. Doch nur mühsam 
ging es vorwärts, weil der eine der Gefangenen am Beine 
verwundet war und stark blutete. Unsere Radfahrer ver 
richteten daher mitleidig Samariterdienste, indem sie den 
Gefangenen die Wunden mit ihrem Verbandzeug versorgten. 
Run aber galt es, schnell zur eigenen Truppe zurückzukehren, 
denn der Abend dunkelte bereits. Den Franzosen wurde 
also befohlen, hinten auf die Räder mit aufzusitzen; der 
vierte Radfahrer bildete als Sicherheitsmann den Schluß
	        
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