Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/13 
(Fortsetzung.z 
Die Schlacht bei Neuve Chapelle gab in England noch 
lange Zeit Veranlassung zu Erörterungen, die für die eng 
lische Regierung und General French sehr unangenehm 
waren. In der Londoner Presse wurde ausgeführt, daß 
die Engländer, wenn sie auf diese Weise „weitersiegten", 
mit dem von Kitchener geplanten, aber noch lange nicht 
erreichten 3-Millionen-Heer nicht einmal bis Ostende kom 
men könnten, da es lange vorher aufgerieben sein würde. 
Auch darüber wurde allerlei bekannt, daß die Engländer 
bei Neuve Chapelle in höchst niederträchtiger Weise gekämpft 
hatten. So schrieb ein Offizierstellvertreter: 
„Ich habe bisher den Erzählungen über englische Grau 
samkeit mißtrauisch gegenübergestanden. Heute bin ich 
aus eigener Anschauung eines Besseren belehrt. Ich muß 
gestehen: unsere deutschen Zeitungen malen schwarz, aber 
noch lange nicht schwarz genug. Ein paar Beispiele, für 
deren unbedingte Wahrheit ich einstehe, weil sie dienstlich 
von unserer Division den Truppen zur Warnung bekannt 
gegeben worden sind: 250 Engländer, mit deutschen Helmen 
und Mänteln bekleidet, winkten eine Schar deutscher Truppen 
heran, und als unsere Soldaten in genügende Nähe ge 
kommen waren, wurden sie von den Engländern wie Hunde 
niedergeknallt. Deutsche Gefangene wurden von den 
Engländern beim Vorgehen gewissermaßen als Deckung 
benutzt, so daß wir, um den Feind zu treffen und von uns 
abzuhalten, unsere Kameraden totschießen mußten. Ver 
wundete deutsche Soldaten, die zwischen uns und der 
englischen Stellung lagen, sind an den Boden gefesselt 
worden und mußten dort elend zugrunde gehen. Jeder 
Versuch, die Ärmsten fortzuholen, wurde von den Eng 
ländern durch Maschinengewehrfeuer vereitelt." 
Nach der Schlacht von Neuve Chapelle ereignete sich 
einige Zeit auf dem flandrischen Kriegschauplatz nur wenig. 
Ein englischer Flieger zeichnete sich dadurch aus, daß er 
am 1'0. März über Manin Bomben abwarf, womit er aller 
dings nur diejenigen schädigte, die er schützen sollte: 7 Belgier 
fanden den Tod, 10 weitere wurden verletzt. Am 11. März 
trafen zwei englische Linienschiffe, begleitet von einigen 
Torpedobooten, vor Westende-Bad ein und feuerten 
70 Schüsse ab, ohne irgendwelchen Schaden anzurichten. 
Ebenso wirkungslos war das Feuer zweier feindlichen 
Kanonenboote, die am 14. März vor derselben Stadt er 
schienen. Nach kurzer Ruhepause wurden die Kämpfe bei 
Ppern mit gutem Erfolge für unsere Waffen fortgesetzt. 
Schon am 12. März wurden südlich dieses Platzes ver 
einzelte englische Angriffe von unseren braven Truppen 
mühelos abgewiesen. Zwei Tage später gelangte die englische 
Höhenstellung bei St.-Eloi, südlich von Ppern, in unsere 
Hände. An der Straße Wytschaete—- Ppern nahmen 
wir am 19. März den Engländern ebenfalls bei St.-Eloi 
eine Häusergruppe fort; am nächsten Tage wurde südöstlich 
von Hpern ein englisches Flugzeug heruntergeschossen, die 
Insassen gefangengenommen. Erbitterte Kämpfe hatten 
sich Mitte März auch um Arras entsponnen. Hier lagen 
am Südhange der Lorettohöhe die deutschen befestigten 
Stellungen, auf die der Gegner seine Angriffe richtete. 
Am 16. März gelangten wir in den Besitz des ganzen 
Südabhanges dieser Höhe, und auch aus einem schwer 
zugänglichen Schlupfwinkel wurden die Franzosen am 
19. März vertrieben. Am 20. griffen sie unsere dortigen 
Stellungen aufs neue an, wieder vergeblich. Am folgenden 
Tage unternahm der Feind einen Nachtangriff gegen die 
v 
C UMl* 
Radfahrerpatrouille roi£ gefangenen Franzosen. Nach einer Originalzeichnung von C. Liebich. 
Amerika«. Copyright 1915 by Union Deutsche Verlagsgesellschafl in Stuttgart. 
II. Band. 
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