Phot. Berliner Illustrations-Gesellschaft m. b. H.
König Wilhelm II. von Württemberg im Hauptquartier des deutschen Kronprinzen.
Der König schreitet mit dem Kronprinzen die Front eines rviirttembergischeu Regiments ab.
Amerika«. Copnright 1915 vy Union Deutsche Verlagsgesellschast in Stuttgart.
II. Band.
Die Geschichte des Weltkrieges 1914/13.
^Fortsetzung.)
Schon in Band I Seite 147 haben wir bei Darstellung
der europäischen Lage auseinandergesetzt, daß jede Änderung
in der Haltung der neutralen Staaten nur zu unseren
Gunsten ausfallen könne; diese Vorhersage hat sich in vollem
Umfang erfüllt. Die Türkei hat ihre
Neutralität ausgegeben und ist da
durch uns und Österreich-Ungarn ein
wertvoller Bundesgenosse geworden
— ein Ereignis, das einen be
deutenden Einfluß auf den weiteren
Verlauf des Krieges haben mußte
und worüber wir bereits Band I
Seite 344 berichteten.
Es wäre sehr kurzsichtig, den Aus
bruch des türkischen Krieges auf jene
Zufälligkeiten zurückzuführen, die das
erste kriegerische Ereignis veranlaßt
haben. Man wird nicht fehlgehen
in der Annahme, daß die Türkei
schon im August, gleich bei Ausbruch
des Weltkrieges, den Gedanken hegte,
die Gelegenheit zu ergreifen, um
für die andauernden Unterdrückungen
Vergeltung zu üben, die der Islam
im allgemeinen und die europäische
Türkei im besonderen von den En
tentemächten seit Jahrhunderten zu
erdulden hatte. Man weiß, daß
England und Rußland die moham
medanische Bevölkerung unterjochten,
wo nur immer Gelegenheit dazu
geboten war. Die Stunde der Be
freiung schien nun für den ganzen
Islam gekommen, und die Entente
mächte sorgten in ihrer Verblendung
noch dafür, den Zündstoff in der
mohammedanischen Welt zu ver
mehren.
Bald nach Kriegsbeginn wurde
der Groll der Türkei besonders wach
gerufen durch die Beschlagnahme zweier großer Krieg
schiffe, die von der Türkei bei einer englischen Werft be
stellt und bezahlt worden waren. England hat diese beiden
Kaiser Wilhelm H. im Felde.
Schiffe trotz allen Einspruchs ohne weiteres in Besitz ge
nommen. Was den Engländern recht war, mußte den
Türken billig sein. Sie verschafften sich zwei andere Krieg
schiffe, indem sie die aus Messina entkommenen beiden
deutschen Kreuzer „Eoeben" und
„Breslau" in ihre Flotte aufnahmen.
England und Frankreich waren ent
lüftet und forderten aufs entschie
denste die Herausgabe der beiden
Schiffe, deren rechtmäßigen Ankauf
sie bestritten. Zu prüfen, ob diese
Schiffe nun wirklich in aller Form
gekauft waren oder nicht, hatten am
wenigsten die Ententemächte ein
Recht, da sie selbst sich in rücksichts
loser Weise am Eigentum einer neu
tralen Macht durch Beschlagnahme
der obenerwähnten beiden türkischen
Kriegschiffe vergriffen hatten. Jeden
falls hatte die türkische Flotte durch
den Erwerb der „Eoeben" und „Bres
lau" nicht nur einen wertvollen
Schiffszuwachs erhalten, sondern auch
die dazugehörige geschulte deutsche
Besatzung. Die „Eoeben" erhielt als
türkisches Schiff den Namen „Sultan
Pawus Selim" und die „Breslau"
den Namen „Midilli".
Auf die späteren Drohungen der
verbündeten englischen und fran
zösischen Flotte, die vor den Dar
danellen kreuzte, um die genannten
beiden Schiffe abzufangen, antwor
tete die Pforte mit der Sperrung
der Dardanellen. Diese Maßnahme
bereitete sowohl den Russen wie
den Engländern viel Verlegenheit..
Jenen wurde dadurch die Waffen
zufuhr abgeschnitten, und diese brauch
ten das russische Getreide, das ihnen
bisher aus den Schwarzen-Meer-Häfen durch die Dardanellen
zugeführt wurde. Außerdem erlitten der russische Getreide-
handel und damit zugleich die russischen Finanzen durch die
KP«*